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30 Jahre nach der Ceaușescu-Diktatur
Mühsame Aufarbeitung in Rumänien

Kein sozialistischer Staat kollabierte 1989 so schnell und so blutig wie Rumänien: Sechs Tage lagen zwischen den ersten Protesten in der Stadt Timișoara und der Flucht des Machthabers Nicolae Ceaușescu. Was genau damals geschah, ist zum Teil noch immer unklar.

Von Manfred Götzke und Leila Knüppel |
    Tausende Rumänen jubeln am 24. Dezember 1989 in den Straßen von Bukarest. In der Zeitung ist zu lesen, dass Diktator Ceausescu und seine Frau verhaftet wurden.
    Tausende Rumänen jubelten am 24. Dezember 1989 in den Straßen von Bukarest, nachdem Ceaușescu und seine Frau verhaftet worden waren (AFP / Christophe Simon Joel Robine)
    Mit Ceaușescus Flucht endete seine fast 25 Jahre andauernde Herrschaft. Aber was genau in den damaligen Dezembertagen geschah, in denen das Militär erst mit Panzern und scharfer Munition gegen die Aufständischen vorging, sich dann mit ihnen solidarisierte, ist bis heute unklar: Lief ein Staatsstreich ab? Oder wurde die Revolution von der neuen Führung, einer kleinen Clique von Postkommunisten, "gestohlen"?
    Meinungen zur Wende gehen auseinander
    30 Jahre später ist die Bevölkerung gespalten, wenn es um Beurteilung der Wendetage geht - aber auch bezüglich des einst so kollektiv verhassten Diktators. Inzwischen halten viele den Despoten sogar für einen der wichtigsten Staatschefs in der rumänischen Geschichte. Zu enttäuscht sind sie vom Übergangsprozess, bei dem vor allem die früheren Parteikader die Gewinner sind. Das Grab des damals hingerichteten Machthabers Ceaușescu ist heute jedenfalls mit Blumen und Kerzen geschmückt. Und der absurd anmutende Personenkult, der damals um Ceaușescu betrieben wurde, ist zur Touristenattraktion geworden.
    Für die einstigen Opfer des Ceaușescu-Regimes ist es daher nicht immer einfach, an das damalige Geschehen – an Leid, Gräueltaten – zu erinnern. Auch die Aufarbeitung der Ära Ceaușescu kommt nur mühsam voran, schließlich haben die einstigen Geheimdienstnetzwerke und politischen Verbindungen aus kommunistischen Tagen nach wie vor Bestand.
    Straßenbahn in Timișoara: Hier begannen 1989 die Proteste gegen das Ceaușescu-Regime
    Krieg gegen das Vergessen
    Vor 30 Jahre fiel die kommunistische Diktatur in Rumänien. Die Proteste begannen in Timișoara im Westen des Landes, wo der ehemalige Revolutionär Traian Orban heute mit einer Gedenkstätte gegen das Vergessen kämpft.
    Der rumänische Pfarrer und Politiker László Tőkés
    Ein Pfarrer brachte den Stein ins Rollen
    Der Diktatur in Rumänien konnte das Wende-Geschehen in anderen Ostblockländern lange nichts anhaben. Es gab es kaum Dissidenten. Einer, der sich traute, gegen das Regime aufzustehen, war Pfarrer László Tőkés. Er gilt als derjenige, der die Revolution auslöste. Heute steht er in der Kritik.
    Der Leiter des Verbandes ehemaliger politischer Häftlinge in Rumänien, Octav Bjoza
    "Unglaublich, dass ich diese Zeit überlebt habe"
    Nach 1945 geriet Rumänien unter den Einfluss der Sowjetunion und wurde zur stalinistischen Diktatur. Kritiker wurden aufs Härteste verfolgt, gefoltert und bestraft, so auch Octav Bjoza. Als Zeitzeuge hält er die Erinnerung an die Grausamkeiten dieser Jahre wach.
    Der rumänische Schriftsteller Mircea Dinescu 1992
    Wie ein Dichter zum TV-Helden wurde
    Telerevolution wird die Wende in Rumänien auch genannt. Denn nach der Flucht von Diktator Nicolae Ceaușescu besetzten die Aufständischen die Parteizentrale – und das Gebäude des staatlichen Rundfunks. Im Fernsehstudio verkündete der Dichter Mircea Dinescu den Sturz der Diktatur.
    Prunkvolles Schlafzimmer im Bukarester Frühlingspalast
    Kommunistischer Diktatoren-Prunk
    Seit drei Jahren kann man den Wohnsitz des einstigen rumänischen Diktators Nikolae Ceaușescu und seiner Familie in Bukarest besichtigen. Eine Touristen-Attraktion - in der es unter rumänischen Besuchern regelmäßig Streit gibt über die Frage: Guter Diktator oder schlechter Diktator?