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30 Jahre Sport im Pay-TV
Der Game-Changer

Am 2. März 1991 gab es in Deutschland zum ersten Mal Livesport im Bezahlfernsehen. Seither ist das Angebot deutlich gewachsen und beschränkt sich längst nicht mehr aufs lineare Fernsehen. Zum größten Gewinner dieser Entwicklung wurde vor allem eine Sportart.

Von Kevin Barth | 02.03.2021
Ein Kameramann des TV-Senders Premiere sitzt am 24.10.1998 im Münchner Olympiastadion am Spielfeldrand
"Fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit damals gesendet", hieß es 1991 - sieben Jahre später, 1998, sah das schon anders aus, bei dieser Übertragung eines Spiels aus München (picture-alliance / dpa | Ulrike von Keussler)
O-Ton aus dem ersten von Premiere übertragenen Bundesligaspiel: "Da sind wir, jeden Samstag das Topspiel der Woche, auf geht's! Andi Möller - welch ein Auftakt! Das ist übrigens der Schlüssel zum Glück, wenn Sie Premiere gucken wollen."
So klingt am 2. März 1991 die erste Sportübertragung beim TV-Sender Premiere. Das Bundesligaspiel zwischen Frankfurt und Kaiserslautern mit Kommentator Reinhold Beckmann können etwa 100.000 Abonnenten verfolgen. Jörg Dahlmann war bei der ersten Übertragung der sogenannte Fieldreporter und erinnert sich: "Wir haben wirklich fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit damals gesendet, aber das war uns einfach egal. Wir hatten einfach die Vision, dass sich da was entwickelt. Wir hatten alle richtig Spaß daran. Reinhold Beckmann hat mal das so formuliert: ‚Wir waren damals besoffen vor Glück‘."
Bis dahin wurden Bundesligaspiele nur gelegentlich im Fernsehen gezeigt. Bei Premiere gibt es zunächst nur eins pro Woche. Ab dem Jahr 2000 hat Premiere schließlich die Rechte für alle Bundesligaspiele und bietet außerdem die aus dem Radio bekannte Bundesligakonferenz an. Sportarten wie Eishockey, Tennis, Boxen und Formel 1 hatten schon in den 90ern das Angebot erweitert. 2009 wird Premiere zu Sky und bekommt mit der Telekom einen ersten dauerhaften Konkurrenten. Heute sind mehr als ein Dutzend Sportarten über Bezahlangebote zu sehen. Die Streamingdienste DAZN und Amazon Prime haben sich ebenfalls einige Rechte gesichert.

Fußball ist größter Gewinner

Sportjournalismus-Professor Thomas Horky von der Macromedia-Hochschule in Hamburg sieht eine positive Entwicklung für den Sport im Pay-TV: "Von der Anzahl der Sportarten, aber auch vom Umfang der Berichterstattung mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Fußball war, glaube ich, der Dauerbrenner, und zwischendurch waren auch andere Sportarten mal mehr oder weniger stark vertreten. Auf jeden Fall ist Sport im Pay-TV das entscheidende Element überhaupt."
Zurück in der Bundesliga
Sat.1 überträgt ab dem kommenden Jahr mehrere Bundesliga-Spiele live. Der Sender sicherte sich überraschend die entsprechenden Rechte. Damit könnte der Kanal an alte Erfolge anknüpfen, sagte Fernsehexperte Alexander Krei im Dlf.
Der größte Gewinner der Bezahlstrategien ist für Horky der Fußball: "Diese Exklusivität hat auch der Fußball-Bundesliga zu Popularität verholfen. Auf der anderen Seite gibt es auch Negativbeispiele. Tennis hat sehr früh einen langfristigen Vertrag mit, damals, Premiere abgeschlossen und dadurch sicherlich Zuschauer verloren. Als weiteres finde ich sehr wichtig, die technische Entwicklung: die Einführung der Superzeitlupe, besondere Aufnahmetechniken im Stadion - all das ist etwas, was Sky populär gemacht hat und damit eben auch den Sportjournalismus wirklich hinreichend verändert hat."

Und die anderen Sportarten?

Etwa fünf Millionen Menschen besitzen aktuell ein Sky-Abo. In England sind es doppelt so viele. Kleinere Sportarten suchen sich Alternativen. So ist Eishockey inzwischen bei der Telekom gelandet. Für Gernot Tripcke, den Geschäftsführer der deutschen Eishockey-Liga, ein großer Gewinn:
"Von daher kann man sich das schon fast jetzt gar nicht mehr vorstellen, dass wir vor viereinhalb Jahren total happy waren, wenn mal 40 oder 50 Eishockeyspiele live übertragen wurden und jetzt ist es selbstverständlich, dass über 400 Spiele übertragen werden und uns dann dementsprechend auch natürlich die Möglichkeiten geben, da sie hochklassig im Full HD produziert sind, Highlights daraus für Social Media zu nutzen, für Nachverwertungsformate in der Sportschau, im Morgenmagazin zu benutzen."

Streaming verändert den Mark

Die Öffentlich-Rechtlichen dürfen zeitversetzt Bilder vom Eishockey zeigen. Sportarten abseits vom Fußball generieren durch Pay-TV oft nur weniger als fünf Prozent der Gesamteinnahmen. Für die Zukunft hoffen sie auf mehr Geld von Streamingdiensten. Auch deshalb blickt Sportjournalismus-Professor Thomas Horky gespannt auf die kommenden Jahre.
Tschüss Ü-Wagen, hallo Cloud
Auf der weltweit größten Messe für Broadcasting präsentieren Start-ups ihre Ideen für den Rundfunk von morgen. In den Messehallen in Las Vegas zeigt sich vor allem eines: Bei Radio- und TV-Übertragungen kommen die Sender mit immer weniger Technik aus.
"Der Sportmarkt steht per se vor einem kleinen Umschwung. Die Pandemie hat einen großen Einfluss gehabt. Jetzt sind die Zahlen zwar gut, aber wie sich das auf die Zukunft auswirken wird, ist auch eine Frage. Die Einführung von unterschiedlichen Distributionsformen, sei es Livestreaming, DAZN, seien es andere Formen wie Amazon Prime, aber mögliche weitere Player wie Disney, wie vielleicht auch Angebote wie Netflix mögen ja in Zukunft den Markt noch mal deutlich verändern."