"Uns liegen bisher noch keine Informationen darüber vor, wer diesen Angriff getätigt hat", sagte Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus zur Frage nach den Verantwortlichen des Attentats. Der Angriff sei sehr gut vorbereitet gewesen. Man werde die Schuldigen finden. Bei dem Anschlag am Mittwochabend wurden nach seinen Angaben mindestens 28 Menschen getötet und 61 weitere verletzt worden. Ziel des Anschlags im Regierungsviertel Cankaya in der Nähe des Parlaments waren nach Angaben der Armee Busse, die Angehörige der Streitkräfte transportierten. Das Militär bestätigte, dass unter den Toten Soldaten seien, machte aber keine Angaben zu deren Anzahl. Nach Angaben des Provinzgouverneurs detonierte vermutlich eine Autobombe im abendlichen Berufsverkehr im Zentrum der Stadt.
Obwohl noch unklar ist, wer hinter dem Anschlag steckt, kündigte Präsident Erdogan Vergeltung an. Der Anschlag überschreite alle moralischen und menschlichen Grenzen. Die Türkei sei entschlossen, von ihrem "Recht auf Selbstverteidigung" Gebrauch zu machen. Der Kampf gegen solche Angriffe werde weitergeführt, teilte Erdogan bei Twitter mit.
Türkei bombardiert PKK-Stellungen im Nordirak
Die türkische Luftwaffe bombardierte noch am Mittwochabend Stellungen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak, wie der irakische Fernsehsender Al Sumaria berichtete. Unklar war zunächst, ob die Luftangriffe im Zusammenhang mit dem Terroranschlag von Ankara standen.
In der Vergangenheit kam es auch immer wieder zu Anschlägen, die nicht von der PKK verübt wurden, sondern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder linksterroristischen Gruppen angelastet wurden. Im vergangenen Monat riss ein Selbstmordattentäter in Istanbul elf deutsche Touristen mit in den Tod. Die Regierung machte den IS für diese Tat verantwortlich. Im Oktober waren in Ankara beim schwersten Anschlag in der jüngeren Geschichte der Türkei mehr als Hundert Menschen getötet worden. Ziel waren damals Teilnehmer einer regierungskritischen Friedensoperation. Die Regierung machte auch dafür den IS verantwortlich.
Nachrichtensperre verhängt
Die türkische Regierung verhängte aus Gründen der "nationalen Sicherheit" eine Nachrichtensperre über den Anschlag, die aber nicht offizielle Verlautbarungen betrifft. Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP - der Erdogan eine Nähe zur PKK vorwirft - verurteilte den Anschlag. Der Vorsitzende Selahattin Demirtas sprach bei Twitter von einem "brutalen Anschlag", sein Mitgefühl gelte den Angehörigen.
Türkische Sicherheitskräfte sind in den vergangenen Monaten vor allem in der Südosttürkei immer wieder Ziel von Anschlägen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK geworden. Im September starben bei einem PKK-Anschlag im südosttürkischen Ort Daglica 16 Soldaten. Die Armee geht seit Mitte Dezember mit einer Offensive gegen PKK-Kämpfer vor, die sich in Städten im überwiegend von Kurden bewohnten Südosten der Türkei verschanzt haben. In mehrere Bezirken gelten seitdem Ausgangssperren. Zuletzt hatte die Armee ihren Einsatz in der Nacht zum Mittwoch auf die Stadt Idil ausgeweitet. Ein mehr als zwei Jahre anhaltender Waffenstillstand zwischen PKK und türkischer Regierung war im Juli gescheitert. Seitdem eskaliert der Konflikt.
Davutoglu sagt Reise nach Brüssel ab
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte nach dem Anschlag seinen geplanten Besuch in Brüssel zu Gesprächen über die Flüchtlingskrise ab, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Davutoglu wollte am Donnerstag in Brüssel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras zusammenkommen.
Kanzlerin Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier reagierten entsetzt auf den Bombenanschlag. "Die Bundesregierung verurteilt diesen neuerlichen terroristischen Akt auf das Schärfste", sagte Merkel nach einer Mitteilung des Bundespresseamtes. Auch die EU und die USA verurteilten die Tat. Das Außenministerium in Washington teilte mit, man bestätige dem Nato-Partner Türkei im Kampf gegen die gemeinsame Bedrohung durch den Terrorismus aufs Neue die starke Partnerschaft beider Länder.
(nch/kr)