Von der Rückkehr Ajatollah Chomeinis aus dem Exil am 1. Februar 1979 habe er sich erhofft, "dass wir mithilfe von Ajatollah Chomeini die Massenmobilisierung erreichen. Eine Mobilisierung, die imstande ist, das Schah-Regime zu stürzen. Ohne Chomeini und seine Weggefährten, die Hunderttausend Mullahs, die im ganzen Land verbreitet waren, hätte diese Mobilisierung gar nicht stattgefunden." Er sei dem Mann und seiner Geistlichkeit gegenüber skeptisch eingestellt gewesen, erzählte Nirumand. "Aber ich dachte, wenn wir einmal den Schah weghaben, könnten wir dann später mit Chomeini weniger Probleme haben."
Als Chomeini von seinem Exil im Irak nach Paris übersiedelte, sei er sowohl im Iran als auch im Ausland plötzlich sehr populär geworden. "Er konnte von dort aus seine Botschaften an das iranische Volk senden und auf einmal wurde er zum Führer der Revolution." Die Wahl von Paris als Aufenthaltsort sei ein "kluger Schachzug" Chomeinis gewesen. "Dort stand er im Mittelpunkt der Welt, die Weltpresse war um ihn versammelt - er war ein Exot und alle wollten wissen, wer dieser Mann ist."
"Sie sahen sogar sein Antlitz im Mond"
Das iranische Volk habe gedacht, Chomeini sei der Messias, weil er von Paris aus dem Volk den Himmel auf Erden versprochen habe. Er habe ihnen Freiheit, Gleichberechtigung versprochen und dass es keine Geheimdienste und keine politischen Gefangenen mehr im Iran geben würde. Der überwiegende Teil der Bevölkerung habe ihm geglaubt. "Sie sahen sogar sein Antlitz im Mond."
Er persönlich habe schon bald gespürt, dass Chomeinis Herrschaft nichts anderes gewesen sei, als eine Neuformation des alten Schah-Regimes unter anderen Vorzeichen. "Ich habe einige Wochen nach Chomeinis Ankunft in Teheran einen Artikel in einer deutschen Zeitung geschrieben, dass es nach einer neuen Diktatur riecht. Man merkte langsam, Chomeini wollte eine totale Islamisierung des Landes." Iran sei damals schon ein säkulares Land gewesen, Frauen seien nicht dazu gezwungen worden, Schleier zu tragen. "Chomeini ging sehr behutsam und sehr klug vor, aber dann kam die Geiselnahme amerikanischer Botschaftsangehöriger Ende 1979 und damit wendete sich das Blatt."
Anschließend habe der Iran-Irak-Krieg die Entscheidung gebracht. Er sei zum Anlass genommen worden, die gesamte Opposition zum Schweigen zu bringen. Jeder Kritiker habe als Verräter gegolten. "Der Krieg gab den Islamisten die Möglichkeit, ihre Märtyrer-Idole zu propagieren, Hunderttausende Menschen wurden an die Front geschickt und plötzlich war es klar: Jetzt hat die Macht der Islamisten sich etabliert."
"Wirtschaftliche Situation unerträglich"
Denn Islamisten sei es nicht gelungen, das Land so zu islamisieren, wie sie es gewünscht hätten, so Nirumand. "Die jungen Menschen sehnen sich nach Freiheit. Sie haben durch die Neuen Medien, das Internet, die Möglichkeit zu erfahren, was in anderen Teilen der Welt vor sich geht und haben ganz andere Vorstellungen und Ideale, als von der Macht erwünscht."
Die wirtschaftliche Situation sei für die Mehrheit der Bevölkerung unerträglich - daran seien nicht nur die US-Sanktionen schuld, sonder vor allem auch die Korruption im Land. Die Armut in dem reichen Land sei sehr groß. "Die Macht verliert immer mehr an Basis. Es ist eine prekäre Situation im Iran, man weiß nicht, wie es weitergeht. Die Befürchtung ist, dass die Radikalen wieder an die Macht kommen."
Er selbst habe eine große Sehnsucht nach seiner Heimat, erzählte der 83-Jährige. Er hoffe, irgendwann wieder dorthin reisen zu können, auch wenn es heute ein anderes Land sei, in dem die Islamisten vor allem kulturell viel zerstört hätten. Der in Teheran geborene Schriftsteller lebt in Berlin. Er floh drei Jahre nach der Islamischen Revolution nach Europa, um einer Verhaftung zu entgehen.