"Ich bin eine Provinznudel gewesen", sagt heute der weltberühmte Tenor Peter Schreier, der 1935 in Dresden geboren wurde. "Wenn ich über die Grenze fuhr und wieder in der DDR war, hatte ich das Gefühl, ich bin wieder zuhause." Die westlichen Medien nannten ihn Weltbürger, obwohl er Bürger der DDR war. Peter Schreier sang lange vor 1989 auf den berühmtesten Bühnen der Welt und gastierte ab 1967 über zwanzig Sommer lang bei den Salzburger Festspielen - mit Familie. Er verschaffte der DDR im Kulturbereich ein willkommenes weltläufiges Image und wurde dafür mit Dauervisum und Sonderstatus ausgestattet.
In ganz anderer Form galt das auch für den 1927 geborenen Herbert Blomstedt. Der international erfolgreiche schwedische Dirigent leitete von 1975 bis 1985 die Staatskapelle Dresden und pendelte zwischen Schweden und der sozialistischen Diktatur hin und her. Durchlässig war die Mauer zwischen Ost und West auch für ganze Klangkörper wie das Gewandhausorchester Leipzig oder das Bundesjugendorchester; undurchlässig aber von jetzt auf gleich für das DDR-Geigenwunderkind Franziska Pietsch aus Halle an der Saale. Das zehnjährige Ausnahmetalent wurde vom DDR-Regime zuerst besonders gefördert - bis der Musiker-Vater im Westen blieb. Fünf Zeitzeugen der damaligen Musikszene erinnern sich an ihre Reisefreiheit und -unfreiheit zwischen Ost und West.