Das Tu Du Krankenhaus im Zentrum Saigons. Hier, im angegliederten peace village, im Friedensdorf werden die Agent Opfer der dritten und vierten Generation behandelt, die Kinder, deren Leben auch jetzt noch, 40 Jahre nach Ende des Krieges, vom Pflanzengift zerstört wird, mit dem die USA die Wälder Vietnams entlaubten, um ihre Ziele besser treffen zu können.
Großmutter, wir lieben Dich mit deinen schönen grauen Haaren, singen die Jungs und Mädchen zwischen fünf und fünfzehn, alle schwerstbehindert - und fröhlich, denn zum Frühstück ist Grandma Ta Thi Chung erschienen, wie jeden Morgen. Die 84-Jährige hat lange Zeit das Krankenhaus geleitet und kommt auch jetzt, nach Jahren im Ruhestand, jeden Morgen auf ihre Station:
"Ich komme morgens zu einer Besprechung und dann frühstücke ich jeden Tag mit den Kindern."
Ein 15-Jähriger, dessen Beine über dem Knie enden und der an jeder Hand nur zwei weit abstehende Finger hat, ein Zwölfjähriger mit so stark schuppender Haut, dass sie buchstäblich grau aussieht, ein zehnjähriges, fröhliches Mädchen, dessen ganzer Körper vollständig nach links abgeknickt ist - für sie alle kommt Grandma Chung jeden Morgen ins Krankenhaus:
"Anfangs hatten wir zehn Kinder, dann sechzig, viele alleine, ohne Eltern, alle Agent Orange Opfer, für sie alle bin ich die Oma, die ihnen die Liebe gibt, die ihnen sonst fehlt."
Vietnam- Krieg endet nie
Pham Thi Thuy Linh sitzt vor ihrem Laptop im Hinterzimmer eines kleinen Elektronikgeschäftes in Ho Chi Minh City, dem früheren Saigon. Die 18-Jährige bedient die Tastatur wie selbstverständlich mit den Füßen. Pham Thi Thuy Linh fehlen die Arme. Sie ist so auf die Welt gekommen, als Agent Orange Opfer, erzählt die Mutter Linhs, Pham Thi Thu Huong:
"Als Linh ohne Arme auf die Welt kam, da dachte ich, ich hätte während der Schwangerschaft ein falsches Medikament genommen, aber dann stellte sich heraus, dass der Vater meines Manns, Linhs Großvater in Südvietnam für die Amerikaner gearbeitet und das Agent Orange verladen hatte."
Agent Orange Opfer in allen Generationen
Huong bringt ihre kleine Familie, sich, ihre Tochter Linh und zwei weitere Kinder, nun mit einem kleinen Kaffeestand am Straßenrand durch, leicht ist das nicht.
Linh hat inzwischen die zwölfte Klasse abgeschlossen, sie möchte Grafik-Designerin werden und kämpft ehrgeizig gegen ihre Behinderung an:
"Ich lerne gerade gut mit Photoshop umzugehen und hoffe, dass mich das später weiterbringt."
Tränen fließen, als die junge Frau über den 30. April spricht, den Jahrestag des Kriegsendes. Der 30. April ist auch ihr Geburtstag - Linh hat den Vietnam-Krieg nicht erlebt, aber für sie wird er nie enden.
"Ich hoffe, dass ich einen besonderen Geburtstag habe, ich werde den halben Tag im Krankenhaus verbringen, wo ich mich um die kleinen Agent Opfer kümmere."