Das Maiwetter in Oldenburg ist auch dieses Jahr wieder wenig gastlich. Es regnet und windet kräftig, und die Eisheiligen halten gern Hof, auch im Oldenburger Schlossgarten. Einzig die Singvögel im Park scheinen sich um die rauen Temperaturen nicht zu kümmern. Der Garten, den der Oldenburger Herzog Peter Friedrich Ludwig nach dem Abzug der Napoleonischen Soldaten - nicht im französischen, sondern im englischen Stil - anlegen ließ, ist mit seinen 18 Hektar zwar nicht groß, aber oho. Anmutig schmiegt er sich - südlich des Stadtschlosses - an den malerisch gekrümmten Lauf der Hunte, eines Flüsschens, an dessen Furt die Ansiedlung Aldenburg im Mittelalter entstand.
Der Fürst hatte sich als junger Mann schon auf diversen Fahrten nach Großbritannien eingehend über die Gartenreiche englischer Landadliger informiert. Nicht mehr die ornamentale Pracht barocker Gärten wollte man im 18. und frühen 19. Jahrhundert imitieren, sondern scheinbar unberührte Natur; in die arkadischen Kulissen wurde Staffage-Architektur gestreut, Tempelchen und Lusthäuser nach dem Vorbild der Villen im Veneto. Einzig das ernste, backsteinerne Elisabeth-Anna-Palais am Rande des Oldenburger Schlossgartens und die Reste einer Sitzgrotte erinnern heute noch an die Konzeption des Hofgärtners Julius Bosse, der den Garten anlegte.
Ausstellung im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Die Ausstellung, die einen Steinwurf entfernt, im Schloss, zum Thema zu sehen ist, versammelt Muster- und Gartenbilderbücher, biedermeierliche Scherenschnitte, Ansichten und Grundrisse von Landschaftsgärten aus einer Zeit, in der man noch der Ansicht war, dass "ein rechtes Verständnis der Natur bedingt sei durch einen höheren Grad von Bildung des Geistes und des Gemüthes", wie Julius Bosse es formulierte. Dazu gehörte natürlich, dass Schlossherr sowie Gärtner das ihre taten, zum Beispiel schöne Blickachsen schufen oder für den Import seltener, möglichst exotischer Blumen, Büsche und Bäume sorgten.
Baumhäuser zum Jubiläum
Auch diese finden sich bis heute im Park, leider ab und zu verunstaltet durch neusachlich-nüchterne "Baumhäuser" des Architekten Andreas Wenning. Der meint zwar, Baumhäuser würden "ein Gefühl der Erhabenheit - im räumlichen und übertragenen Sinn" vermitteln, doch die von ihm in die Bäume gehängten Fremdkörper erinnern an gelackte Gondeln von Fahrgeschäften oder Skiliften und stören eher den Genuss des Schlossparks. Ganz anders als jene gartenarchitektonischen Überbleibsel aus dem 19. Jahrhundert, wie bemooste Brücken, geschwungene Ruhebänke oder bröckelnde Standbilder.
"Populäre Grill- und Rummelplatz-Stimmung"
Die Schau zeigt auch, wie der Nutzerwechsel seit Aufkommen des modernen Volks- und Bürgerparks den Umgang mit den öffentlichen Gärten verändert hat. Die besitzergreifende Geste, frei nach Goethes Osterspaziergang-Reim "Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein", lässt mitten in den Kulissen der alten Parks eine neue, populäre Grill- und Rummelplatz-Stimmung aufkommen. Seit den 60er Jahren bevölkern Plastik-Tretboote auch die historische Auenlandschaft an der Hunte, Jazzkonzerte übertönen gern das Zwitschern der Vögel. Anfangs hatten zwar kommunale Parkwächter noch aufgepasst, dass Vater & Sohn nicht über den Rasen latschten, und die Besucher öffentlicher Gärten "anständig angezogen" seien waren.
Inzwischen verursachen demokratische Parkbenutzer Lärm und Bratengeruch und hinterlassen Wohlstandsmüll und Einwegverpackungen, woran auch hässliche Abfall-Körbe wenig ändern können. Immerhin werden in diesen Sommermonaten die Besucher im herausgeputzten Oldenburger Schlossgarten von speziellem Personal empfangen: Eine freundliche Concierge weist in Nutzungsbedingungen und Sehenswürdigkeiten ein. Trotz alldem ist der Schlosspark in der "Gartenstadt Oldenburg" einer der schönsten in der nordwestlichen Wetterecke der Republik. Und in der Ausstellung zwitschern die Vögel auch bei jedem Wetter - aus verborgenen Lautsprechern.