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250. Geburtstag
Beethoven als Projektionsfläche

Beethoven ist überall: Im Jubiläumsjahr kommt in seiner Geburtsstadt Bonn niemand an dem berühmten Komponisten vorbei. Auch die Bundeskunsthalle ehrt Ludwig mit einer großen Ausstellung - verpasst es aber, den "Mythos Beethoven" zu dekonstruieren.

Von Anja Reinhardt |
Das Gemälde zeigt den jüngeren Ludwig von Beethoven. Er sitzt, gekleidet in eine schwarze Jacke mit weißem Hemd und hat die rechte Hand wie zum Gruß mit ausgestreckten Fingern leicht erhoben. Im Hintergrund eine dunkle Kulisse mit grauer Regenwolke und einem abgebrochenen Baum.
"Beethoven - Welt.Bürger.Musik" heißt die Ausstellung in der Bundeskunsthalle, eine Kooperation mit dem Beethoven-Haus (Wien Museum / Birgit und Peter Kainz)
Beethoven ist ganz sicher weniger als sein Mythos. In Bonn ist er ohnehin schon überall, Fahnen wehen, Plakate kündigen an und selbst Torten werden nach dem Komponisten benannt. Auf die Frage, warum denn eine Torte nach Beethoven benannt wird, kommt die Antwort: Sie sei eben schwer. So viel zu Mythen. Wie kann man sich Beethoven überhaupt jenseits dessen nähern?
"Eine schwierige Frage", sagt Julia Ronge, eine der Kuratorinnen der Ausstellung in der Bundeskunsthalle, über Beethoven und die Mythen. "Es kommen auch immer wieder neue, die man noch nicht kannte, und dann versucht man einfach, so gut es geht, mit Dokumenten den Leuten zu beweisen, dass manches einen wahren Kern hat, aber auch anders gesehen werden kann und anderes komplett falsch ist."
Beethoven und seine Zeit
In der Ausstellung wird Beethoven vor allem in seine Zeit eingebettet. Bonn am Ende des 18. Jahrhunderts, seine Universität und der Kurfürst stehen für eine durchaus aufklärerische Atmosphäre. Bonn ist der Nährboden für das, was später in Wien Beethovens Berühmtheit zementiert. Ab 1792 bis zu seinem Tod lebt er dort. Wien ist freizügig und elitär zugleich und vor allem eine Musikhauptstadt.
Ein Mythos, den die Ausstellung untersucht, ist die Widmung zur dritten Sinfonie, der Eroica. Ist sie Napoleon gewidmet oder doch nicht?
Julia Ronge: "Man kann auf der einzigen handschriftlichen Quelle, die überliefert ist, tatsächlich erkennen, dass an dem Titel rumgemacht worden ist, so lange, bis ein Loch entstand. Wir haben die Quelle hier liegen, aber wenn man genau auf das Titelblatt schaut, sieht man, dass Beethoven unten drunter mit Bleistift geschrieben hat: "geschrieben auf Bonaparte". Das heißt, er hat diese Korrektur, die ein Loch verursacht hat, restituiert. Er hat schon ziemlich bald nach diesem Wutausbruch, den er wahrscheinlich hatte, das wieder zurückgenommen."
Wutausbrüche, auch das zeigt die Schau, hatte Beethoven einige, davon zeugen ungeduldige Unter- oder Durchstreichungen auf Partituren oder in Briefen. Die Ungeduld mag auch eine Folge der langsam eintretenden Taubheit und der Krankheitsgeschichte sein, die mittels Fläschchen und Medizinkunde ebenfalls beleuchtet wird.
Beethoven und Napoleon
Beethovens reizbarer Charakter war vielleicht aber auch eine Folge der sozialen Undurchlässigkeit, obwohl sich der Feudalismus in der Auflösung befand und das Bürgertum sich selbstbewusst behauptete. Beethoven war so ein Bürger, er bewunderte Goethes "Egmont" und Schillers "Don Carlos" - und Napoleons Code Civil. Napoleons Kriege allerdings beendeten die Liebe des Komponisten zu Bonaparte.
Als der Wiener Kongress Europa neu ordnet, gehen knapp 25 Jahre Krieg zu Ende. 25 Radierungen aus dem packenden Zyklus "Die Schrecken des Krieges" von Francisco de Goya zeigen, was für Beethoven Gegenwart war.
Julia Ronge: "Wien war zweimal besetzt zur Beethoven-Zeit. Napoleons Truppen haben Unmengen von versehrten Männern produziert, die dann mit amputierten Gliedmaßen zurückkamen. Es gibt Briefe, in denen er schreibt: "Nichts als Trommeln, Kanonen, Elend. Überall." Das ist nichts, was weit weg war von ihm.
Beethoven als Legende
Krieg, Freiheit, Gleichheit, das sind auch Themen in seiner Musik. Beethoven, das macht die Ausstellung sehr klar, hat seine Legende schon zu Lebzeiten mitgestaltet. Vor allem aber ist er ein Produkt der Nationalismen des 19. Jahrhunderts. Heute wiederum steht seine Musik als Gegenentwurf dazu.
Eine Dekonstruktion des Mythos findet allerdings kaum statt. Handschriften und Dokumente liefern sehr viel Aura. Aber welche Erkenntnis über das Faktische hinaus?
Zum Ende des Rundgangs wird es dann noch einmal monumental: mit Nachbildungen von Gustav Klimts Beethovenfries und Max Klingers Beethovendenkmal. Ludwig bleibt auch 249 Jahre nach seiner Geburt Projektionsfläche.