"BAföG war für mich die Voraussetzung, dass ich überhaupt eine Universität von innen sehe."
"Ich persönlich hätte wahrscheinlich nur mit großen Schwierigkeiten studieren können, zumal das Maschinenbaustudium auch keine Zeit lässt, in den Semesterferien zu arbeiten."
"Ich habe kein BAföG bezogen. Ich bin ja ein Student der 68er Zeit. Ich hatte damals das Glück, dass meine Eltern das finanziert haben und ich nur als Werkstudent dazuverdienen musste."
Drei Stimmen aus den Siebziger- und Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts. Aus den damaligen Studierenden wurden: ein Architekt, eine Maschinenbauingenieurin, ein Professor. Zwei von ihnen haben das nur mithilfe des BaföGs geschafft.
BAföG, das steht für Bundesausbildungsförderungsgesetz, und die Abkürzung ist als fester Begriff für die monatlichen Unterstützungszahlungen vom Staat längst Standard in Deutschland geworden.
"Weil das BAföG dafür sorgt, dass wirklich jeder junge Mensch eine ganz solide Ausbildung machen kann", sagt Anja Karliczek, die amtierende Bundesbildungsministerin von der CDU:
"Ich glaube, wir sind viel zu wenig stolz auf die Solidität unserer Ausbildung. Denn gerade auch das BAföG war ja so eine Leerstelle, warum man damals gesagt hat: Da, wo die Eltern das nicht können, wo das Unterhaltsrecht oder wo der Unterhalt der Eltern das nicht hergibt, dass die Kinder wirklich auch eine gute Ausbildung machen können. Wir wollen allen eine solide, gute Ausbildung ermöglichen, wir übernehmen die Finanzierung – das ist wirklich eine tolle Sache und ist für das Thema Chancengerechtigkeit, glaube ich, ein ganz, ganz wesentlicher Baustein gewesen."
"Dürfen keine Gesellschaft der verkümmerten Talente werden"
Chancengerechtigkeit – das war auch das Schlagwort, mit dem der damalige Bundeskanzler Willy Brandt 1969 seine Regierungszeit begonnen hatte. Die sozial-liberale Koalition in der Bundesrepublik wollte den Blick darauf richten, dass jede und jeder die Chance haben sollte, das Beste aus seinen Anlagen zu machen:
"Wir dürfen keine Gesellschaft der verkümmerten Talente werden. Jeder muss seine Fähigkeiten entwickeln können. Im Bewusstsein der Verantwortung für die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes in den siebziger Jahren werden wir uns besonders intensiv der Ausbildung und Fortbildung sowie der Forschung und der Innovation annehmen. Dabei gilt es insbesondere, dass immer noch bestehende Bildungsgefälle zwischen Stadt und Land abzubauen."
Die Landstriche außerhalb der großen Städte wurden damals als "bildungsferne Regionen" bezeichnet – und auch dort sollten nach dem Willen der Bundesregierung höhere Qualifizierungen möglich sein.
Die Folge war eine politische Bildungsoffensive: mit zahlreichen Neugründungen von Universitäten, mit der Erfindung und Verbreitung der Fachhochschulen – und mit der staatlichen Studienfinanzierung, die im Bundesausbildungsförderungsgesetz geregelt wurde.
"BAföG ist das Schlüsselinstrument für mehr soziale Gerechtigkeit im Studium"
Im Wintersemester 1971 gab es die ersten Auszahlungen an Studierende. Rolf-Dieter Postlep, Präsident des Deutschen Studentenwerks, blickt zurück:
"Das BAföG ist sozusagen das Schlüsselinstrument für mehr soziale Gerechtigkeit im Hochschulstudium. Das war es am Anfang in besonderer Weise. In den Siebzigerjahren waren mehr als drei Viertel der Kinder von Nicht-Akademikern Studierende, die ein Studium begonnen haben. Heute sind es gerade ein Viertel. Und dass das so war in den Siebzigerjahren, das hing mit dem BAföG damals zusammen, was ja als Vollzuschuss bezahlt wurde."
Jedenfalls in den ersten Jahren bis 1974 – dann wurde, trotz heftiger Proteste, ein Darlehensanteil eingeführt, der später, nach dem Studium, zurückgezahlt werden musste. 1972 aber, ein halbes Jahr nach der BAföG-Einführung, bezogen 44 Prozent der Studierenden in Westdeutschland BAföG. Ein Höchststand, der nie wieder erreicht wurde. Rolf Dieter Postlep selbst gehörte damals nicht zu den Geförderten:
"Ich hatte damals das Glück, dass meine Eltern das finanziert haben und ich nur als Werkstudent dazuverdienen musste. Aber ich habe natürlich Freunde und Bekannte gehabt, die mir erzählt haben, wie schwierig es ist, BAföG zu beantragen, was man da alles beibringen muss. Wer da alles mitmachen muss elternseitig und so weiter. Das habe ich gehört. Ja, und zwar damals schon im Studium und später dann immer mal wieder."
"Fragen der sozialen Gerechtigkeit waren en vogue"
Dass öffentlich ein weitgehender Konsens darüber bestand, dass der Staat bedürftigen Studierenden – und übrigens auch Schülerinnen und Schülern – unter die Arme greifen sollte, das sei ein Kennzeichen der frühen 1970er Jahre gewesen, sagt Postlep:
"Fragen der sozialen Gerechtigkeit waren sozusagen en vogue. In der Regierungszeit von Willy Brandt war das ein wirklich gesellschaftspolitisch hoch relevantes Thema und insofern kam es ja auch richtig. Es war ja auch alles okay. Ich fand das wunderbar und fand es richtig."
Barbara Leyendecker gehörte zu den Allerersten, die in der Bundesrepublik von den neuen staatlichen Leistungen profitierten. Sie studierte seit 1969 in Aachen Maschinenbau, als damals einzige Frau unter 500 Männern. Bei einer Festveranstaltung zum 50-jährigen BAföG-Jubiläum berichtete sie von der damaligen Situation:
"Das war schon eine ganz große Errungenschaft für uns, dass wir alle unabhängig von der Finanzsituation der Eltern studieren konnten. Ich persönlich hätte wahrscheinlich nur mit großen Schwierigkeiten studieren können, zumal das Maschinenbaustudium auch keine Zeit lässt, in den Semesterferien zu arbeiten. Und insofern war das also politisch wirklich ein sehr, sehr großer Schritt."
"Da wurden schon Karrieren gemacht"
Die hohe Zahl der Geförderten damals machte den BAföG-Bezug zu etwas ganz Alltäglichem, sagt die mittlerweile im Ruhestand lebende Ingenieurin. Und zur Basis für erfolgreiche Bildungs- und Berufswege:
"Da wurden also wirklich schon Karrieren gemacht. Ein Freund war dann Professor an der Hochschule und eine Bekannte hatte dann noch ein ganz anderes Argument, was ich unglaublich gut fand: Sie kam vom Land, vom Bauernhof. Der Vater wollte gerne, dass sie in ein Büro geht, in der Umgebung. Und sie sagte: BAföG hat mir ermöglicht rauszukommen, also aus ihrem engen Umfeld raus und sie hätte auch sonst diese Mathematik, die sie studiert hat für das Lehramt, nicht studieren können. Und sie war später Schulrätin."
Und in der DDR? Auch dort gab es staatliche Studienunterstützung, sogar in größerem Umfang als in der BRD. So erhielten bereits 1962 vier von fünf Studierenden in der DDR ein staatliches Stipendium, ab 1981 bekamen sogar alle Hochschulstudentinnen und -studenten eine monatliche Überweisung vom Staat – unabhängig von der Situation der Eltern. Hinzu kamen teilweise noch Leistungsstipendien, Zulagen für Verheiratete oder für Studierende mit Kind. Und es gab 15 Mark Berlinzulage für alle diejenigen, die in der Hauptstadt der DDR studierten.
Einsatz für die sozialistische Gesellschaftsordnung
Viele Zahlungen waren allerdings an die Erwartung gekoppelt, dass sich die Studierenden aktiv für die sozialistische Gesellschaftsordnung einsetzten. Und auch in der BRD standen bei der BAföG-Einführung nicht nur die individuelle Chancengerechtigkeit, sondern auch gesamtgesellschaftliche Überlegungen im Mittelpunkt:
"Die Bundesregierung wird sich von der Erkenntnis leiten lassen, dass der zentrale Auftrag des Grundgesetzes, allen Bürgern gleiche Chancen zu geben, noch nicht annähernd erfüllt wurde. Die Bildungsplanung muss entscheidend dazu beitragen, die soziale Demokratie zu verwirklichen", so der damalige Bundeskanzler Willy Brandt.
Was als staatliche Ausbildungsförderung mit breitem Anspruch begann, wurde jedoch im Laufe der Jahre immer mal wieder umgebaut – und beschnitten. Zu den einschränkenden Maßnahmen gehörten unter anderem die Einführung eines Darlehensanteils 1974, der so genannte BAföG-Kahlschlag in den 1980er Jahren unter Helmut Kohl oder auch die Debatte kurz vor der Bundestagswahl 2006, als die damalige baden-württembergische Kultusministerium Annette Schavan für den Fall eines Wahlsiegs der CDU die Abschaffung des BAföGs ankündigte. Die CDU gewann, Schavan wurde Bundesbildungsministerin, ihre Streichungspläne konnte sie allerdings nicht durchsetzen.
Sinkender Anteil von BAföG-Empfängern
Doch das viele Hin und Her und die jahrelange fehlende Anpassung der Förderrichtlinien sorgten dafür, dass der Anteil der BAföG-Empfänger unter den Studierenden seit der Einführung deutlich gesunken ist. 1972 war der Höchststand mit 44 Prozent, 1981 war der Anteil bereits auf 33 Prozent gesunken. 1989, nach dem Kahlschlag und der Umstellung auf ein Volldarlehen, wurden nur noch 18 Prozent der Studierenden gefördert. Heute sind es noch knapp über 16 Prozent. Aber nicht etwa, weil es den Studierenden heute ökonomisch so viel besser geht als vor 50 Jahren, sagt Rolf-Dieter Postlep vom Deutschen Studentenwerk:
"Wir haben nach wie vor eine sehr ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung. Und der Bedarf an Studienfinanzierung, sagen wir mal auch in der unteren Mittelschicht, ist nach wie vor groß. Und wenn Sie heute gucken, dann muss man ja feststellen, bei dem starken Rückgang der BAföG-Empfänger, dass das eigentliche Ziel, bis hin in die untere Mittelschicht den Studenten das Studieren zu ermöglichen, dass das heute nicht mehr erreicht wird."
Hier sei eine Verschiebung des gesellschaftlichen Diskurses in den vergangenen fünf Jahrzehnten spürbar, sagt Rolf-Dieter Postlep:
"Es war ja eine kontroverse Situation. Es gab ja konservative Stimmen, die sagten: Müssen denn alle studieren? Es reicht doch, wenn sozusagen die Prozentzahlen der Studierenden, die wir jetzt haben, wenn die aufrechterhalten werden. Und das war ja relativ wenig. Und es gab die anderen Stimmen, die sagten: Erst einmal unter Bildungsgerechtigkeit, wer studieren kann, sollte es auch dürfen. Und dann kam aber das Erstaunliche, dass eben auch die Wirtschaft festgestellt hat von den Arbeitsplätzen her: Wir brauchen mehr Akademiker. Also es ist keine sozialpolitische Diskussion allein, sondern es ist auch eine wirtschaftspolitische Diskussion. Und ich glaube, das war der Durchbruch, weshalb man dann die Hochschulen ausgebaut hat, Fachhochschulen geschaffen hat, den Zugang zum Studium gefördert hat und so weiter."
Positive Langzeitfolgen
Aus heutiger Sicht lässt sich konstatieren: Die BAföG-Einführung hatte positive Langzeitfolgen. Etwa bei Albert Urig, der in den 1980er Jahren Architektur in Kaiserslautern studierte. Fünf Jahre lang bekam er die Studienfinanzierung ausgezahlt.
"Ja, BAföG war für mich die Voraussetzung, dass ich überhaupt eine Universität von innen sehe. Da wurden ja die Weichen gestellt in der Schule: Also, man muss sich die Schule damals so vorstellen, dass nicht das Fördern im Vordergrund stand, sondern die Auslese.
Ich habe damals verstanden, dass nicht jeder die gleichen Chancen hat, sondern dass man sich anstrengen muss und BAföG war für mich damals dann die Voraussetzung, überhaupt studieren zu können. Also ich kam aus einer Familie ohne akademische Tradition, so wie die meisten damals. Ich glaube, ich bin relativ typisch für die damalige Zeit, wir waren ja die geburtenstarken Jahrgänge. Wir kamen also in Massen auf die Gymnasien. Ich kann mich erinnern, in der fünften Klasse waren wir vierundvierzig Schüler. Ja, das muss man sich vorstellen. Und der erste Satz des Lehrers war zu den Eltern: ‚Machen Sie sich keine Sorgen. In kurzer Zeit ist nur noch die Hälfte hier.‘"
Kein Almosen, sondern Rechtsanspruch
Da habe sich in der Schule schon angedeutet, dass der Trend weggehe vom Gemeinschaftsdenken hin zum individuellen Leistungsanspruch. BAföG sei immer der Versuch gewesen, hier gegenzusteuern:
"Die Menschen damals haben verstanden, was das BAföG eigentlich bedeutet. Es ist nicht nur das Materielle. Ich hätte auch vielleicht studieren können ohne die materielle Unterstützung. Aber das BAföG hat damals den Menschen signalisiert: Die Gesellschaft will, dass heute die, die Talent haben, auch gefördert werden. Das war auch eine politische Geschichte gewesen. Also, es war so ein Donnerschlag gewesen, diese Einführung des BAföG. Das war dann nicht mehr... kein Almosen, also etwas, was man halt bekommt. Sondern: Man hat einen Rechtsanspruch auf Förderung. Das war, glaube ich sehr, sehr entscheidend", so Urig.
Heute weht bildungspolitisch ein anderer Wind. Die Bundesregierung stellt das BAföG zwar nicht grundsätzlich infrage, will aber mit Stipendienprogrammen wie dem Deutschlandstipendium eine zweite Säule der Studienfinanzierung aufbauen – mit privater Hilfe, aber ohne Rechtsanspruch. Und das gehe auch gar nicht zu Lasten des BAföGs, argumentiert Bundesbildungsministerin Anja Karliczek:
"Wir haben ja in dieser Legislaturperiode eine dreistufige BAföG-Reform gemacht, sodass wir gesagt haben, wir kommen dann in der dritten Stufe bei voller Förderung auf 861 Euro plus Kindergeld. Also das ist, denke ich, schon etwas - das ist, glaube ich ein, ich sage mal: ein fairer Deal für die, die wirklich das BAföG brauchen, die von zuhause nicht unterstützt werden können."
"Nicht immer nur an der Preisschraube drehen"
Manchmal wird klar: Das BAföG gehört nicht unbedingt zu Anja Karliczeks Lieblingsthemen. Etwa dann, wenn ihr die fehlenden BAföG-Erhöhungen der letzten Jahre, vor der Anpassung von 2019, immer wieder vorgehalten werden. Oder wenn ihr vorgerechnet wird, dass die Wohnkostenpauschale von aktuell 325 Euro in den meisten Studentenstädten nicht einmal ansatzweise für ein WG-Zimmer reicht, geschweige denn für eine eigene Wohnung. Karliczek will lieber nach vorne schauen – und nicht nur ausschließlich über Förderhöchstsätze reden.
"Wir müssen ja jetzt nicht immer nur an der Preisschraube drehen und immer sagen: Wir müssen im Grunde die Regelsätze erhöhen, sondern wir müssen, glaube ich, in der nächsten Legislaturperiode uns sehr stark mal mit den Strukturen auseinandersetzen, wie wir, ich sage mal, die finanzielle Struktur so flexibel kriegen, dass sie zu der realen Struktur im Hintergrund gut passt."
"Es war genug Zeit da, etwas zu tun"
Für die nächste Legislaturperiode? Studentenwerks-Präsident Rolf-Dieter Postlep verpackt seine Verärgerung über fehlende BAföG-Reformen diplomatisch:
"Das Erstaunliche ist ja nur, dass das jetzt kommt und nicht zu Beginn der Legislaturperiode. Es war ja genug Zeit da, etwas zu tun und wir haben ja immer wieder darauf hingewiesen. Wir haben es ja auch gefordert und es ist ja eigentlich relativ wenig passiert. Jetzt hat man eine Anpassung vorgenommen, die aber zu gering war die letzten drei Jahre. Der Bedarf, dass sich etwas ändern muss, der war auf jeden Fall da. Der konnte auch politisch wahrgenommen werden. Wir als deutsche Studentenwerke haben den immer wieder formuliert, er ist aber nicht gehört worden. Und jetzt am Ende zu erklären, man will ihn hören - naja, gut, das muss man politisch bewerten."
Diese politischen Diskussionen haben ganz konkrete Auswirkungen. Das zeigt sich in Hamburg an der Grindelallee 9, im Beratungszentrum Studienfinanzierung des Studierendenwerks Hamburg. Birte Aye leitet die Einrichtung.
"Man kann ganz grob sagen, dass in einer Bundesrepublik die Studienfinanzierung eine Mischfinanzierung ist. Das Geld kommt aus verschiedenen Quellen und eine ganz wichtige Quelle ist immer noch der Unterhalt der Eltern. Also 87 Prozent aller Studierenden bekommen Unterhaltsleistungen von den Eltern. Etwas über 400 Euro ist der durchschnittliche Betrag, den die Eltern leisten. Also, viele können natürlich auch gar nicht so viel leisten. Also das ist sehr unterschiedlich, je nach der finanziellen Situation der Eltern."
Grundsätzliche Skepsis
Und genau dann komme das BAföG ins Spiel. Doch bei vielen Studierenden gibt es eine grundsätzliche Skepsis. Ist der ganze Antrag nicht zu bürokratisch? Lohnt sich das denn wirklich, auch wenn es nicht den Höchstsatz bei der Förderung gibt? Und: Soll ich mich wirklich verschulden während des Studiums, so dass ich zum Berufsstart mit bis zu 10.000 Euro im Minus bin?
"Ich selbst habe BAföG bekommen und kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, dass in dem Moment, wo man BAföG zurückzahlen muss, man das auch kann, weil wenn man es nicht zurückzahlen kann, weil man vielleicht gerade in der Familienplanung ist, also gerade Kinder bekommen hat oder gerade nicht so viel verdient, dann kann man die Rückzahlung auch aufschieben. Also deshalb lohnt sich BAföG in jedem Fall."
Wer über die gesamte Studiendauer den Höchstsatz erhält, kann aktuell rund 40.000 Euro bekommen. Zurückgezahlt werden muss davon gerade mal ein Viertel. Eigentlich ist das ein ziemlich guter Deal für Studierende. Und trotzdem: Ungefähr die Hälfte derjenigen, die zumindest theoretisch eine Chance auf BAföG hätten, stellt erst gar keinen Antrag. Woher kommt diese Zurückhaltung? Rolf-Dieter Postlep:
"Die berühmten bildungsfernen Schichten, für die ist natürlich die Vorstellung, 10.000 Euro Kredit am Anfang seines Berufslebens zu haben, das ist einfach eine Barriere. Das ist so, ja."
Bildung als Weg der persönlichen Entwicklung
In gewisser Weise, sagt Rolf-Dieter Postlep, sei damit eines der Ziele immer noch nicht erreicht, mit dem Willy Brandt und die Bundesregierung vor fünf Jahrzehnten angetreten waren: Akademische Bildung als selbstverständlichen, wertvollen und für alle Menschen leicht zugänglichen Weg der persönlichen Entwicklung im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern. Mit konkretem Nutzen für den Einzelnen – und für das Land.
"Der Ausbau der Hochschulen muss verstärkt vorangetrieben werden, um eine kurzfristige Erweiterung der Kapazitäten der Hochschulen zu erreichen. Die Hochschulreform ist aber nur ein Teil der vor uns liegenden Reformen unseres allgemeinen Bildungswesens. Die Bildungspolitik kann und darf nicht mehr nach Ausbildungsstufen isoliert betrachtet werden. Bildung, Ausbildung und Forschung müssen als ein Gesamtsystem begriffen werden, das gleichzeitig das Bürgerrecht auf Bildung sowie den Bedarf der Gesellschaft an möglichst hoch qualifizierten Fachkräften und an Forschungsergebnissen berücksichtigt."
So gesehen ist das BAföG auch 50 Jahre nach seiner Einführung immer noch dringend notwendig.