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200. Geburtstag von Werner von Siemens
Tüftler und Weltkonzern-Gründer

Von der Garage zum Weltkonzern – das gilt nicht nur für manche amerikanischen Tüftler. Auch deutsche Erfinder haben klein angefangen, zum Beispiel Werner von Siemens. 1847 hatte er eine Telegrafen-Werkstatt in einem Berliner Hinterhof gegründet – die Keimzelle der heutigen Siemens AG.

Von Frank Grotelüschen |
    Porträt des deutschen Elektrotechnikers und Unternehmers Ernst Werner von Siemens (1816-1892). | Verwendung weltweit
    Werner von Siemens stieß auf den elektrodynamischen Effekt - die Grundlage für Generatoren und Elektromotoren. (picture alliance / dpa / Bifab)
    "Das ist der Prototyp, den wir haben. An diesem Rad hier, sag ich mal, da gehört eigentlich ein Riemen drauf."
    Das Deutsche Museum in München. Kurator Frank Dittmann zeigt auf ein Exponat aus dem 19. Jahrhundert: zwei grob gewickelte Metallspulen, an der Seite jenes Rad, über das ein Riemen gespannt wird – ein Riemen, der den Apparat in Schwung versetzt.
    "Das ist also eine Maschine, die Strom erzeugt, wenn man dran dreht – ganz einfach, wie der Dynamo beim Fahrrad."
    Die simple Konstruktion ist der Urahn aller Stromgeneratoren und Elektromotoren. Maßgeblich mitentwickelt hat sie Werner von Siemens – der Gründer jenes Unternehmens, das heute zu den größten Elektrokonzernen der Welt zählt. Geboren wurde Siemens am
    13. Dezember 1816 als viertes Kind eines Gutspächters. Zwar zeigte er früh ein Talent für Mathematik und Technik. Doch studieren konnte der Junge nicht, dazu fehlt der Familie das Geld.
    "Er musste den Umweg übers Militär gehen. Er hat also eine Offiziersschule besucht, hat dort sehr viel naturwissenschaftliche und technische Ausbildung gehabt – und hat dann eigentlich die Ausbildung damit bekommen, die er haben wollte."
    Talent für Mathematik und Technik
    Siemens wurde Ingenieuroffizier – und profitierte von einem Ungemach: Weil er verbotenerweise bei einem Duell als Sekundant agiert hatte, wurde er zu mehrjähriger Festungshaft verdonnert. Plötzlich hatte er viel Zeit, um seinen Tüfteleien zu frönen.
    "Und da konnte er seine Zelle sozusagen zu einem kleinen Laboratorium umbauen. Und dort hat er seine ersten Erfindungen gemacht."
    Siemens erfand ein Verfahren, mit dem sich Metalle versilbern und vergolden lassen – ein erster Erfolg. Später entwickelte er ein Fernmeldegerät zur Serienreife, den Zeigertelegrafen.
    "Das muss man sich vorstellen wie eine Uhr. Da sind Buchstaben drauf. Dann drückt man zum Beispiel das S. Dann wird der Zeiger dahin gehen – und auf der Gegenseite wird der Zeiger auch auf das S gehen."
    Der Vorteil des Zeigertelegrafen: Man muss kein Morsealphabet beherrschen. Beflügelt von dieser Erfindung fasste Werner von Siemens einen Entschluss – und schrieb Ende 1846 an seinen Bruder William:
    "Ich bin jetzt ziemlich entschlossen, mir eine feste Laufbahn durch die Telegrafie zu bilden".
    Grundlage für Generatoren und Elektromotoren
    Im Oktober 1847 gründete er gemeinsam mit dem Feinmechaniker Johann Georg Halske eine Werkstatt in einem Berliner Hinterhof. Die Firma Siemens und Halske hatte zehn Mitarbeiter, verfügte über ein Startkapital von 6842 Talern, heute rund 200.000 Euro, und widmete sich dem Bau von Telegrafen. Ein Jahr später folgte der erste große Auftrag: die Telegrafenlinie zwischen der preußischen Residenzstadt Berlin und Frankfurt am Main.
    "Da ging’s drum, dass dort das erste frei gewählte Parlament ja tagte. Aber Berlin wollte natürlich wissen, was denn da nun besprochen wird. Deswegen wollten die unbedingt diese Linie haben."
    Bald war die Firma international tätig, baute Telegrafenlinien in Europa und später sogar in Asien. Werner von Siemens zeigte dabei einiges Geschick im Umgang mit Behörden und Regierungen. Dann, 1866, gelang ihm jene Entdeckung, die die Zukunft seiner Firma prägen sollte: Siemens stieß auf den elektrodynamischen Effekt, also die Grundlage für Generatoren und Elektromotoren.
    "Die erste elektrische Straßenbahn kommt von Siemens, auch die erste elektrische U-Bahn in Budapest zum Beispiel wurde von Siemens geliefert."
    Macht und Ansehen in der Welt
    Das Unternehmen wuchs, Werner von Siemens wurde immer mehr zum Manager – und zu einem Konzernlenker, der durchaus um das Wohl seiner Mitarbeiter besorgt schien.
    "Ja, er war eher liberal. Er hat zum Beispiel eine Krankenkasse und auch Rentenkasse für seine Mitarbeiter eingerichtet. Er war sozial eingestellt."
    Doch ganz ohne Eigennutz waren all diese sozialen Errungenschaften nicht, notierte Siemens im Jahr 1875.
    "Es ist nicht allein Humanität, sondern wesentlich gesunder Egoismus, welcher uns zur Bildung der Pensionskasse bewogen hat."
    Denn nur ein Unternehmen mit motivierten Mitarbeitern könne wachsen – so das Kalkül. Offenbar eine erfolgreiche Strategie, denn als Werner von Siemens im Dezember 1892 starb, hinterließ er eine prosperierende Firma.
    "So hatte das Unternehmen bereits 6.500 Mitarbeiter, einen jährlichen Umsatz von 20 Millionen Mark – das ist schon sehr viel für die damalige Zeit."
    Heute arbeiten bei Siemens weltweit fast 350.000 Menschen, bei einem Jahresumsatz von 75 Milliarden Euro. Der Traum, den Werner von Siemens 1887 in einem Brief an seinen Bruder Carl beschrieben hatte, ist in Erfüllung gegangen.
    "So habe ich für die Gründung eines Weltgeschäfts à la Fugger von Jugend an geschwärmt, welches nicht nur mir, sondern auch meinen Nachkommen Macht und Ansehen in der Welt gäbe."