Die Wiedervereinigung war gerade geschafft, die Mauer war weg und Deutschland begann zusammenzuwachsen – auch im Umweltschutz. Vor 30 Jahren wurde die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gegründet. Das Stiftungskapital entsprang aus den Privatisierungserlösen der Salzgitter AG und seitdem finanziert die DBU Umweltschutz, technischen Umweltschutz, Naturschutz, Umweltbildung und vieles mehr. Jedes Jahr macht sie mit dem Deutschen Umweltpreis auf besondere Leistungen in diesen Bereichen aufmerksam.
Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk würdigt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde (Bündnis 90/Die Grünen) den Ideengeber der Stiftung, den ehemaligen Finanzminister Theo Waigel, zieht eine Bilanz ihrer bisherigen Arbeit und spricht darüber, wie sich die Herausforderungen im Umweltschutz in den vergangenen 30 Jahren verschoben haben.
Georg Ehring: Wie ist es zur Gründung der DBU gekommen?
Alexander Bonde: Wir verdanken die Gründung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt einer Idee des damaligen Finanzministers Theo Waigel, der, als die Stahlwerke in Salzgitter privatisiert wurden, fand, mit den zweieinhalb Milliarden D-Mark können wir doch was Schöneres machen, als sie einfach in den Haushalt fließen lassen. Seine Idee war, über unsere Stiftung dann zu schauen, wie kann man eigentlich mit Innovationsförderung insbesondere im Mittelstand und bei kleinen und mittleren Unternehmen die Umwelt voranbringen. Eine spannende Idee, die dann in unsere Gründung mündete, und wo wir heute sagen, vielen Dank, Theo Waigel, da ist wirklich was Spannendes draus geworden.
Innovation für Natur-, Umwelt-, und Klimaschutz
Georg Ehring: Ein paar Tätigkeiten habe ich schon in der Anmoderation genannt. Wo liegen denn aktuell Ihre Schwerpunkte?
Bonde: Wir sind ja dafür da, innovative Vorhaben zum Schutz der Umwelt zu fördern. Wir fördern Dinge mit einem Lösungsansatz, der direkten Praxisbezug hat, und haben dabei einen besonderen Fokus auf die mittelständische Wirtschaft. Man könnte sagen, wir sind ein bisschen Bob der Baumeister der Umweltbewegung, denn uns geht es immer darum, mit einem neuen Geschäftsmodell, einer Technologie, oder aber auch einem Kommunikations- und Bildungsvorhaben ganz konkret was Nachmachbares zu generieren, womit man Umweltprobleme löst. Insofern sind wir ganz nah natürlich irgendwie dran an Fragen: Wie können wir zum Beispiel die Energiewende weiter voranbringen mit neuen Entwicklungen? Wie können wir die Digitalisierung nutzen, um mit neuen Technologien und Geschäftsfeldern nachhaltiger zu wirtschaften?
Und, was uns auch wichtig ist: Wir fördern den Nachwuchs in der Wissenschaft. Wir haben zwei große Stipendienprogramme für deutsche und für europäische Nachwuchswissenschaftlerinnen. Da gibt es viele spannende Dinge, wo wir versuchen, einfach die Leute, die Pionierinnen und Pioniere, die spannende Ideen haben, neue Wege gehen, neue Technologien entwickeln, neue Geschäftsmodelle entwickeln, um die Umwelt zu schützen. Da wollen wir als Partner gerne unterstützen. Gerade weil da viele Neue unterwegs sind, haben wir jetzt auch relativ frisch ein Startup-Förderprogramm aufgestellt. Überall wo Innovation und Naturschutz, Umweltschutz, Klimaschutz zusammenkommen, da sind wir gerne mit dabei.
Sehr viele Ideen im Bereich Kreislaufwirtschaft
Ehring: Können Sie ein Beispiel nennen, wo das gut klappt?
Bonde: Wir haben gerade im Moment sehr viel im Bereich der circulare economy, Ideen, wie können wir eigentlich Klima schützen, Energie- und Rohstoffverbrauch minimieren, indem wir Dinge im Kreislauf führen. Gerade im Bereich von neuen Firmen, von Startups ist da unheimlich viel unterwegs, wo wir auch mit unserer Förderung schon viel anstoßen konnten.
Ein schönes Beispiel im Moment, was wir gerade machen: Man könnte beispielsweise unheimlich viel sehr wertvolle seltene Rohstoffe sparen, wenn ausgebaute Heizungspumpen wieder zurückgehen, modernisiert werden und in den Markt gehen. Das passiert bisher heute leider nur zu einem sehr kleinen Maß. Da haben wir beispielsweise ein sehr erfolgreiches Projekt mit einer Hochschule und einem Hersteller solcher Pumpen, wie man eigentlich so einen Rücklauf organisieren kann, dass hier wertvolle, mit viel Energie erzeugte Rohstoffe nicht einfach auf den Müll gehen, sondern in eine neue Nutzung kommen.
Ehring: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gibt es ja jetzt schon seit ziemlich langer Zeit, seit 1991. Hat sich der Zustand der Umwelt in dieser Zeit eher verbessert oder verschlechtert?
Massive Probleme durch Klimakrise und Verlust der Artenvielfalt
Bonde: 1991 – das war die Zeit von Waldsterben, aber natürlich auch von vielen Umweltproblemen, die aus industriellen Schadstoffen kamen. Wir hatten auch in den neuen Bundesländern der ehemaligen DDR hier massive Umweltschäden. Das waren alles Fragen, wo man sehr stark über Filtertechnologie, "end of pipe"-Umweltschutz viel machen konnte. Da ist viel unheimlich Positives passiert. Es ist gelungen, dass das Ozonloch sich wieder geschlossen hat, ein großes Umweltproblem der damaligen Zeit.
Aber wir haben neue Probleme dazugewonnen, die heute noch sehr viel massiver sind: die Klimakrise, der massive Verlust der Artenvielfalt. Das sind zwei ökologische Krisen, wo wir dringend handeln müssen. Und die sind leider komplexer als die Umweltprobleme der 90er-Jahre, denn den sauren Regen, der das Waldsterben verursacht hat, da hat Filtertechnologie noch geholfen. Die hat auch vor Ort geholfen. Bei der Klimakrise, bei Verlust der Artenvielfalt müssen wir global ran und haben sehr viel längere und sehr viel komplexere Auswirkungen, die wir in den Griff bekommen müssen, damit diese Umweltkrisen nicht massivere Auswirkungen haben, als sie heute schon haben.
Artenspektrum in Deutschland bewahren
Ehring: Sie machen sich ja auch für Naturschutz stark, für unberührte Natur. Was bringen uns Landschaften ohne Nutzung?
Bonde: Landschaften, wo der Mensch nicht nutzt, dort nutzt die Natur besonders intensiv. Wir haben im Moment die Situation: Weltweit ist eine Million Arten, Pflanzen und Tiere vom Aussterben bedroht. Wir brauchen natürlich genau die Lebensräume auch bei uns in Deutschland für Arten, die unter Druck sind. Gerade im Wald ist ein intensiv genutzter Wirtschaftswald heute ein Wald, in dem es kaum junge Wachstumsphasen des Waldes gibt, in dem es kaum alte Waldphasen gibt, in dem keine alten Bäume beispielsweise verrotten. Das heißt, ganze Ausschnitte aus dem natürlichen Leben eines Waldes finden bei intensiver menschlicher Nutzung nicht mehr statt, und die ganzen Artengruppen, die aber diese Wälder brauchen, finden bei uns kaum die Lebensräume.
Insofern ist es gut, wenn wir sowohl in der Nutzung auf Artenvielfalt achten als auch an einigen Stellen der Motorsäge eine Pause geben und die Natur für die Prozesse sorgen lassen, die eine ganze Vielfalt an Lebewesen auch bei uns brauchen. Das sind die beiden Dinge, die wir auf unseren 70.000 Hektar Naturerbe-Flächen machen, wertvolle Heiden pflegen, Offenland pflegen, Kulturlandschaften bewahren für die Artenvielfalt, aber auch gerade in Wäldern natürliche Wälder, wilde Wälder, Wildnis zulassen, um auch hier einem ganzen Artenspektrum in Deutschland eine Heimat zu geben und vorm Aussterben zu bewahren.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.