Mit dem Namen Medici verbinden wir Kunst. Unzählige Maler, Bildhauer und Komponisten hat das Adelsgeschlecht gefördert. Gleichzeitig steht der Name auch für Geld - für europaweite Handels- und Bankgeschäfte. Und Macht: Drei Päpste stellten die Medici. Vier Jahrhunderte herrschten sie über die Toskana. So lange, dass ein Ende der Herrschaft kaum vorstellbar war. Und doch sollte Anna Maria Luisa de' Medici - die Frau, der der Komponist Arcangelo Corelli seine Concerti Grossi gewidmet hat- die letzte der berühmten Sippe sein.
Ehe mit einem Unbekannten
Geboren wurde sie am 11. August 1667 in Florenz. Die Ehe ihrer Eltern war nach politischen Erwägungen arrangiert. Und sie war ein Desaster. Ihre Mutter, die lebenslustige Margarethe Luise von Orléans, hasste ihren sittenstrengen Mann, Cosimo III. Erst als neben der Tochter noch zwei Söhne geboren waren, ließ Cosimo die Gattin heim nach Frankreich ziehen.
So wuchs Anna Maria ohne Mutter auf - und im Bewusstsein der dynastischen Pflichten. Sie leistete keinen Widerstand, als man sie 23-jährig mit einem ihr unbekannten Witwer verheiratete. Tapfer ließ sie 1691 die Ferntrauung im Dom von Florenz über sich ergehen. Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz lebte zwölfhundert Kilometer entfernt in Düsseldorf. Als sie endlich mit ihm vereint war, meldete sie pflichtschuldig nach Hause:
"Ich bin nun die glücklichste Prinzessin und die zufriedenste Frau der Welt."
Zeitzeugen berichteten, dass der Kurfürst ihr tatsächlich sehr zugetan war. Und dass die beiden viel Zeit mit Reiten und Jagen verbrachten.
Parmesan für die Prinzessin
Überliefert ist allerdings auch, dass Anna Maria sich in ihren 26 Düsseldorfer Jahren regelmäßig Kisten über die Alpen bringen ließ. Darin: räderweise Parmesan und Wasser aus heimatlicher Quelle. Vermutlich hat sie auch sonst einiges vermisst. Florenz war damals eine Metropole mit 90.000 Menschen. Düsseldorf zählte gerade mal 8.500 Seelen - und war wenig repräsentativ.
Johann Wilhelm, im Volksmund "Jan Wellem" genannt, investierte in Pflastersteine und Laternen, um das Städtchen ansehnlicher zu machen.
Allerdings beklagte sich die Florentinerin zuweilen auch bitter über die neue Heimat:
"Es sind wenige adlige Häuser, und die Räume sind so klein, dass man wie auf einem Hackbrett tanzt."
Kunst fürs Volk
Vermutlich war ihr bald klar, dass sie dem Vorbild ihrer Vorfahren folgen musste. Sie veranlasste den Bau einer großen Opernbühne und holte berühmte Musiker an den Rhein. Georg Friedrich Händel kam zu Besuch. Der italienische Komponist Agostino Steffani schuf mindestens drei Opern in Düsseldorf. Arcangelo Corelli komponierte ebenfalls in ihrem Auftrag.
Auch die Malerei blühte dank der Medici, urteilt Bettina Baumgärtel, Kunsthistorikerin im Düsseldorfer Museum Kunstpalast:
"Also ich denke, sie hatte eine ganz entscheidende Rolle. Ich glaube, dass erst mit ihr wirklich das systematische Sammeln begann. Sie hat vor allen Dingen Kontakte geknüpft zu wesentlichen Künstlern in der Zeit, insbesondere natürlich auch zu italienischen Künstlern, aber auch zu Sammlern, die hervorragende Werke besaßen, die sie durch ihre guten Beziehungen an den Düsseldorfer Hof holen konnte."
Rubens, Rembrandt, Raffael, Michelangelo, Leonardo Da Vinci - gut 1000 Werke trug Jan Wellem mit ihrer Hilfe zusammen und konnte damit die erste Gemäldegalerie von europäischem Rang aufbauen, erklärt Bettina Baumgärtel:
"Man muss tatsächlich sagen, dass mit Jan Wellems Galeriegebäude der erste Schritt vom fürstlichen Privatkabinett zum öffentlichen Museum in heutiger Form getan wurde."
Rückkehr nach Florenz
In dynastischer Hinsicht allerdings war die Ehe weniger erfolgreich. Dem Paar blieb der Nachwuchs versagt. Als Jan Wellem 1716 starb, wanderten Kunst und Kurfürstenwürde nach Mannheim und dann nach München weiter. Die Witwe kehrte nach Florenz zurück – wo die Medici jedoch vor ähnlichen Problemen standen.
Die Toskana fiel an Franz Stephan von Lothringen, den späteren Gemahl Maria Theresias und Kaiser des deutschen Reiches. Immerhin gelang es Anna Maria zu verhindern, dass die Kunstschätze der Medici verstreut wurden. Vor ihrem Tode 1743 sorgte sie durch eine Stiftung dafür, dass diese auf ewig in Florenz vereint blieben.