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40 Jahre Zündfunk im BR
Progressives Aushängeschildchen

Wer Radio liebt und aus dem süddeutschen Raum stammt, für den ist der Zündfunk des Bayerischen Rundfunks eine Kultadresse. Das linke Biotop im eher rechts eingeordneten Sender galt und gilt auch denjenigen als progressiv, die die politische Ausrichtung nicht immer teilen mögen. In diesem Jahr feiert das Programm sein vierzigjähriges Bestehen.

Von Maximilian Schönherr |
    Ein Schild mit dem Logo des Bayerischen Rundfunks steht am Donnerstag vor dem Funkhaus und Sitz des Bayerischen Rundfunks in München.
    Neben typischen Themen der Jugendkultur wie Hausbesetzung, Jugendzentren, Anti-Kernkraftbewegung, wagte man sich beim Zündfunk zunehmend auch an die große Politik. (picture alliance / dpa / Tobias Hase)
    Offiziell gibt es den Zündfunk seit 1974. Der Jugendfunk im Bayerischen Rundfunk, zu dem der Zündfunk gehört, ist viel älter. Sendungen wie "Club 16" und "Pop Sunday" waren schon um 1970 in einem von konservativen Kräften geprägten Bayern Inseln des Glücks, der Progressivität, der Respektlosigkeit - auch wenn sich die Sendungen heute brav anhören.
    Club 16 sendete täglich eine Stunde lang Rockmusik, als im restlichen BR Volksmusik, Schlager und Klassik regierten. Spät Sonntagabend stellten junge, weitgehend unbekannte Autoren ihre Gedichte und Kurzgeschichten vor. Hier der damals 17jährige Schriftsteller Helmut Krausser:
    "Die Sendereihe hieß, für damalige Verhältnisse frech, "Pop Sunday". Pop galt als kulturlos, Sunday war ein Anglizismus, also per se verdächtig. Jeder Autor, der etwas vorzulesen hatte, konnte damals in die allmonatlichen Pop Sunday-Sitzungen ins Funkhaus Nürnberg oder München kommen und über die Texte der anderen mit abstimmen. Radikale Basisdemokratie im Nachklang der studentenbewegten 1960er Jahre."
    Hausbesetzung, Jugendzentren, Anti-Kernkraftbewegung
    Der Zündfunk war die natürliche Konsequenz draus. Er lief 1974 parallel zu diesen Sendungen an und verstand sich als tagesaktuelles politisches Magazin.
    Neben typischen Themen der Jugendkultur wie Hausbesetzung, Jugendzentren, Anti-Kernkraftbewegung, wagte man sich zunehmend auch an die große Politik. Die Gäste in den stets live gefahrenen Sendungen gaben sich die Klinke in die Hand: Grüne, als sie noch nicht Grüne hießen, Linke, Anarchisten, Langhaarige und Punks und, damit alles öffentlich-rechtlich ausgewogen blieb, stets Vertreter von Junger Union und dem Ring Christlich Demokratischer Studenten.
    Zündfunk sollte mehrfach abgeschafft werden
    Der Zündfunk war eine linke Sendung und sollte mehrfach abgeschafft werden. Letzten Endes blieb es beim Herumschieben von Sendeplätzen und, viel später, dem Plan, das Programm komplett ins Internet zu verlegen. Einige meinten, die Sendung gäbe es nur noch, weil der konservative Sender sich ein progressives Aushängeschildchen geben wollte.
    Innerhalb des Funkhauses war die Redaktion respektiert, aber ein Fremdkörper. Die jungen Wilden eben, die die verrückten Interviews führten. Obwohl am selben Gang und nur ein paar Türen weiter, hatten die Zündfunkler wenig mit den Shooting Stars der frisch gegründeten Pop-Welle B3 zu tun, etwa mit Günter Jauch und Thomas Gottschalk. Andererseits stiegen viele Zündfunk-Moderatoren und Redakteure hoch in der Hierarchie auf. Einige leiten heute die Abteilungen für Hörspiel, Kultur und E-Musik. Andere sind gefragte Feature-Autoren und Regisseure oder arbeiten beim Fernsehen.