Der iranische Exilant Parviz Dastmalchi saß am Abend des 17. September 1992 mit politischen Freunden aus der DPK/I, der "Demokratischen Partei Kurdistans/Iran", zu Tisch im Restaurant "Mykonos" in Berlin-Wilmersdorf. Ein geheimes Treffen von nicht ganz einem Dutzend Oppositionspolitikern, die für ein autonomes kurdisches Gebiet innerhalb des Iran eintraten. Die Repräsentanten der DPK/I waren am Rande einer Konferenz der "Sozialistischen Internationale" in Berlin zusammengekommen. Gegen
23 Uhr flog plötzlich die Tür des Hinterzimmers auf, in dem die Männer gegessen hatten.
"Auf einmal dreh' ich mich um und seh ich, rechts von mir steht jemand und schreit: 'Ihr Hurensöhne' und schießt auf uns, zuerst in Richtung von Generalsekretär Scharafkandi."
Mit einer Maschinenpistole und einer Pistole nahmen zwei Maskierte die Runde unter Feuer. – Parviz Dastmalchi:
"In dem Moment springe ich nach hinten unter einen Tisch. Und neben mir lag der Europavertreter Fattah Abdoli, schon getroffen, der Mund war voller Blut. Ich hab mich so gestellt, als ob ich tot wäre, damit die nicht gezielt auf mich schießen – und dann seh ich diese Hand mit einer Pistole und Fangschüsse."
Mit 29 Kugeln liquidierten die Killer die kurdischen Exilpolitiker. Drei waren auf der Stelle tot, der Vierte starb im Krankenhaus. Dass dieser Mordanschlag einen politischen Hintergrund hatte, lag auf der Hand. Die Bundesanwaltschaft zog deshalb die Ermittlungen an sich und verdächtigte zunächst die konkurrierende "Arbeiterpartei Kurdistans", PKK. Anfang Oktober aber teilte der Bundesnachrichtendienst der "Sonderkommission Mykonos" mit:
"Dem Mordkommando gehörten zwei libanesische Staatsangehörige an. Sie sollen der Hizballah nahestehen. Beide halten sich in einem Asylantenheim in Rheine/Westfalen auf. Ragip und eine weitere Person iranischer Nationalität gaben die tödlichen Schüsse auf die Opfer ab. Der Libanese Yusuf sicherte die Eingangstür. Der Iraner flüchtete unmittelbar nach der Tat und soll sich bereits wieder im Iran aufhalten."
Nach dieser Mitteilung verhaftete das Bundeskriminalamt die Verdächtigen. Von ihnen zog sich eine Spur bis in die Spitze der "Islamischen Republik Iran": ein klassischer Fall von Staatsterrorismus. Er führte die auf Ausgleich bedachte Iranpolitik der schwarzgelben Koalition unter Kohl und Kinkel – Stichwort: "kritischer Dialog" mit Teheran - ad absurdum.
Der Fall "Mykonos" wurde von Oktober 1993 bis April 1997 vor dem Berliner Kammergericht verhandelt. Zeugen wie der ehemalige iranische Staatspräsident Bani Sadr erhärteten den Vorwurf der Bundesanwaltanschaft, das Verbrechen sei unter Beteiligung von Ayatollah Chamenei und Präsident Rafsandschani in Teheran beschlossen worden – durch ein sogenanntes "Komitee für Sonderangelegenheiten":
"Das ist dieser Rat, der die Entscheidung trifft, betreffend der Ermordung von Personen. Nachdem der Plan erstellt worden ist, müssen zwei Leute, das heißt Herr Rafsandschani und Herr Chamenei, dieses beschließen, damit dieser Plan zur Ausführung freigegeben wird."
Während des Mykonos-Prozesses waren iranische Politiker bestrebt, das Verfahren durch Druck auf die Bonner Regierung zu beeinflussen. Als Bernd Schmidbauer, im Bundeskanzleramt Koordinator für Geheimdienstangelegenheiten, darüber als Zeuge befragt wurde, hielt er sich sehr bedeckt. Unbeeindruckt von Pressionsversuchen verurteilte das Berliner Kammergericht den Iraner Kazem Darabi und den Libanesen Abbas Rhayel wegen Mordes zu lebenslänglich. Zwei weitere Angeklagte erhielten hohe Gefängnisstrafen. – Wolfgang Wieland, Anwalt der Nebenklage, nach der Urteilsverkündung im April 1997:
"Es ist in einer Eindeutigkeit hier die Verantwortung der iranischen Staatsspitze ausgesprochen worden, wie wir es uns nur erträumen konnten. Und wir sind hoch zufrieden damit, dass das Gericht nicht davor zurückgeschreckt ist, die Verantwortlichen zu benennen."
Kasem Darabi, der das Mykonos-Attentat in Berlin vorbereitet hatte, wurde im Dezember 2007 als letzter der Verurteilten nach 15 Jahren Haft freigelassen und abgeschoben. Der unmittelbar nach dem Anschlag geflohene Iraner Bani-Hashemi konnte nie belangt werden.
23 Uhr flog plötzlich die Tür des Hinterzimmers auf, in dem die Männer gegessen hatten.
"Auf einmal dreh' ich mich um und seh ich, rechts von mir steht jemand und schreit: 'Ihr Hurensöhne' und schießt auf uns, zuerst in Richtung von Generalsekretär Scharafkandi."
Mit einer Maschinenpistole und einer Pistole nahmen zwei Maskierte die Runde unter Feuer. – Parviz Dastmalchi:
"In dem Moment springe ich nach hinten unter einen Tisch. Und neben mir lag der Europavertreter Fattah Abdoli, schon getroffen, der Mund war voller Blut. Ich hab mich so gestellt, als ob ich tot wäre, damit die nicht gezielt auf mich schießen – und dann seh ich diese Hand mit einer Pistole und Fangschüsse."
Mit 29 Kugeln liquidierten die Killer die kurdischen Exilpolitiker. Drei waren auf der Stelle tot, der Vierte starb im Krankenhaus. Dass dieser Mordanschlag einen politischen Hintergrund hatte, lag auf der Hand. Die Bundesanwaltschaft zog deshalb die Ermittlungen an sich und verdächtigte zunächst die konkurrierende "Arbeiterpartei Kurdistans", PKK. Anfang Oktober aber teilte der Bundesnachrichtendienst der "Sonderkommission Mykonos" mit:
"Dem Mordkommando gehörten zwei libanesische Staatsangehörige an. Sie sollen der Hizballah nahestehen. Beide halten sich in einem Asylantenheim in Rheine/Westfalen auf. Ragip und eine weitere Person iranischer Nationalität gaben die tödlichen Schüsse auf die Opfer ab. Der Libanese Yusuf sicherte die Eingangstür. Der Iraner flüchtete unmittelbar nach der Tat und soll sich bereits wieder im Iran aufhalten."
Nach dieser Mitteilung verhaftete das Bundeskriminalamt die Verdächtigen. Von ihnen zog sich eine Spur bis in die Spitze der "Islamischen Republik Iran": ein klassischer Fall von Staatsterrorismus. Er führte die auf Ausgleich bedachte Iranpolitik der schwarzgelben Koalition unter Kohl und Kinkel – Stichwort: "kritischer Dialog" mit Teheran - ad absurdum.
Der Fall "Mykonos" wurde von Oktober 1993 bis April 1997 vor dem Berliner Kammergericht verhandelt. Zeugen wie der ehemalige iranische Staatspräsident Bani Sadr erhärteten den Vorwurf der Bundesanwaltanschaft, das Verbrechen sei unter Beteiligung von Ayatollah Chamenei und Präsident Rafsandschani in Teheran beschlossen worden – durch ein sogenanntes "Komitee für Sonderangelegenheiten":
"Das ist dieser Rat, der die Entscheidung trifft, betreffend der Ermordung von Personen. Nachdem der Plan erstellt worden ist, müssen zwei Leute, das heißt Herr Rafsandschani und Herr Chamenei, dieses beschließen, damit dieser Plan zur Ausführung freigegeben wird."
Während des Mykonos-Prozesses waren iranische Politiker bestrebt, das Verfahren durch Druck auf die Bonner Regierung zu beeinflussen. Als Bernd Schmidbauer, im Bundeskanzleramt Koordinator für Geheimdienstangelegenheiten, darüber als Zeuge befragt wurde, hielt er sich sehr bedeckt. Unbeeindruckt von Pressionsversuchen verurteilte das Berliner Kammergericht den Iraner Kazem Darabi und den Libanesen Abbas Rhayel wegen Mordes zu lebenslänglich. Zwei weitere Angeklagte erhielten hohe Gefängnisstrafen. – Wolfgang Wieland, Anwalt der Nebenklage, nach der Urteilsverkündung im April 1997:
"Es ist in einer Eindeutigkeit hier die Verantwortung der iranischen Staatsspitze ausgesprochen worden, wie wir es uns nur erträumen konnten. Und wir sind hoch zufrieden damit, dass das Gericht nicht davor zurückgeschreckt ist, die Verantwortlichen zu benennen."
Kasem Darabi, der das Mykonos-Attentat in Berlin vorbereitet hatte, wurde im Dezember 2007 als letzter der Verurteilten nach 15 Jahren Haft freigelassen und abgeschoben. Der unmittelbar nach dem Anschlag geflohene Iraner Bani-Hashemi konnte nie belangt werden.