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25 Jahre Ende der Sowjetunion
Zwischen Trauer und Erleichterung

Der Zerfall der Sowjetunion zog sich über Monate hin und gipfelte am 25. Dezember 1991 in einem hochsymbolischen Akt: Über dem Kreml wurde die sowjetische Fahne mit Hammer und Sichel eingezogen und die russische Trikolore gehisst. Je nach Region fallen die Erinnerungen der Mensch an diesen Tag sehr unterschiedlich aus.

Von Gesine Dornblüth |
    Eine wehende Fahne der Sowjetunion.
    Eine wehende Fahne der Sowjetunion. Vor 25 Jahren wurde sie über dem Kreml eingeholt. (imago / Peter Widman)
    "Ich war Schäferin. Kirgistan hat damals Fleisch und Milch nach Leningrad geliefert."
    Burul Osmanaliyeva, 59 Jahre. Kirgisin.
    "Ich habe in einem staatlichen Großbetrieb gearbeitet. Als die Sowjetunion auseinanderbrach, dachten wir, wir müssen alle sterben, wir kommen allein nicht zurecht. Dann stellte sich raus: Es war anders herum, viel besser. Wir konnten uns selbst versorgen. Ich tausche Fleisch und Milch gegen Kartoffeln und Gemüse."
    Die Kirgisin Burul Osmanaliyeva mit Enkelkind vor ihrer Jurte.
    Die Kirgisin Burul Osmanaliyeva mit Enkelkind vor ihrer Jurte. (Gesine Dornblüth / Deutschlandradio)
    Im Winter lebt Osmanaliyeva in dem Dorf Dongalysh, den Sommer verbringt sie auf der kirgisischen Hochebene, mit Mann, Tochter, Schwiegersohn und einem Säugling, ihrem ersten Enkelkind. Sie leben in einer Jurte. Heizen mit Schafdung. Der Ofen brennt den ganzen Tag. Dahinter trocknen Windeln. In einem Bottich gärt Stutenmilch.
    "Wir haben 40 Pferde, 20 Kühe, 250 Hammel. Ich weiß nicht, wie es anderen Völkern geht, aber wir arbeiten gut, für uns selbst, für andere, für unsere Kinder."

    "Für mich war das ein Fest."
    Lado Tewdoradze, gleichfalls 59 Jahre. Georgier.
    "Ich habe immer davon geträumt, dass die Sowjetunion kaputt geht. Wir Künstler haben unser Leben lang protestiert. Wir haben unsere Arbeiten nicht verkauft. Das war unser Protest. In Georgien gab es ein paar alte Künstler, die haben Auftragsarbeiten gemacht, Sozrealismus. In einem großen Kombinat haben sie Porträts von Stalin und Lenin gefertigt und dafür viel Geld bekommen. Wir haben das nicht gemacht. Und wenn unsere Arbeiten nicht verkauft wurden, dann wurden sie eben nicht verkauft."
    Tewdoradze hat eine Galerie in der Tifliser Altstadt. Hier verkauft er seine Bilder: Farbenfrohe Porträts und Stillleben, Stadtansichten, meist sehr bunt, alles ein bisschen kitschig. Ständig kommen Touristen herein. Das Geschäft läuft gut.
    Der georgische Künstler Lado Tewdoradze vor Bildern in seiner Galerie in Tiflis.
    Der georgische Künstler Lado Tewdoradze vor Bildern in seiner Galerie in Tiflis. (Gesine Dornblüth / Deutschlandradio)
    "Gerade vor einer Stunde habe ich eine Dokumentation im Fernsehen gesehen. Es ging darum, wie unsere Dichter und Schriftsteller 1937 ermordet wurden. Wenn die noch lebten... Sie waren sehr jung. Wie weit wäre Georgien dann heute. So viele haben sie umgebracht, es war schrecklich."

    "Ich hatte 1991 gerade mein Architektur-Studium abgeschlossen und saß mit meinem Kind zuhause."
    Tatjana Strekalowskaja, 50 Jahre. Russin.
    "Für mich war das Ende der Sowjetunion ein Schock. Als ich Kind war, sind meine Eltern mit mir durch viele Republiken gereist. Nach Usbekistan, Weißrussland, in die Ukraine. Und ich trauere dem natürlich nach."
    Die Russin Tatjana Strekalowskaja in ihrer Boutique in Moskau.
    Die Russin Tatjana Strekalowskaja in ihrer Boutique in Moskau. (Gesine Dornblüth / Deutschlandradio)
    Strekalowskaja besitzt eine Boutique im Zentrum von Moskau. Hohe Wände, Glasvitrinen, exquisite Accessoires, übersichtlich platziert in langen Regalen. Sie reist regelmäßig nach Paris. Die Tochter lebt inzwischen in den USA. Zwei Verkäufer sortieren Ware. Der eine hat ukrainische Wurzeln, der andere ist zur Hälfte Tadschike.
    "Als Jugendliche waren wir gegen die Sowjetunion. Gegen das Regime. Aber das war unsere Kindheit und Jugend, und deshalb erinnern wir uns jetzt nur noch an die schönsten Momente. Für mich waren das die Schule, die Zeit bei den Pionieren, als Oktoberkinder, im Komsomol."
    Und auch die Moskauer Geschäftsfrau Tatjana Strekalowskaja findet, nachdem sie eine Weile nachgedacht hat:
    "Wir haben Gutes aus der Sowjetzeit verloren, aber auch einiges Gutes gefunden. Der Weg ist schwierig. Aber ich finde, es ist sehr gut, in unterschiedlichen Zeiten und Situationen zu leben. Das ist interessant, ich habe da Glück gehabt."