Am nordwestlichen Ufer, wo die Gemeinde Schlabendorf eine Marina für Segelboote gebaut hatte, liegt heute das Forschungs- und Sanierungsschiff ´Barbara´ vor Anker.
Über einen langen Schlauch wird es mit Brandkalk beladen, der aus dem Kalkwerk Rüdersdorf bei Berlin kommt.
Täglich sticht die "Barbara" in See, um die rostbraune Brühe auf dem Schlabendorfer See mit Kalk zu bekämpfen.
Am Bug im Wind steht Marita Dittrich, Geschäftsführerin der Brain Brandenburg Innovations GmbH. Das Technologieunternehmen aus Cottbus hat das 19 Meter lange und fünf Meter breite Sanierungsschiff extra für die Seebekalkung entwickelt. Es ist ein satellitengesteuerter Katamaran mit einem Silo oben drauf.
"Wir haben angefangen mit ganz braunem Wasser. Wenn man hier so lang gefahren ist, hat das ausgesehen, als ob man in einer Colabrühe fährt. Und über den Sommer hat sich das dann von grün Richtung blau dann verändert. Wie Sie jetzt selber sehen, es sieht eigentlich top aus. Man kann relativ tief nach unten blicken."
Der Schlabendorfer See ist einer von 50 Bergbaufolgeseen in Ostdeutschland. Bis 1990 wurde hier in 24 Meter Tiefe Braunkohle abgebaut. Fünf Orte verschwanden. Dann kam die politische Wende. Mit einem Mal wurden 31 große Tagebaue in der Lausitz und in Mitteldeutschland stillgelegt. Das hatte es weltweit noch nicht gegeben! Seitdem füllt sich auch Tagebau-Loch Schlabendorf-Süd mit Wasser. Und mit dem Wasser strömen seit 2011 auch große Mengen Eisen und Sulfat aus dem Untergrund in den See.
"Wir hatten hier eine sehr rote Qualität. Man konnte von einem roten Meer bei Schlabendorf sprechen."
Mit diesem saurem lebensfeindlichen Wasser sind viele Lausitzer Bergbauseen belastet - erzählt Uwe Steinhuber von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbauverwaltungsgesellschaft LMBV, der mit an Bord ist.
Ein Problem, das von Anbeginn die Bergbausanierung hier überschattete.
"Das haben wir an keiner anderen Stelle mit dieser starken Belastung. Wir haben noch zehn weitere leicht saure Gewässer, die wir aber mit den Inlakebehandlungen in den nächsten Jahren schrittweise aufwerten werden."
Inlakebehandlung ist ein neues Verfahren, das seit 2013 auch in Schlabendorf zum Einsatz kommt. Der Brandkalk wird direkt ins Wasser eingespült. Er soll den sauren ph-Wert anheben.
Per GPS steuert das Schiff jetzt die gewünschte Position an.
Über eine patentierte Einspülungsanlage unter dem Schiff gelangt der Kalk in den See. Hinter dem Schiffsheck breitet sich lange graue Fahne aus.
"Wir haben hier 22.000 Tonnen Kalk in den vergangenen 18 Monaten eingebracht. Wir werden auch weiter diesen See behandeln müssen, weil der Seekörper sehr inhomogen ist."
Insgesamt zehn Millionen Euro Steuergelder hat die Wasserbehandlung des Schlabendorfer Sees bereits verschlungen. Eigentlich wollte der Bergbausanierer LMBV bis 2012 alle Tagebaugebiete saniert und verkauft haben. Doch davon ist man weit entfernt.
Auch die momentan gute Wasserqualität des Schlabendorfer Sees wird nicht von Dauer sein. Jährlich strömen sieben Millionen Kubikmeter eisen- und sulfathaltiges Grundwasser in den See nach.
"Das ist eine Herausforderung für die Bergbausanierung als solches. Wir sind ja dabei, unsere Verfahren zur Gewässerbehandlung weiter zu entwickeln. Unsere Zielsetzung ist, in den kommenden zwei Jahren ein noch größeres Sanierungsschiff zu entwickeln, eine Schubeinheit mit zwei Zubringerleichtern, die dann einen noch effektiveren Einsatz dieser Neutralisationsmittel ermöglicht."
"Bergbausanierung ist ein Pioniervorhaben"
Seit 20 Jahren begleitet Uwe Steinhuber die Sanierungsarbeiten der LMBV. Trotz vieler Rückschläge gerade bei der Wasserbehandlung hat er seinen Optimismus nicht verloren.
"Man muss feststellen, die Bergbausanierung ist ein Pioniervorhaben. Es gibt kein Lehrbuch dafür. Wir müssen immer wieder einen Schritt zurück machen, um sichere und nachnutzbare Landschaften zu schaffen."
Über einhundert Verfahren zur Wasserbehandlung wurden in der Vergangenheit beim Bergbausanierer LMBV eingereicht. Wissenschaftler aus ganz Deutschland versuchten sich an einer Lösung für die Lausitz.
Ganze siebzehn Verfahren wurden im Gelände getestet. Darunter ein biologisches, das beispielsweise mit Stroh und Karbokalk, einem Abfallprodukt der Zuckerindustrie, das Seewasser zu neutralisieren versuchte. Doch das Verfahren war nicht nachhaltig genug. Ebenso wenig der Versuch, Kraftwerksasche einzuspülen. Dann experimentierten Forscher im Untergrund. Eine Speerspitze mit flüssiger Kraftwerksasche wurde in den Boden gerammt, um das saure Wasserschon im Anstrom zu neutralisieren. Auch das brachte nicht den Durchbruch.
Um die Bekalkung des Schlabendorfer Sees irgendwann einmal zu beenden, experimentieren die Forscher jetzt mit Kohlendioxid. Das wird als technisches Gas am Seegrund eingebracht. Es soll die Kalkpartikel effektiver mit dem Wasser reagieren lassen - erzählt Uwe Steinhuber.
"Klar werden wir die nächsten Jahre mit diesen Fragen noch zu tun haben. Es gibt aber Prognoseberechnungen, dass die Nachsorge sich nach 10/15 Jahren abschwächen wird, dass wir dann homogene Wasserkörper haben werden, die relativ stabil sind."
Die Spree am Rande des Lausitzer Dorfes Spreewitz. Der Fluss mit seinen sumpfigen Wiesen hatte der Lausitz einst ihren Namen gegeben. Luzyca heißt auf Sorbisch "feuchte Wiese".
Veränderungen durch die Braunkohle
Feuchtes Sumpfland war auch die vorherrschende Landschaft vor der Kohle.
Doch das ist mehr als 150 Jahre her - erzählt Winfried Böhmer, Naturschützer in der Region. Der Braunkohlenabbau hat alles verändert.
Besorgniserregend ist, dass das eisen- und sulfathaltige Grundwasser vor drei Jahren auch die Spree erreicht hat. Besonders hier in der Spreewitzer Rinne ist die Belastung besonders hoch.
"Das hat in dieser Dimension keiner erwartet. Die Wissenschaftler und Experten wussten natürlich, dass in der Lausitz sehr viel Schwefelkies in der Erde liegt und dass das Eisen hier natürlich da ist. Aber dass es jetzt in so großen Mengen austritt, dass das so ein Belastungsproblem ist, das über Jahrzehnte anhält, das ist einfach irre."
Während des DDR-Braunkohlenbergbaus wurde in der Lausitz auf einer Fläche - so groß wie das Saarland - das Grundwasser abgesenkt. Nur so konnte die Braunkohle im Tagebau trocken gefördert werden. Dabei geriet im Untergrund eine besondere Erdschicht, sogenannter Schwefelkies oder Pyrit, in Kontakt mit Sauerstoff. Es entstand Eisensulfat. Nach Beendigung des Bergbaus stieg das Grundwasser wieder, und schwemmt nun seit einigen Jahren in großen Mengen Eisen und Sulfat aus.
"Und dieser Prozess wird viele, viele Jahrzehnte, zwischen 50 und 100 Jahre andauern, bis das wieder weg ist."
Fast ohnmächtig schaut Winfried Böhmer zu, wie die Spree in Teilen als Bade- und Angelgewässer langsam verloren geht. Neben dem rostroten Wasser hat sich auf die Pflanzen im Fluss dicker gelber Schlamm gelegt. Er erstickt jedes Leben.
"Also zunächst mal da, wo es unmittelbar austritt, ist das Eisen zweiwertig. Da ist es nicht zu sehen. Und erst im Laufe des Abfließens oxydiert es mit dem Sauerstoff im Wasser zu Eisenhydroxid. Das bildet dann feine braune Flocken, was eben diesen Schlamm bildet."
Den Bergbausanierer LMBV hat das Problem ziemlich überrollt - gesteht Volkmar Zarach, der für die Fließgewässer der Lausitz zuständig ist.
"Mit dem Einstellen der Tagebaue war klar, dass das Grundwasser ansteigt, aber dass es so schnell ansteigt und dass die Eiseneinträge so stark sind, das war so nicht zu erwarten."
Unweit der Spree hat sich auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz, direkt an der Landesgrenze zwischen Sachsen und Brandenburg, die Lokalpresse eingefunden. Wissenschaftler des Forschungsinstituts für Bergbaufolgelandschaften in Finsterwalde weihen zusammen mit dem Bergbausanierer LMBV eine Pilotanlage ein. Sie soll ein wichtiger Baustein werden, um die Spree wieder sauber zu bekommen.
Viel ist von der Anlage oberirdisch nicht zu sehen. Ein grau-weißer Baucontainer. Drei Brunnenfassungen. Oliver Totsche, Wasserwirtschaftsexperte der LMBV öffnet einen Brunnendeckel.
In zehn bis zwanzig Meter Tiefe befindet sich hier ein Grundwasserleiter, der jährlich Eisen und Sulfat in großen Mengen in die Spree spült. Diese Stoffe sollen jetzt bereits im Untergrund, im Grundwasseranstrom unschädlich gemacht werden, bevor sie in die Spree gelangen. Mithilfe von Glycerin und eisenfressenden Bakterien. So zumindest die Idee.
"An diesem Brunnen wird Wasser gehoben. Dann wird dem Wasser in dem Container das Glycerin beigemischt und kurz dahinter ist eine hundert Meter lange Reihe, in der dreißig sogenannte Infiltrationslanzen sind, d.h. das sind Rohre, die in den Boden gehen und dort wird dann dieses Wasser reingedrückt. Das Wasser mit dem Glyceringemisch ist dann in dem Untergrund und fließt weiter. Und im folgenden fangen dann die Bakterien an zu arbeiten und legen das fest."
Eisenfressende Bakterien als Lösung?
Im Innern des Containers überwacht Christian Hildmann vom Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften Finsterwalde die Anlage. Bisher läuft alles nach Plan. Als Projektleiter hat er das Know-How mitentwickelt, eisenfressende Bakterien für die Gewässerrettung zu nutzen.
"Die Bakterien kommen im Untergrund vor. Die sind sehr weit verbreitet. Allerdings ist es so, dass die Menge und Dichte der Bakterien relativ gering ist. Das ändern wir, indem wir ganz gezielt den Bakterien hier mit Nährstoffen und dem Glycerin als Futtermittel unter die Arme greifen, damit sie sich rasch und gut vermehren können."
Auf einer Länge von zunächst 100 Metern sollen die Mikroben ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen, erklärt Oliver Totsche von der LMBV.
"Und zwar nehmen die Bakterien dem Sulfat den Sauerstoff weg. Dadurch wird das Sulfat umgewandelt in Sulfid. Das Sulfid bindet dann das Eisen und wird dann zum Feststoff. D.h. das Eisen, was im Grundwasser gelöst ist und dort ankommt, wird dann festgehalten und um die Sandkörner, die im Untergrund sind, festgelegt."
Über eine Reihe von Grundwassermessstellen wollen die Forscher langfristig beobachten, ob die Rechnung aufgeht. Erste Daten hat Christian Hildmann in seinem Container schon vorliegen:
"Das Verfahren hat durchaus das Potenzial, eine sehr große Menge an Eisen und Sulfat zu binden. Wir können von 500mg pro Liter, die hier im Untergrund sind, das ganze abreichern bis etwa 30 mg pro Liter."
Für den Bergbausanierer LMBV ein Hoffnungsschimmer.
"Esist halt eine Technik, die zukünftig sehr vielversprechend ist. Sie kann an Stellen eingesetzt werden, wo sehr hohe Belastungen sind, wo schlechte Zugänglichkeiten sind. Das ist der Vorteil dieser Technik."
Doch Naturschützer Winfried Böhmer vom Aktionsbündnis "Klare Spree" bleibt skeptisch.
"Es ist ja schon Vieles versucht worden. Das ist eine Pilotanlage, die läuft jetzt fünf Jahre, bringt uns bestenfalls drei Prozent Minderung. Die Jahre vergehen und die Spree wird immer und immer mit riesigen Mengen von Eisen belastet. Das ist zu wenig."
Gefahr für das Trinkwasser
Fünf- bis sechstausend Kilogramm Eisen werden täglich in die Spree gespült. Dazu kommen große Mengen Sulfat. Dieses lebensfeindliche Wasser wird im Fluss zwar verdünnt. Doch die Einträge bedrohen den flussabwärts gelegenen Spreewald, der berühmt ist für seine weit verzweigten Fließe und Kanäle. Auch die Berliner Wasserbetriebe beobachten mit Sorge die wachsenden Sulfatwerte in der Spree. Die Bundeshauptstadt bezieht einen Großteil seines Trinkwasser über Uferfiltrat aus den Spreegewässern.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat die "Braune Spree" zur Chefsache erhoben. Und fördert weitere Projekte, etwa das Barrierekonzept. Volkmar Zarach:
"Barrierekonzept heisst, dass wir das Eisen, was sich im Grundwasser befindet und der Kleinen Spree und der Spree zuströmt, dass wir das abfangen. Das machen wir mit Brunnen. Die Brunnen heben das Wasser. Und wir führen dann das Wasser, was dort gehoben wird, über Rohrleitungen ab, wo wir das dann in technischen Anlagen oder in einem Tagebaurestloch verbringen. Wir werden aber auch Graben- und Abfangsysteme errichten."
Eine Mammutaufgabe, die den Steuerzahler noch Millionen kosten wird. Dabei ist das braune Wasser längst nicht das einzige Problem, das sich unverhofft aufgetan hat:
Ein Kippengebiet in der Klepnaniederung unweit der Lausitzer Kleinstadt Calau. Seit Jahren wächst hier junger Kiefernwald heran. Das Gebiet um den ehemaligen Tagebau Seese-West war lange fertig rekultiviert. Doch mit dem aufsteigenden Grundwasser gerät die Erde vielerorts ins Rutschen.
"Der Braunkohlenbergbau der DDR hat uns hier große Kippenflächen hinterlassen, die zum Teil schon aufgeforstet sind. Mit dem wiederkehrenden Grundwasser, das jetzt nach 20 Jahren an die Endwasserstände kommt, haben wir zu verzeichnen, dass das Kippengelände durchflutet wird und damit es auch zu Sackungen des Kippenmaterials kommt mit dem darauf stehenden Wald und auch Feldern."
Ein Schock für den Bergbausanierer Uwe Steinhuber. Besonders sind sogenannte Innenkippen betroffen. Sie entstanden während des Braunkohlenabbaus, als der locker geschüttete Abraum ins Innere des Tagebaus verkippt wurde.
Gefahr durch Erdrutsche
Am 30. Januar 2009 geriet die Erde auf der Innenkippe Seese-West ins Rutschen. 27 Hektar Land verschwanden in einem tiefen Kessel, der jetzt voller Wasser steht. Seitdem ist das Gelände weiträumig gesperrt. Es war der Anfang einer ganzen Erdrutschserie, die die Lausitz bis heute erschüttert. Verheerendstes Ereignis: Der Erdrutsch in Nachterstedt, bei dem im Sommer 2009 drei Menschen starben.
Uwe Steinhuber von der LMBV gesteht, dass keiner mit diesem Ausmaß gerechnet hat. Mehr als 17.000 Hektar Land musste der Bergbausanierer wieder zum Sperrgebiet erklären. Darunter wertvolle Acker- und Waldflächen, die bereits aus der Bergbausanierung entlassen und an Lausitzer Land- und Forstwirte übergeben waren. Nun liegen alle Hoffnungen auf einer neuen Idee.
"Wir haben mit geballter Kraft der Wissenschaft aus ganz Deutschland hier in den letzten Jahren dies wissenschaftlich untersucht und neue Verfahren entwickelt wie die schonende Sprengverdichtung."
Schonende Sprengverdichtung heißt die Technologie, die seit August letzten Jahres hier im Geländeeinsatz ist.
Sprengmeister Matthias Lange von der Firma "Ecosoil" trifft dafür alle Vorbereitungen. Er klebt Sprengstoff an einen Lanzenträger und beschwert ihn mit Gewichten.
"Wir haben insgesamt 17 Kilo Sprengstoff vorbereitet. Der wird verteilt auf drei Bohrlöcher. Pro Bohrloch sind vier Ladezonen vorgesehen, die zeitverzögert nachher gezündet werden."
Matthias Lange macht einen gefährlichen Job. Im Kippengebiet muss jeder vorsorglich eine Schwimmweste tragen. Erst Anfang Februar sind wieder 35 Hektar Land ins Rutschen geraten und mit Wasser überspült worden. Glücklicherweise befand sich keiner im Sperrgebiet.
"Wir sprengen derzeit in Tiefen von zehn bis dreißig Meter in dem Bereich. Wir regen damit im Untergrund den wassergesättigten Bereich an mit diesen Sprengmitteln, so dass die Bodenmassen rutschen und sich verdichten. Das ist der eigentliche Hintergrund der schonenden Sprengverdichtung."
Neu an dieser Technologie ist, dass unterirdisch gesprengt wird ohnedie Erdoberfläche zu zerstören. Vier Jahre hat die Entwicklung und Erprobung gedauert.
Im Kippengebiet Seese-West ist alles soweit fertig. Letzte Kontrolle, dass keiner mehr im Sprengkreis ist.
Durch die Wucht des Sprengstoffs sackt der Kippenboden zusammen. Im Untergrund verdichten sich die Porenräume zwischen den Sandkörnern. Die Kippe wird stabil. Nur kleinräumig kann gesprengt werden.
Rund 500 Hektar im Jahr sind das Ziel. Projektleiter Kai Reinhard von der Ingenieursgesellschaft für Geotechnik und Grundbau (BIUG) aus Freiberg hat die Technologie mitentwickelt.
"Wir waren mit der heutigen schonenden Sprengverdichtung sehr zufrieden. Es sind deutliche Geländemulden, flach geneigt, im Gelände entstanden. Die maximalen Absenkungen betragen ein Meter. Und das ist ein Beleg dafür, dass wir die Kippe verbessert und verdichtet haben."
Die Geländemulden werden anschließend mit Erde aufgefüllt. Rund 60.000 Kubikmeter Boden fahren die Schwerlasttransporter heran. Mindestens zehn Jahre wird es dauern, bis alle Innenkippen wieder sicher sind. LMBV-Projektmanager Dieter Kutzschbach.
"Es werden noch umfangreiche Nacherkundungsarbeiten hier durchgeführt, die den Aufschluss bringen, ist es tatsächlich ausreichend sicher."
"Hier ist der Probenbegleitschein. Schlabendorf ... "
Annahmestelle des geomechanischen Labors der GMB in Schwarze Pumpe. Heute ein Tochterunternehmen der Vattenfall Europe Mining AG. Früher gehörte das Labor zum Braunkohlenkombinat Senftenberg. "Kippengedächtnis" wird es in der Lausitz genannt.
Seit den vielen Erdrutschen hat Geotechnikerin Andrea Triebke alle Hände voll zu tun. Sie leitet hier die Feld- und Laboruntersuchungen. Immer wieder ist ihr Team in den Sperrgebieten unterwegs, um Bodenproben zu entnehmen.
"Da die Kippenuntersuchung sehr umfangreich ist, sind das pro Jahr schon mehrere hundert Proben, die bei uns eintreffen, an denen hauptsächlich die Kornverteilung bestimmt werden, Dichtheitsbestimmungen durchgeführt werden oder auch Wassergehalte."
"Große Bereiche der Lausitzer Innenkippen unerforscht"
Im Gegensatz zu vielen anderen hat Antje Schreyer, leitende Geotechnikerin bei der GMB, mit der Erdrutschgefahr durch das aufsteigende Grundwasser gerechnet.
"In der Niederlausitz haben wir im Vergleich zu den anderen Braunkohlerevieren in Deutschland besondere Bedingungen. Wir haben sehr viele Bereiche mit gleichförmigen, gleichkörnigen Sanden, die eben verflüssigungsempfindlich sind. Diese Materialien sind pleistozänen Ursprungs, eiszeitlich beansprucht. Dadurch sind die Körner sehr rund, was ein Kriterium für die Verflüssigungsempfindlichkeit des Materials ist."
Ein Großteil der Lausitzer Innenkippen ist während des DDR-Braunkohlenbergbaus in den 70er und 80er-Jahren entstanden. Heutzutage muss jeder Tagebaubetreiber Schüttdokumentationen führen. Zu DDR-Zeiten aber war das kaum der Fall. Daher sind große Bereiche der Lausitzer Innenkippen unerforscht. Das will man jetzt ändern.
Im geomechanischen Labor werden die vielen Kippenproben auf ihre Konsistenz genauestens untersucht. Dazu werden die Sandkörner in einer Siebanlage der Größe nach separiert. Entscheidend ist die Korngrößenverteilung - erzählt Antje Schreyer.
"Optimal sind Materialien mit Korngrößenverteilung, wo ich eine möglichst große Unförmigkeit habe, das heißt. von jeder Kornfraktion möglichst viele unterschiedliche Korngrößen. Wenn ich einen großen Anteil von großen Körnern habe, also einen hohen Kieskornanteil, dann kann ich davon ausgehen, dass es keine Gefahr einer Verflüssigung gibt.
Doch für das Kippengebiet "Seese-West" sieht es bedrohlich aus.
"Bei dieser Probe können wir schon deutlich sehen, dass wir relativ viele Körner im Feinsand- und Mittelsandbereich haben. Das heißt das ist schon ein typischer verflüssigungsempfindlicher Sand."
Unter dem Mikroskop begutachtet Antje Schreyer die Form der Sandkörner. Runde Sandkörner sind rutschungsemfpindlicher als eckige.
Außerdem werden die Sandproben unter Wasseranstieg und hohem Druck auf ihre Rutschungsgefahr hin untersucht. All diese neuen Erkenntnisse finden dann Eingang in eine Datenbank. Damit kann der Bergbausanierer LMBV die Gefahren genauer abschätzen, Sanierungsergebnisse besser kontrollieren.
Der Wolkenberg am Rande des Tagebaus Welzow-Süd. Einer von fünf Lausitzer Tagebauen, die noch in Betrieb sind. Riesige Fördergeräte und Abraumbagger arbeiten in der Ferne.
Einst war Wolkenberg ein kleines Dorf, bis 1993 auch hier der Abraumbagger kam. 170 Bewohner siedelten in die nahe gelegene Stadt Spremberg um. Heute erinnern ein Feldstein und Informationstafeln an das Dorf. Der Wolkenberg selbst, eine kleine Anhöhe, ist zu einem Ausflugsort geworden. Von hier hat man einen weiten Blick in die neue rekultivierte Landschaft. Junge Wälder wachsen heran. Grünland gedeiht. Ein Weinberg ist entstanden.
Die Agrarbiologin Ursula Weiss kam Mitte der 90-er Jahre aus Süddeutschland in die Lausitz, ans Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften. Über 100.000 Hektar roher Kippenboden waren damals in fruchtbares Land zu verwandeln.
"Die Böden brauchen vor allem Zeit und die Unterstützung durch den Menschen, dass wir als Mensch dem Boden helfen, um wieder Leben in den Boden zu bringen, organische Substanz."
Ursula Weiss schaut in die Ferne, wo der Abraumbagger arbeitet. Heute achtet das Abbauunternehmen darauf, dass die Bodenschichten nicht wahllos durcheinander geschüttet werden. Die besten Substrate kommen am Ende wieder nach oben. In der Vergangenheit war das keineswegs so.
Aufbau einer Humusschicht
Seit Jahrzehnten erforscht Ursula Weiss, wie diese Böden schnell wieder in Kultur zu bringen sind. Anfangs hätten sie das mithilfe einer bestimmten Fruchtfolge gemacht. Über einen Zeitraum von sieben Jahren - erzählt die Agrarbiologin.
"Diese Richtfruchtfolge beginnt mit grobkörnigen Leguminosen, dann den Winterroggen, es wird Luzerne über drei, vier Jahre angebaut und dann im siebenten Jahr der Rekultivierung der Winterroggen."
Es geht darum, dem Kippenboden eine Humusschicht zu geben. Um diesen Prozess zu beschleunigen, sind die Forscher vor vier Jahren auf die Idee gekommen, mithilfe von Pflanzenkohle der Bodenqualität auf die Sprünge zu helfen.
"Es steckt dahinter, dass wir am Anfang, wenn die Substrate humusfrei sind und auch keine mikrobiologische Aktivität zeigen, dass wir Biokohlesubstrate einbringen, um diese Startbedingungen zu verbessern, um durch diese Biokohlesubstrate höhere organische Gehalte zu haben."
Biokohle wird durch Pyrolyse aus Pflanzenresten hergestellt. Sie ist Bestandteil der Terra preta, der schwarzen fruchtbaren Erde, die um die Jahrtausendwende im Amazonasgebiet entdeckt wurde. Seitdem wird europaweit mit der Pflanzenkohle als Bodenverbesserer experimentiert.
Auch Ursula Weiss arbeitet seit 2011 damit. Drei Versuchsflächen hat sie im Kippengebiet. Mit Gummistiefeln betritt sie den feuchten Boden am Rande des Wolkenberges. Winterraps steht in diesem Jahr darauf.
"Grundsätzlich konnten wir durch diese Biokohlesubstrate den organischen Kohlenstoff anheben. Er ist auf einem Level, der sehr gut ist für diese Substrate. Die Erträge, das hat sich letztes Jahr gezeigt bei Winterweizen hier auf der Fläche in Welzow, dass die Erträge auch höher sind."
Im Gewächshaus am Technikum des Forschungsinstituts laufen seit vier Jahren auch Gefäßversuche. Kippenböden im Vergleich mit gewachsenen Ackerböden. In diesem Jahr mit Winterweizen.
Anne Rademacher, wissenschaftliche Mitarbeiterin, überwacht regelmäßig die 120 Gefäße. Die Pflanzenkohle zeigt auch hier ihre Wirkung.
"Wir konnten zeigen, dass wir gerade auf den Kippenböden einen Ertragszuwachs haben. Wir konnten auch zeigen, dass wir eine Verbesserung des Wasserhaushaltes erreichen können. Beim Ertrag hatten wir eine Ertragssteigerung um die zehn Prozent bei den einzelnen Varianten. Bei der Wasserhaltefähigkeit war das nicht so deutlich, aber es gab einen geringen Effekt.
Noch ist die Pflanzenkohle sehr teuer und wird in kleinen Mengen von der Firma "Pyreg" in Rheinland-Pfalz bezogen. Ziel ist es, eine eigene Biokohleherstellung in der Lausitz zu etablieren. Partner konnten bereits gewonnen werden.
Seit 1990 nimmt das Lausitzer Seenland Gestalt an. Bei etwa 13 Tagebaulöchern ist die Flutung abgeschlossen. Knapp die Hälfte aller Lausitzer Bergbaufolgeseen. Zwölf schiffbare Kanäle sind entstanden, um die Seen miteinander zu verbinden. Auf über 50.000 Hektar wurde das Land rekultiviert. 37.000 Hektar mit Wald aufgeforstet, 16.000 Hektar in Acker und Grünland verwandelt. Und noch immer ist die Lausitz eine riesige Landschaftsbaustelle.
"Das ist ein sehr umfangreiches Programm, was wir da noch vorhaben. Wir brauchen dafür weiter den Rückhalt des Landes Brandenburg und des Freistaates Sachsen und natürlich des Bundes, die finanziell diese Bergbausanierung tragen. Ziel ist es, wieder nutzbare, sichere Landschaften zu schaffen."
Zehn Milliarden Euro hat die Bergbausanierung Ost bisher gekostet. Noch einmal sechs Milliarden Euro rechnet Uwe Steinhuber bis 2030. Alles in allem 16 Milliarden Euro, fast drei Mal so viel wie der Berliner Hauptstadtflughafen.