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40 Jahre Black Power
Das lange Rennen des zweitplatzierten Peter Norman

Die Black-Power-Faust. Diese Geste der amerikanischer Sprinter Tommie Smith und John Carlos bei den Olympischen Spielen 1968 ging um die Welt und sie ist bis heute ein Zeichen im Kampf gegen Rassismus. Auch der zweitplatzierte Australier Peter Norman beteiligte sich an der Aktion - sein Engagement wurde dort lange Zeit nicht gewürdigt.

Von Andreas Stummer |
    Ein Kamaramann fotografiert Tommie Smith und John Carlos, die kurz vorher die Black-Power-Faust bei der Siegerehrung in die Luft gereckt haben. Zwischen ihnen geht der Österreicher Peter Norman.
    Die US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos nutzen das Rennen für einen stummen Protest für Rassengleichheit und mehr Bürgerrechte für Farbige. (imago sportfotodienst)
    Olympia 1968 in Mexiko, Siegerehrung für die 200 Meter der Männer. Die US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos nutzen die Medaillenvergabe für einen stummen Protest für Rassengleichheit und mehr Bürgerrechte für Farbige. Der dritte Mann auf dem Podium, der Silbermedaillengewinner, war der Australier Peter Norman. Die US-Sprinter hatten den damals 24-jährigen Melbourner vor der Zeremonie in ihre Pläne eingeweiht. Norman versicherte ihnen: "Ich stehe an euerer Seite".
    Aus Solidarität borgte er sich den Anstecker einer schwarzen Menschenrechtsorganisation und trug ihn stolz am am Trainingsanzug.
    "Ich wollte ein politisches Zeichen setzen, dass Diskriminierung und Rassismus keinen Platz in der Welt haben", meinte Norman später in einem Dokumentarfilm. "Alle Menschen sind gleich egal welcher Herkunft, Rasse oder Hautfarbe."
    Black-Power-Protest ging um die Welt
    Peter Norman wuchs in einem Arbeiterviertel von Melbourne auf. Seine Familie stand der sozial engagierten Heilsarmee nahe. Und er war ein Kind seiner Zeit. Ende der 1960er Jahre waren Australiens Ureinwohner Bürgerrechte zugesprochen worden. Trotzdem wurden sie weiter diskriminiert. Und es galt immer noch die White Australia Policy. Ein Programm das ein Einwandern und die Einbürgerung von Nicht-Weißen verhindern sollte. In diesem politischen und gesellschaftlichen Klima ging der Black-Power-Protest von Mexiko um die Welt. Mit Folgen. Den US-Sprintern wurden ihre Medaillen aberkannt und lebenslang gesperrt, Peter Norman wurde nach seiner Rückkehr vom australischen Verband boykottiert. An Olympia sollte er nie wieder teilnehmen.
    "Peter wollte unbedingt in München 1972 mit dabei sein. Er hatte gute Chancen auf die Goldmedaille", sagt sein Neffe Matt Norman, "Peter hat die geforderten Qualifikationszeiten für die 100 und 200 Meter fünfzehmal unterboten – trotzdem wurde er nicht nach München mitgenommen. Peter war sicher, dass man ihn dadurch für sein Verhalten bei der Siegerehrung von Mexiko bestrafen wollte."
    Norman beendet frustriert seine Karriere
    Norman war kein Querulant, Schuldzuweisungen nicht sein Stil. Die Schmerzen chronischer Achillessehnenverletzung betäubte er mit Medikamenten seine Enttäuschung mit Alkohol. Normans Ehe ging in die Brüche, er heiratete ein zweites Mal und wurde Lehrer. In den USA galt er als Held der Bürgerrechtsbewegung, in Australien aber wurde er vergessen. Frustriert beendete Norman seine Karriere.
    "Peters größte Enttäuschung war, daß er 2000 bei unseren olympischen Heimspielen in Sydney einfach übergangen wurde", erinnert sich seine Mutter Thelma, "alle früheren australischen Medaillengewinner drehten Ehrenrunden im Stadion. Peter war nicht einmal eingeladen."
    Verspätete Anerkennung
    Erst nach dem internationalen Erfolg eines Dokumentarfilms seines Neffen Matt über Olympia `68 fand Peter Norman Anerkennung – mit mehr als 40 Jahren Verspätung.
    Im Jahr 2012 gab es eine Entschuldigung des australischen Parlaments. Für den Mann, der persönlichen Erfolg einer guten Sache geopfert hatte, an die er glaubte. Der totgeschwiegen wurde weil er politisch unbequem war – obwohl niemand in Australien je die 200 Meter schneller gelaufen ist als Peter Norman. Für den Sprinter kam die Geste zu spät. Er starb 2012, im Alter von 64 Jahren, an den Folgen eines Herzinfarkts. Zu Grabe getragen wurde er von Tommie Smith und John Carlos, seinen lebenslangen Freunden seit dem Protest von Mexiko. Jetzt, 50 Jahre später, hat das australische olympische Kommitee Norman posthum mit seinem höchsten Verdienstorden ausgezeichnet, der 9. Oktober, sein Todestag, wurde – wie schon längst in den USA üblich - zum Peter-Norman-Tag erklärt.
    "Peter wäre stolz darauf gewesen, dass ein Gedenktag nach ihm benannt wurde", glaubt sein Neffe Matt Norman. "der 9. Oktober ist jetzt in den USA und Australien sein Tag. Außerdem gibt es Pläne, ihm zu Ehren eine Statue zu errichten."
    In Europa und den USA läuft die Dokumentation über sein Leben wieder in den Kinos, ein Hollywood-Film ist in Arbeit. Peter Norman hat vorgelebt, dass Menschenrechte wichtiger sind als Medaillen. Ein langes Rennen ist zu Ende. Peter Norman ist nach 50 Jahren endlich am Ziel.