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25 Jahre World Wide Web
"Heute geht man sehr viel stärker mobil ins Internet"

Am 6. August 1991 wurde die erste Webseite der Welt öffentlich gemacht. 25 Jahre später sei das World Wide Web zumindest teilweise zu einer Nischengeschichte geworden, sagte Jürgen Kuri vom Computermagazin "c't" im DLF. Heute werde sehr viel stärker mit Apps über Smartphones oder Tablets gesurft. Diese technischen Anwendungen machten nicht mehr das klassische Web aus.

    Tim Berners-Lee bei CERN in Genf (Archivfoto vom 11.06.1994).
    Tim Berners-Lee bei CERN in Genf (Archivfoto vom 11.06.1994). (picture-alliance/ dpa/ Cern Genf)
    Stefan Römermann: Das World Wide Web feiert Geburtstag. 25 Jahre wird das Web morgen angeblich. Gedacht war es anfangs als eine Art freundliche Benutzeroberfläche für das Internet, das bis dahin eine ziemliche Textwüste war und für Computerlaien eigentlich kaum zu benutzen. Mit dem Web sollte das alles dann besser und einfacher werden, und beispielsweise wissenschaftliche Dokumente sich besser finden und verknüpfen lassen. Was daraus geworden ist und was die Zukunft so bringt, darüber spreche ich jetzt mit Jürgen Kuri vom Computermagazin "c't" Herr Kuri, lassen Sie uns zuerst noch mal ganz kurz klären: Für das Web gibt es verschiedenen Geburtstage, die da genannt werden. Was feiern wir denn morgen genau?
    Jürgen Kuri: Morgen feiern wir eigentlich nur ein Posting von Tim Berners-Lee, dem eigentlichen Erfinder des World Wide Web, in einer Diskussionsgruppe, wo er den Leuten sagte, man könne jetzt Codes, Programmcodes auch von ihm bekommen, um selbst mal damit rumzuspielen, was denn da so ein Webserver und ein Webclient wäre und selbst Sachen zu entwickeln.
    "Hypertextsysteme waren schon im Prinzip in den 40er-Jahren angedacht"
    Römermann: Also man hat es quasi öffentlich gemacht, das Projekt?
    Kuri: Man hat es quasi öffentlich gemacht, obwohl selbst das ist nicht ganz richtig. Der erste Vorschlag von Tim Berners-Lee, der stammt vom März '89 für ein World-Wide-Web-System, für ein Hypertext-System, das die wissenschaftliche Publikation erleichtern sollte. Und der erste Webserver, der ging am CERN, am Europäischen Kernforschungszentrum, an dem Tim Berners-Lee angestellt war, schon im November 1990 online. Das heißt, ab da konnte man eigentlich davon reden, dass das öffentlich war. Damit konnten die Leute noch nicht allzu viel anfangen, weil die meisten hatten gar keine Software, um auf diesen Webserver zuzugreifen. Und das fing dann im Prinzip damit an, als das CERN und Tim Berners-Lee die Software tatsächlich herausgegeben haben. Und dann, im April '93, ging es dann so richtig los, da wurde nämlich alles, was man dafür brauchte, um im Web unterwegs zu sein, vom CERN kostenlos weitergegeben, und da entstanden dann auch die ersten Webbrowser, die für normale Nutzer verfügbar waren, wie Mosaic, aus dem später Netscape entstand.
    Römermann: Das reicht uns als Ausrede, um über das Web zu reden, dann doch heute mal. Sie haben es eben gerade gesagt, entwickelt wurde das Ganze von Wissenschaftlern für wissenschaftliche Zwecke. Hat das vielleicht auch noch Auswirkungen darauf, wie das Netz heute gestaltet ist, dass da vielleicht manche Standards auch heute noch für Probleme sorgen, weil manche Dinge auch gar nicht mit bedacht worden sind?
    Kuri: Es sind mehrere Sachen, die tatsächlich eine Rolle spielen. Eigentlich ist das Web ja ein Publikationsstandard, das heißt, da ging es eigentlich darum, eine universale Bibliothek zu schaffen. Hypertextsysteme waren schon im Prinzip in den 40er-Jahren angedacht, mit dem Projekt Xanadu in den Sechzigern gab es dann erste konkrete Vorschläge, und das World Wide Web ist eine Unterform davon. Und das ist eigentlich immer noch die Hauptsache, die man mit dem ursprünglichen Web, mit dem, für das das Web eigentlich gemacht ist – Texte publizieren. Texte publizieren in einer Form, dass man andere Texte mit einbeziehen kann über die Links. Und dass das natürlich so ist, dass die Server relativ einfach gehalten sind und das meiste auf dem Client, das heißt, im Webbrowser des Anwenders erledigt wird. Das sind alles Ansätze, die für viele Sachen, die heute gemacht werden, gar nicht mehr so richtig brauchbar sind.
    "Das Web ist teilweise zu einer Nischengeschichte geworden"
    Römermann: Sie haben gerade eben den Webbrowser angesprochen. Heute benutzen viele Leute gar nicht mehr so oft den eigentlichen Webbrowser, sondern sie benutzen Apps, um im Web zu surfen. Hat das klassische Web vielleicht sogar bald schon ausgedient?
    Kuri: Das Web ist zumindest teilweise sogar zu einer Nischengeschichte geworden, auch wenn man sich anguckt, wie soziale Medien oder Twitter genutzt werden. Die werden ja meistens über Apps genutzt oder über andere Systeme. Auch die Techniken, die dafür notwendig sind, sind inzwischen ganz andere. Wenn man das Stichwort Javascript für den, der sich ein bisschen auskennt, erwähnt, dann sieht man, dass heutzutage im Internet kaum noch was geht, ohne dass man Javascript benutzt. Das ist eine Technik, die dann doch sehr interaktive Anwendungen ermöglicht, für die das Web ursprünglich gedacht war, und dann geht es tatsächlich in eine Richtung, wo man sagt, da sind Apps und unter Umständen andere geeignet, auch andere Techniken – man geht heute sehr viel stärker mobil, also mit dem Smartphone oder mit dem Tablet, ins Internet und versucht dort zu kommunizieren. Und das sind dann nicht mehr Anwendungen, die klassisches Web ausmachen.
    Römermann: Das World Wide Web ist vielleicht langsam auf dem im Abstieg begriffen. Vielen Dank, Jürgen Kuri vom Computermagazin "c't"!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.