Kenneth Branagh kam aus den Kulissen wie ein Schauspieler, nicht aus dem Parkett wie ein Ehrengast, er lieferte den perfekten Auftritt ab - und versprach zum Schluss, auch in 50 Jahren wieder dabei zu sein...
"... to raise a glass of fine German wine to our friend, our guide, our inspiration, the greatest of all honorary Germans, WILHELM Shakespeare - and on that occasion to him and to you and with thanks to this deeply appreciated great honour.... happy birthday!"
Kenneth Branagh lieferte den perfekten Auftritt
Der neue Ehrenpräsident der Shakespeare-Gesellschaft war - wie die ganze Veranstaltung am Sonntag - glanzvoll, inspirierend - und sehr unterhaltsam:
"I was born in Belfast, my mother always insisted I was a difficult child. At the age of three I could speak but could be understood by now one but her; and my aunt Kathy, and this is true, was convinced that I was a German."
Der Handschlag zwischen "high" and "low" culture verbindet Branagh und seine Shakespeare-Filme mit den Stücken des Dramatiker-Genies. Dazu passte Heinrich Deterings luzide Analyse der Spuren Shakespeares im Werk von Bob Dylan mit Beispielen aus dessen "Theme Time Radio Hour". Dylan moderierte die Sendung drei Jahre lang und brachte Musik und literarische Texte aus fünf Jahrhunderten zusammen. Hier zum Beispiel Jerry Lee Lewis, der den Jago aus "Othello" singt:
"Jerry Lee plays this character, not hiding his Louisiana accent, but singing Shakespeare's words, he's telling us that Shakespeare is really something. He can't help it wonder what Shakespeare would have thought of this - Jerry Lee Lewis from "Catch my Soul"
Deutsche haben immer Probleme mit Shakespeare
Die Deutschen haben nach wie vor Probleme mit dem unterhaltsamen Shakespeare, wie Johanna Schall betont:
"Da ist das wieder mit dem Deutschen und dem Englischen. Im Englischen heißt es "entertain", was "hinein gehen" heißt, bei uns heißt es Unterhalten."
Vibration der Bedeutungsvielfalt
Die Regisseurin inszenierte Anfang des Jahres alle Königsdramen vor Richard III. in knapp drei Stunden für die Bremer Shakespeare Company - Theater über den Konflikt zwischen Macht und Recht. Auf diesem Podium am Samstag war man sich übrigens einig, dass man alles mit und aus Shakespeare machen darf - im Bewusstsein, ihm nie ganz bei zu kommen. Der Kölner Intendant Stefan Bachmann:
"Es ist etwas Oszillierendes, das sich nie fest machen lässt, vielleicht ist das das Geniale. Eine Vibration zwischen der Bedeutungsvielfalt, wie so ein Magnetchen, das hin und her vibriert, und in dem Moment, in dem man sich für etwas entscheidet, ist es eigentlich schon wieder falsch. Und so kriegt man es eigentlich nie so richtig gebacken. Das weiß man von Anfang an, das ist aber auch schon wieder toll - die Sisyphos-Arbeit des Künstlers."
Und Tobias Döring, der seit gestern gewesene Präsident der deutschen Shakespeare-Gesellschaft, sagt, was die Stücke Shakespeares für heute so produktiv macht:
"Hamlets Eingangsfrage aber, "Who's there?" ist die Grundfrage des Schauspielens. Wer oder was bin ich, wenn ich spiele? Bin ich noch ich, oder bin ich ein anderer? "That is the question", und man kann vielleicht die Frage nur beantworten, indem man mit der Gegenfrage kontert, "Nay, answer me: stand and unfold yourself", so lautet ja der zweite Satz und zeigt, dass alle Selbstpositionierung im Spiel der Bühne immer wechselseitig läuft, im Dialog. Seine Texte halten unseren Fragen einen Spiegel vor."
Shakespeare als Dauer-Mitbegründer auch der Kultur von heute
Tobias Döring ist Herausgeber des Sammelbandes "Wie er uns gefällt. Gedichte an und auf Shakespeare", der auch in Weimar vorgestellt wurde. Lyriker von Hölderlin über Lord Byron bis Thomas Brasch eröffnen dort einen vielstimmigen und mehrsprachigen Echoraum auf Shakespeares Werk. Ursula Krechel etwa ist zu Richard III. zurück gegangen:
"Der Shakespearesche Gedanke einer Abfolge von Grausamkeiten, einer Notwendigkeit, einer Mechanik, in der Geschichte sich fortspinnt. Das hat mich sehr interessiert, und die Verpanzerung, die die Gewalt in dem Gewalttätigen ausübt, war wiederum eben eine Parallele, die ich in meiner Arbeit eben häufig beschrieben habe."
Shakespeare ist und bleibt so der Dauer-Mitbegründer auch der Kultur von heute. Und erzeugt ernsthafteste, schillernde Leidenschaften. Kenneth Branagh über seine Anfänge als Schauspieler in Stratford upon Avon:
"We were passionate about, I was always on the stage hours, hours before the show would go up, for me it was sheer and complete and utter pleasure. There wasn't anything like the word "work" attached to anything I did. We were so over-exited all the way through... - I was a kid from Belfast, 23 years old, playing Henry the Fifth in Stratford! It was like having a chilled glass of champagne every day with every breath you took."