Leipzig war der Durchbruch für die Friedliche Revolution. Hier fiel am 09. Oktober 1989 die Mauer der Angst, vier Wochen, bevor am 09. Novemer 1989 die Mauer aus Beton fiel, auch in Berlin. Dass dieser Tag diese herausragende Bedeutung erlangen würde, war vor 25 Jahren überhaupt nicht abzusehen.
Erst im Juni hatte die chinesische Führung die Demokratiebewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking blutig niederschlagen lassen. Und gerade erst war in Berlin die SED-Führung brutal gegen Demonstrierende am Rande der 40-Jahr-Feiern der DDR vorgegangen. In den Kirchen im Osten Berlins versammelten sich die Menschen und warteten auf Nachrichten aus Leipzig. Es galt überall in der DDR der Befehl von Erich Honecker: Krawalle gegen den Staat sind zu unterbinden.
Die Bürgerrechtlerin Marianne Birthler einnert sich an Tage voller Angst, Unruhe und Empörung. Was würde in Leipzig passieren? Wie würden die Sicherheitskräfte reagieren? Alle militärischen Kampfverbände und die Armee waren auf ein gewaltsames Vorgehen gegen die Demonstranten vorbereitet und gerüstet. Die Volkspolizisten hatten Maschinenpistolen und Munition, in der Stadt fuhren gepanzerte Wagen und Wasserwerfer, die Stasi hatte ihre Internierungslisten aktualisiert. Und die Tageslosung der Bereitschaftspolizei lautete: "Genosse, ab heute ist Klassenkampf. Heute entscheidet es sich - entweder die oder wir!"
Festakt in Leipzig in Anwesenheit des Bundespräsidenten
Live-Übertragung im regulären Deutschlandfunk-Programm von 11.00 bis ca. 13.00 Uhr
Hinweis: Der "Marktplatz" ab 10.10 Uhr präsentiert sich in einer kürzeren Ausgabe - die "Informationen am Mittag" beginnen entsprechend später.
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Hinweis: Der "Marktplatz" ab 10.10 Uhr präsentiert sich in einer kürzeren Ausgabe - die "Informationen am Mittag" beginnen entsprechend später.
Vorbereitet hatten sich auch die Bürgerrechtler in Leipzig. Sie hatten in der Nacht zuvor Unmengen an Flugblättern gedruckt mit der Losung: Keine Gewalt. Vor der Nikolaikirche in Leipzig versammelten sich am Nachmittag immer mehr Menschen zum Friedensgottesdienst. Aufgrund des großen Andrangs gab es auch in der Thomaskirche und in der Probsteikirche Gottesdienste. In den Kirchen wird an diesem Tag ein Aufruf zur Gewaltlosigkeit verlesen. Es sind Zehntausende, die sich nach den Andachten vor den Kirchen zusammen finden.
Mehr als 70.000 Menschen demonstrierten am 9. Oktober 1989 in der Innenstadt. Es war der größte öffentliche Protest in der DDR seit dem 17. Juni 1953. Stasi- und SED-Führung in Leipzig hielten sich zurück. In den Machtzentralen in Ostberlin war an diesem Tag niemand zu erreichen. Gegen 20.30 Uhr löste sich die Demonstration in Leipzig auf.
Marianne Birthler sieht im 9. Oktober 1989 den wahren Jahrestag der Friedlichen Revolution. Nicht der Mauerfall brachte den Menschen in der DDR die Freiheit. Im Gegenteil: Der Fall der Mauer wurde erst möglich, nachdem die Bürgerinnen und Bürger sich ihre Freiheit gewaltfrei erkämpft hatten.