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25 Jahre Foreman vs. Schulz
"Das war Geschäft, das war kein Sport"

Ein Kampf, der noch 25 Jahre später Kopfschütteln auslöst: Am 22.04.1995 traten George Foreman und Axel Schulz gegeneinander an. Die Box-Legende gegen den rund 20 Jahre jüngeren Deutschen. Schulz war besser, doch der Sieg wurde Foreman zugesprochen. Zu viel Geld stand auf dem Spiel.

Von Thorsten vom Wege |
George Foreman weicht einem Schlag von Herausforderer Axel Schulz aus.
George Foreman weicht einem Schlag von Herausforderer Axel Schulz aus. Die Begegnung vom 22. April 1995 sollte Box-Geschichte schreiben. (picture-alliance / dpa / afp / Jeff Haynes)
Boxen in Deutschland, das feierte Anfang der Neunziger ein Comeback. Und das Comeback hatte einen Namen: Henry Maske. Im Schlepptau des "Gentleman", der sich im März 1993 den WM-Titel gesichert hatte, boxte Schwergewichtshoffnung Axel Schulz, wie Maske betreut von Trainer Manfred Wolke und ebenso wie der Weltmeister gemanagt von Wilfried Sauerland.
Schulz war 1992 Deutscher Meister im Schwergewicht geworden, hatte zwei Mal erfolglos gegen Henry Akinwande um den EM-Titel geboxt, wurde aber gut vermarktet und galt als Kumpeltyp, als "der Junge von nebenan".
Überraschend für Fachwelt und Publikum
Trotzdem staunten Fachwelt und Öffentlichkeit, als ruchbar wurde, Box-Legende George Foreman habe den Deutschen als Herausforderer einer freiwilligen Pflichtverteidigung auserkoren. Aber das stimmte tatsächlich und auf der ersten Pressekonferenz vor dem Fight, der im April 1995 im MGM-Grand Hotel in Las Vegas steigen sollte – eine der ersten Adressen im Berufsboxen – tauschten Big George und sein in den Vereinigten Staaten völlig unbekannter Kontrahent Nettigkeiten aus, wobei Foreman mit seinem Alter und seinem Fitnesszustand kokettierte.
Er sei der erste Boxer, dem der Gürtel nicht um den Bauch passe, witzelte der Box-Opa, der im November 1994 durch einen Sieg über Michael Moorer im zarten Alter von 45 Jahren noch einmal Weltmeister der Verbände WBA und IBF geworden war.
Für Axel Schulz die Chance seines Lebens
Um den Titel möglichst nicht zu gefährden, suchte das Management deshalb den jungen Deutschen als Herausforderer aus, bestach zudem den Weltverband IBF mit in Summe 350.000 US-Dollar - die IBF winkte den Kampf anschließend ohne Einwände durch. Für Axel Schulz die Chance seines Lebens:
"Erst einmal möchte ich mich bedanken für den herzlichen Empfang hier in Amerika. Ich denke mal, ich werde das beste daraus machen."
Schulz wurde als legitimer Nachfolger von Max Schmeling präsentiert, das Publikum strömte am Abend des 22. April an den Ring, um Big George zu sehen. Allerdings: Zu sehen bekamen die Boxfans den wohl besten Kampf in der Karriere von Axel Schulz.
"Das war Geschäft, das war kein Sport"
ARD-Boxreporter Jens-Jörg Rieck verfolgte das Geschehen am Ring und war sich nach 12 Runden sicher – der Sieger kann nur Schulz heißen: "Alles andere wäre eine Enttäuschung, alles andere wäre nicht gerecht", kommentierte Rieck damals.
Dann aber das Urteil. Foreman gewann nach Punkten – ein Skandal. Aber der hatte Gründe: "Dann hat eine Zahl eine entscheidende Rolle gespielt", kommentierte ARD-Boxreporter Jens-Jörg Rieck damals, "nämlich die Zahl 922.335 - das ist die Häftlingsnummer von Mike Tyson, der vor kurzem entlassen wurde. Und dieser Fight muss dahinter gestanden haben, dass diese Entscheidung gefallen ist. Ein Fight, der ein Volumen haben wird von 250 Millionen US-Dollar und den man offenbar hier George Foreman nicht verbauen wollte. Das war Geschäft, das war kein Sport. Der bessere Mann hieß Axel Schulz."
Der jedoch hatte verloren. Nur: Abgesehen von George Foreman und seiner Entourage sah das niemand so. Und so passierten dem Brandenburger anschließend merkwürdige Dinge, erinnerte sich Axel Schulz:
"Ich bin danach im Taxi gewesen und zu meinen Freunden gefahren. Und der Taxifahrer hat gesagt: Dich haben sie heute betrogen, du musst hier nichts bezahlen. Das war natürlich eine tolle Geste."
Schulz: "Für mich hab ich den Kampf gewonnen."
Für Axel Schulz bedeute diese Niederlage aber den Durchbruch. Er galt nun als einer, der gegen die ganz Großen würde bestehen können. Doch es reichte leider nicht. Schulz Popularität tat das indes keinen Abbruch.
Und Ende 2018 wurde ihm von der IBF sogar symbolisch der Weltmeistergürtel überreicht, weil man auch beim Weltverband inzwischen der Meinung war, Schulz sei der bessere Mann gewesen, an diesem legendären Abend des 22. April 1995 in Las Vegas. Der heute 51-Jährige glaubt das natürlich auch:
"Also umhauen hätte ich ihn natürlich müssen, um das ganze Ding wasserfest zu machen. Aber da ich nicht der ganz große Puncher war, wollte ich nach Punkten gehen - und für mich hab ich den Kampf gewonnen."
Und für das Berufsboxen in Deutschland war diese Niederlage ebenfalls ein großer Sieg, gab es doch neben Henry Maske nun einen zweiten Hoffnungsträger. Maske und Schulz leiteten eine Ära ein, weitere Stars sollten folgen, Dariusz Michalczewski, Sven Ottke, Markus Beyer, Arthur Abraham und nicht zuletzt die Klitschko-Brüder.