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200. Geburtstag der Philanthropin
Clara Barton - eine nationale Ikone der USA

In den USA gibt es kaum jemanden, der Clara Barton nicht kennt. Der Beitritt der Vereinigten Staaten zur Genfer Konvention und die Gründung des Amerikanischen Roten Kreuzes gehören zu ihrem Lebenswerk. Am 25. Dezember 1821 wurde die Philanthropin in Massachusetts geboren.

Von Regina Kusch | 25.12.2021
Die Krankenschwester, Lehrerin und Philanthropin Clara Barton in einer Aufnahme von 1866
Die Krankenschwester, Lehrerin und Philanthropin Clara Barton in einer Aufnahme von 1866 (picture alliance / Glasshouse Images)
„Jedermanns Geschäft ist das Geschäft von Niemandem. Und Niemands Geschäft ist mein Geschäft. Die Tür, die niemand sonst öffnen will, scheint immer weit aufzuspringen für mich.“
Ihr Leben lang engagierte sie sich für Menschen in Not. Als Gründerin des Amerikanischen Roten Kreuzes wird Clara Barton heute in den USA als Nationalheldin gefeiert. Geboren wurde sie am 25. Dezember 1821 in North Oxford im Bundesstaat Massachusetts. Als Zehnjährige pflegte die Farmerstochter zwei Jahre lang ihren Bruder gesund, der nach dem Sturz von einem Dach an einer schweren Kopfverletzung litt. Bereits mit 18 Jahren, so Rainer Schlösser, Leiter des Rotkreuz-Museums in Luckenwalde, galt sie als angesehene Lehrerin.
„Clara Barton hat eine der ersten freien Schulen in der Region gegründet, damit auch Kinder aus weniger wohlhabenden Schichten Schulunterricht haben konnten. Das hat sie mit großem Erfolg gemacht. Aber da kamen dann ihr zurückhaltendes Naturell und die damalige rechtliche Stellung der Frau zusammen, sodass sie, als die Schule zu groß wurde, zurücktreten musste.“    
Es ärgere sie, schrieb Barton einmal, "wenn man mir sagt, wie Dinge immer schon gemacht wurden. Ich wehre mich gegen die Tyrannei der Präzedenzfälle. Ich bin für alles Neue, wenn wir damit etwas besser machen als früher."

Krankenschwester an der Front des Amerikanischen Bürgerkriegs

Nachdem sie die Schulleitung an einen Mann abgetreten hatte, zog Clara Barton nach Washington und erhielt dort als erste Frau eine Stelle im Patentamt. Doch als 1861 der Amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, meldete sie sich freiwillig als Krankenschwester. In Zeitungsartikeln bat sie die Bevölkerung um Spenden und transportierte Lebensmittel, Verbandszeug und Kleidung an die Front. Dazu Rainer Schlösser:
„Sie ist so schnell bekannt geworden, dass man ihr dann die Oberverantwortung für die Lazarette überhaupt übertragen hat, als Frau, die schon im Sinne der Genfer Konvention, ohne diese Konvention zu kennen, sich um die verletzten Soldaten beider Seiten, auf der Nord- und Südstaaten-Seite gekümmert hat, dass sie auch schon im Sinne des Roten Kreuzes einen Suchdienst in den USA gegründet hat und dann auch zur Ansprechpartnerin für Angehörige von vermissten Soldaten wurde.“

Folgenreiches Treffen mit Rotkreuz-Gründer Henry Dunant

Mithilfe des von ihr gegründeten „Office of Correspondence“ konnten gut 30.000 Vermissten-Schicksale geklärt werden. 1869 reiste Clara Barton auf ärztliches Anraten zur Erholung in die Schweiz. Doch schnell fand sie sich in Europa mit dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges 1870 erneut in Lazaretten wieder. Und wieder kümmerte sie sich um Versehrte beider Lager. Sie lernte den Gründer des roten Kreuzes Henry Dunant kennen und hörte zum ersten Mal von der Genfer Konvention, die 1864 zum Schutz von verletzten Soldaten verabschiedet worden war:
„Ich zählte 22 Nationen - kein einziges zivilisiertes Volk auf der Welt außer unserem fehlte. Ich sah Griechenland, Spanien und die Türkei, und es beschlich mich der furchtbare Gedanke, dass wir in den Augen der restlichen Welt wie Barbaren wirken könnten. Diese Überlegung war für den Nationalstolz nicht gerade förderlich. Ich schämte mich mehr und mehr.“

Der Beitritt der USA zur Genfer Konvention und die Gründung eines Amerikanischen Roten Kreuzes sah Clara Barton von nun an als ihre wichtigste Aufgabe. Die Arbeit der Hilfsorganisation sollte allerdings über Einsätze in Kriegsgebieten hinausgehen, so Rainer Schlösser:
„Für Clara Barton war dieser Gedanke, dass das Rote Kreuz sich auch in zivilen Katastrophen einsetzen könnte, von vornherein präsent. Denn gerade in den USA kam es häufig zu Hochwasserkatastrophen, zu Bergwerkunglücken und ähnlichem, in denen dann auch später, als es das dann gab, das Rote Kreuz eingesetzt wurde.“

Clara Bartons Haus - ein Pilgerort

1881 wurde das Amerikanische Rote Kreuz gegründet und Clara Barton zur Präsidentin der Hilfsorganisation ernannt. Neben ihrer Verwaltungsarbeit und der internationalen Repräsentation war die Philanthropin auch immer wieder persönlich in Krisengebieten vor Ort, um Katastrophenopfer zu unterstützen. Noch als 79-Jährige half sie bei den Aufräumarbeiten nach einer Überschwemmung in Texas. Clara Barton starb 1912 mit zahlreichen Orden ausgezeichnet im Alter von 91 Jahren. Sie hinterließ etwa 40.000 Briefe und 35 Tagebücher. Ihr Haus in Glen Echo bei Washington wurde zur nationalen Gedenkstätte erklärt.