Revolutionär, Bonapartist, Royalist: Wie schafft ein Politiker so viele Wendemanöver in einem Vierteljahrhundert? Honoré de Balzac, Autor der weltberühmten "Menschlichen Komödie", hält Joseph Fouché für ein Genie. Stefan Zweig zählt ihn – so wörtlich - zur "allergefährlichsten geistigen Rasse unserer Lebenswelt": den Diplomaten:
"Je verwegener in seinen Verwandlungen, um so interessanter trat mir der Charakter oder vielmehr Nichtcharakter dieses vollkommensten Machiavellisten der Neuzeit entgegen."
So Stefan Zweig in seiner 1929 erschienenen Fouché-Biografie:
"Immer anreizender wurde mir sein ganz in Hintergründe und Heimlichkeit gehülltes politisches Leben, immer eigenartiger, ja dämonischer seine Figur."
"Je verwegener in seinen Verwandlungen, um so interessanter trat mir der Charakter oder vielmehr Nichtcharakter dieses vollkommensten Machiavellisten der Neuzeit entgegen."
So Stefan Zweig in seiner 1929 erschienenen Fouché-Biografie:
"Immer anreizender wurde mir sein ganz in Hintergründe und Heimlichkeit gehülltes politisches Leben, immer eigenartiger, ja dämonischer seine Figur."
Beinahe-Schwager Robespierres
Joseph Fouché, geboren 1759, stammt aus wohlhabendem Haus. Sein Vater, Handelskapitän in Nantes, lässt ihn bei den Oratorianern ausbilden. Als junger Physiklehrer verliebt er sich 1788 in Charlotte de Robespierre. Zur Hochzeit kommt es nicht. Aber ihr Bruder Maximilian de Robespierre zieht ihn hinein in die Französische Revolution. In seinen Memoiren schreibt Fouché:
"Um jene Zeit wurden wir, die wir unbekannte Männer des Dritten Standes und der Provinz waren, durch den Freiheitstraum und die berauschende Idee der Neugeburt des Staates verführt und mit fortgerissen."
Der "Schlächter von Lyon"
1791 wird Fouché in den Pariser Konvent gewählt, an der Seite der radikalen Jakobiner. Ein Redetalent ist er nicht. Lieber zieht er im Hintergrund die Fäden. Respekt verschafft er sich durch ein von ihm befohlenes Massaker an Revolutionsgegnern in Lyon. Trotzdem kommt es zum Kampf mit seinem alten Freund, dem Schreckensherrscher Robespierre.
"Das ist an sich eine taktische Meisterleistung." So im Südwestrundfunk, Hans-Ulrich Thamer, Professor für neuere Geschichte an der Universität Münster.
"Das ist an sich eine taktische Meisterleistung." So im Südwestrundfunk, Hans-Ulrich Thamer, Professor für neuere Geschichte an der Universität Münster.
"Er ist der 'Schlächter von Lyon', und er hat mitbekommen, dass sich in der Hauptstadt der Wind gedreht hat. Und da bleibt ihm eigentlich nur noch die Chance, die Fronde derer zusammenzubekommen, die in irgendeiner Weise fürchten müssen, dass sie die nächsten Opfer von Robespierre sind."
Nicht einmal Napoleon kommt an Fouché vorbei
Fouché, der gewiefte Taktiker, bringt Robespierre unter die Guillotine. Sein Insiderwissen macht ihn für die künftigen Machthaber unentbehrlich. Als Polizeiminister baut er ein Netz von Spitzeln auf und legt über die wichtigsten Politiker private Dossiers an, um sie jeder Zeit kompromittieren zu können. Selbst Napoleon Bonaparte kommt nach seiner Machtübernahme an Fouché nicht vorbei, so Hans-Ulrich Thamer:
"Aus seinem unendlichen Misstrauen heraus sammelt er sofort Informationen, auch über die gesamte Entourage Napoleons. Er weiß über jeden Bescheid."
Bis zu dem Tag, als er es wagt, Napoleon zu kritisieren. Prompt wird er entlassen, sein Ministerium aufgelöst. Um zurückkehren zu können, pokert Fouché hoch.
Bis zu dem Tag, als er es wagt, Napoleon zu kritisieren. Prompt wird er entlassen, sein Ministerium aufgelöst. Um zurückkehren zu können, pokert Fouché hoch.
"Ich hatte Bonaparte den Rat gegeben, sich zum Kaiser ausrufen zu lassen, um ein für alle Mal unserer unsicheren Lage ein Ende zu machen. Bonaparte war damals der einzige Mann, der in der Lage war, uns unser Vermögen und unsere Stellungen zu erhalten."
Politisch schachmatt nach Österreich verbannt
Nach der Krönung Napoleons kehrt Fouché zurück und knebelt die Opposition. Als Lohn erhält er das italienische Herzogtum von Otranto. Seinen Rat, den kriegsmüden Franzosen nicht auch noch den Russlandfeldzug aufzubürden, erhört Napoleon aber nicht. Nach seiner Niederlage bei Waterloo kommen die Bourbonen zurück an die Macht.
Zunächst stützen sie sich auf Fouché. Doch die Erinnerung an die Revolution wird ihm zum Verhängnis. Dazu Hans-Ulrich Thamer:
"Er wird kaltgestellt – und zwar auf Druck der Herzogin von Angoulême. Das ist die jüngere Schwester von Ludwig XVIII., die ganz kleine Tochter von Marie-Antoinette. Sie sieht in ihm vor allem den Königsmörder."
[Anm. d. Red.: Hier irrt der O-Ton Geber. Die Herzogin von Angoulême ist die ältere Schwester von Ludwig XVII. beziehungsweise die Nichte Ludwigs des XVIII.]
Ein Verbannungsdekret zwingt Fouché nach Österreich zu emigrieren. Politisch schachmatt verfasst er seine Memoiren. Das Fazit seines Biografen Stefan Zweig:
"Er wird kaltgestellt – und zwar auf Druck der Herzogin von Angoulême. Das ist die jüngere Schwester von Ludwig XVIII., die ganz kleine Tochter von Marie-Antoinette. Sie sieht in ihm vor allem den Königsmörder."
[Anm. d. Red.: Hier irrt der O-Ton Geber. Die Herzogin von Angoulême ist die ältere Schwester von Ludwig XVII. beziehungsweise die Nichte Ludwigs des XVIII.]
Ein Verbannungsdekret zwingt Fouché nach Österreich zu emigrieren. Politisch schachmatt verfasst er seine Memoiren. Das Fazit seines Biografen Stefan Zweig:
"In der Machtsphäre der Politik entscheiden selten die überlegenen Gestalten, sondern eine geschicktere Gattung: die Hintergrundgestalten."
Bevor Joseph Fouché am 26. Dezember 1820 im Alter von 61 Jahren stirbt, verbrennt er große Teile seines Archivs. Seinen Kindern hinterlässt er ein millionenschweres Erbe.