Viele Komponisten haben Fabeln von Jean de la Fontaine vertont - auch die von der leichtlebigen Grille und der für den Winter vorsorgenden Ameise, die Charles Trenet interpretiert. Auf den Dichter gehen zahlreiche Sprichwörter zurück, etwa "Die Kastanien aus dem Feuer holen":
"So sind es meistens auch die Prinzen,
Die, stolz des Amts, wozu man sie ernannt,
Für einen König sich in den Provinzen
Die Finger haben arg verbrannt."
Die, stolz des Amts, wozu man sie ernannt,
Für einen König sich in den Provinzen
Die Finger haben arg verbrannt."
"Ode an den König"
Jean de La Fontaine wurde am 08. Juli 1621 in Château-Thierry in der Champagne geboren. Weil seine dem Bürgertum entstammenden Eltern wollten, dass er Priester wird, studierte er Theologie, wechselte aber bald zu den Rechtswissenschaften. In Paris knüpfte er Kontakt zu literarischen Kreisen, größere eigene Werke entstanden allerdings erst, als Nicolas Fouquet ihn 1658 als Hofdichter auf sein Schloss Vaux-le-Vicomte holte. Als sein Mäzen bei Ludwig XIV. in Ungnade fiel, bat La Fontaine den Monarchen in einer "Ode an den König" um Gnade:
"Nicht für den Besitz, sondern für das Leben eines Unglücklichen."
Jean de La Fontaine war über 40, als er damit begann, die von Äsop inspirierten Fabeln zu verfassen, die seinen Nachruhm begründet haben.
"Meister Rabe, auf einem Baume hockend,
hielt im Schnabel einen Käse.
Meister Fuchs, vom Geruch angelockt,
hielt ihm in etwa diese Rede:
‚Ei, guten Morgen, Herr von Rabe!
Wie seid Ihr hübsch! (…) Wenn Euer Gesang
mit Eurem Gefieder in Einklang steht, seid Ihr der Phönix unter den Bewohnern dieses Waldes.’"
hielt im Schnabel einen Käse.
Meister Fuchs, vom Geruch angelockt,
hielt ihm in etwa diese Rede:
‚Ei, guten Morgen, Herr von Rabe!
Wie seid Ihr hübsch! (…) Wenn Euer Gesang
mit Eurem Gefieder in Einklang steht, seid Ihr der Phönix unter den Bewohnern dieses Waldes.’"
Um seine schöne Stimme vorzuführen, reißt der Rabe den Schnabel auf und lässt den Käse fallen - die List triumphiert über die Eitelkeit.
Die Fauna als Tarnung
Jean de La Fontaines rund 250 Tiergeschichten leuchten die menschlichen Schwächen, Bosheiten und Untugenden aus. Die Fauna diente ihm als Tarnung.
"Ein altersschwacher Löwe, gichtgeplagt, am Ende seiner Kräfte."
Darin darf man die Karikatur eines Potentaten sehen. Wolf und Fuchs denunzieren sich gegenseitig, um die Gunst des kranken, aber mächtigen Löwen zu erlangen.
"Ihr Herren Höflinge, hört auf, Euch zu vernichten (…). Die Verleumder kommen auf diese oder jene Weise selbst an die Reihe."
Ein politischer Autor?
Ob La Fontaine tatsächlich ein "engagierter" Schriftsteller war, darüber gehen die Meinungen bis heute auseinander. Sein Werk ist zu uneinheitlich und berührt oft eher das Allgemein-Menschliche, um als direkt politisch und gegen die absolutistische Herrschaft gerichtet bezeichnet werden zu können. Auch wenn er in seine Fabeln immer wieder Reflexionen über Gerechtigkeit oder die Starre der höfischen Gesellschaftsordnung verpackte.
"Wenn Tiere als Menschen verkleidet sind, bringt uns das zum Schmunzeln.", hob der Philosoph Hippolyte Taine die Wirkung der Tiergeschichten hervor: "Ihre Welt ist eine Parodie der unsrigen, und ihre kleinsten Handlungen sind eine Kritik unserer Sitten."
Berüchtigt als Bonvivant
Weniger in den Fabeln, als in seinen "Contes" hatte La Fontaine die Sittenstrenge seiner Epoche verspottet. In diesen heute fast vergessenen Erzählungen wimmelt es von untreuen Eheleuten und sinnenfreudigen Liebschaften. Seine Ablehnung der Konventionen spiegelte sich auch in seinem Lebenswandel. Konträr zu bürgerlichen Erwartungen, ließ er seine junge Frau und sein Kind in Château-Thierry meist allein. Der Dichter wohnte lieber bei reichen Gönnern in Paris, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Sein Ruf als wenig solider Lebemann hätte 1684 sogar fast seine Aufnahme in die Académie française verhindert.
Im Alter fromm geworden, schwor er der Libertinage ab und distanzierte sich von seinen lebenslustigen Erzählungen. Jean de La Fontaine starb am 13. April 1695 in Paris. Geblieben sind seine Fabeln, die auch andere französische Stars - wie Charles Aznavour mit dem Lied "Die zwei Tauben" - immer wieder besungen haben.