Eine Hand in einem schwarzen Handschuh in den Himmel gereckt stehen die beiden Läufer Tommie Smith und John Carlos in schwarzen Socken ohne Schuhe auf dem Podest bei der Siegerehrung. Ein stummer Protest gegen die Diskriminierung von Schwarzen in den USA während die Nationalhymne bei den Olympischen Spielen in Mexiko läuft, erzählt Tommie Smith: "Die Leute nennen es "Black Power". Klar, ich bin schwarz. Klar, haben wir Stärke gezeigt. Aber es war ein Hilferuf: ich bin hier, nehmt mich wahr. Ich bin in Not. Was brauche ich? Gerechtigkeit."
Sie werden ausgepfiffen im Olympiastadion in Mexiko-Stadt. Sportlich der Höhepunkt ihrer Karriere. Persönlich deren Ende. Beide Männer werden aus dem US-Olympiateam ausgeschlossen. Zwar werden sie von Schwarzen und Bürgerrechtlern gefeiert, als sie in die USA zurückkommen, aber ihr Leben hat eine entscheidende Wende genommen, erklärt Bronze-Gewinner John Carlos: "Wir haben keine Jobs gefunden danach. Es kam kein Geld mehr rein. Viele, die du für deine Freunde gehalten hast, haben sich abgewandt. Unsere Kinder wurden in der Schule gemobt, wenn sie rausgefunden haben, wer der Vater ist. Meine erste Frau hat das alles nicht mehr ertragen und sich das Leben genommen."
Politisch ein Zeichen, das um die Welt ging. Aber für die beiden Amerikaner und den weißen Australier, der sich mit ihnen solidarisierte, der Moment, der sie zu verschmähten Außenseitern machte. Erst viel später werden sie für ihren Black-Power-Gruß gewürdigt. 2016 ehrt Präsident Barack Obama sie im Weißen Haus, als das aktuelle Team USA dort empfangen wird. Der schwarze Weitspringer Ralph Boston, der auch bei den Olympischen Spielen in Mexiko auf dem Podium protestierte, weiß, wie monumental das Zeichen war mit dem die beiden 200-Meter-Läufer Geschichte geschrieben haben: "Diese Jungs haben mehr dafür getan, dieses Land zu verändern, als wir je verstehen werden."
Proteste damals wie heute
Und die Probleme sind längst nicht gelöst. Football-Profi Colin Kaepernick hat vor zwei Jahren als Erster im stummen Protest gegen Diskriminierung und Polizeigewalt gegen Schwarze zur Nationalhymne gekniet, andere machten es nach. Die Diskussion über diese Geste entzweit seitdem Sportfans und Amerikaner. John Carlos schüttelt über die Kritik an dem Sportler 50 Jahre nachdem er und Tommie Smith die Faust in den Himmel gereckt haben, den Kopf: "Wie sagt man einem Menschen, daß er von der Gesellschaft suspendiert ist, nur weil er Athlet ist? Daß man sich keine Sorgen machen soll um das Leben derjenigen, mit denen man groß geworden ist. Denen, die keine ordentliche Wohnung haben, die auf der Straße getötet werden. Wie kann man ihm denn sagen, daß er Athlet ist und nichts damit zu tun hat, welche gesellschaftlichen Probleme es gibt?"
Die Situation für Schwarze in den USA hat sich seit dem Protest von John Carlos und Tommie Smith deutlich verändert. Die Reaktion auf schwarze Sportler, die bei der Nationalhymne stumm gegen gesellschaftliche Mißstände protestieren, ist aber ähnlich geblieben. Auch Kaepernick ist seinen Job los. Er macht weiter nur jetzt auf anderen Bühnen und ist seit einigen Wochen das prominente Gesicht einer großen Werbekampagne von Nike. Und auch Tommie Smith und John Carlos sagen noch Jahrzehnte später, daß sie trotz des hohen Preises, den sie zahlen mussten, jederzeit wieder dieses Zeichen setzen würden. Ein stummer Schrei nach Gerechtigkeit, der immer noch gilt.