Archiv


50 Jahre Solarzelle

Genau heute vor 50 Jahren präsentierten die renommierten Bell Labs die erste Solarzelle. Damals wandelte diese Art "Sonnenbatterie" gerade einmal sechs Prozent des Sonnenlichts in Strom um - der Durchbruch kam erst Jahre später. Doch wenn man bedenkt, dass die Sonne uns jeden Tag den Energiebedarf von acht Jahren liefert - und das auch noch gratis - liegt das Potential der Solarenergie nach wie vor brach. Der Grund: die hohen Erzeugungskosten. Eine Kilowattstunde Strom aus einem Solarstromkraftwerk ist noch immer um ein vielfaches teurer als aus einem konventionellen Kraftwerk. Doch die Solartechniker geben nicht auf, in zehn bis 15 Jahren rechnen sie mit marktgerechten Preisen. Das größte Solarkraftwerk der Welt mit einer Gesamtleistung von 64 Megawatt soll nun in Portugal entstehen bis zum Jahr 2009. Doch bis dahin wird das sächsische Dorf Mölbis, südlich von Leipzig, Spitze sein. Hier liegt die Energie-Wende buchstäblich in der Luft.

von Mark Michel |
    Beschaulich, klein und vor allem sauber. Die Straßen sind neu gemacht und auf den Feldwegen hoppeln ab und an ein paar Hasen umher. Gleich hinter dem Ort türmen sich Unmengen von Erde zu einem künstlichen Berg auf. Der Berg, eine ehemalige Tagebauhalde, ist Überrest aus vergangenen, dunklen Zeiten. Denn vor 20 Jahren hatte Mölbis den Ruf ‚das verschmutzteste Dorf Europas‘ zu sein. Braunkohletagebau und Braunkohleveredlung prägten und vor allem verschmutzten das Dorf. Heute ist die Luft wieder sauber und die Tagebaulandschaft wandelt sich. Wo früher nach Braunkohle gebaggert wurde, entsteht nun das größte Solarstromkraftwerk der Welt. Auch Jürgen Frisch, der Bürgermeister von Mölbis und Espenhain begrüßt den Wandel:

    Natürlich war es hier mitunter schlimm, natürlich waren die Menschen hier belastet und beeinträchtigt von diesen gigantischen Industrieanlagen, vom Schmutz der von diesen Industrieanlagen ausging. Aber ich denke, wir müssen weg davon, von diesem Szenario hinterherzuschauen. Wir müssen nach vorn schauen, wir müssen zu neuen Technologien, wir müssen zu neuen Überlegungen. Und in diesem Zusammenhang kommt uns ein Projekt wie ein Solarstromkraftwerk natürlich gerade recht. Wir betrachten dieses Kraftwerk als maßgeblichen Baustein zum Imagewandel in dieser Region.

    Hinter dem Vorhaben stecken die Berliner Projektentwickler Geosol. Geosol hat sich sich auf die Entwicklung von Solarstrom-Großanlagen spezialisiert. Gero Hollman, Chef von Geosol, zur Anlage in Mölbis:

    In der Tat ist es das derzeit weltgrößte Solarstromkraftwerk, nach unseren Informationen auch bis zur Erstellung der Anlage. Ende Juli, Anfang August wird die Anlage in Betrieb gehen. Bis dorthin wird es zumindest keine größere Anlage in der Welt geben. Das wird sich sicherlich in den nächsten Jahren ändern. Wir haben 33 500 Module a 150 Watt vom Hersteller Shell, Shell Solar. Heißt letztendlich dann 5 Megawatt, also 5000 Kilowatt als installierte Leistung. Kraftwerksfläche rund 16 ha, wobei die 16 ha nicht insgesamt durch die Solarmodule belegt sind, sondern zwischen den Modulreihen gibt es 12 bis 14 m Reihenabstand.

    Dass man ausgerechnet Mölbis als Standort für die Anlage wählte, ist kein Zufall. Denn laut Deutschem Wetterdienst gibt es um Mölbis und Espenhain herum ein so genanntes Sonnenloch:

    Wir sind ja Projektentwickler und Initiator von Solarstromkraftwerken in der Megawatt-Klasse, also die ganz großen Solarstromkraftwerke. Und für uns ist es natürlich wichtig, eine Region auszusuchen, die besonders strahlungsintensiv ist, das heißt dort, wo die Sonne besonders intensiv strahlt. Nicht nur die Sonnenscheindauer ist hier ausschlaggebend, sondern die Intensität. Und der Südraum von Leipzig zieht sich bis Gera und Chemnitz runter, und wenn man diese Region betrachtet ist der ähnlich strahlungsintensiv wie der Nordraum von Bayern.

    Und noch etwas war wichtig für Standortwahl. Gero Hollmann von Geosol:

    Das heißt, wir haben uns relativ schnell für diese Region entschieden, und auf der Standortsuche sind wir dann schnell auf diese Fläche hier bei Mölbis gestoßen, die sich dazu stark eignet, weil es eben eine Sonderfläche ist. Sonderfläche heißt hier in dem Fall: ein ehemaliges Braunkohlebecken. Wir wollen eben ganz bewusst nicht landwirtschaftliche Flächen für Solarstromanlagen nutzen, sondern eben Sonderflächen die anderweitig nicht nutzbar sind.

    Wenn das Solarkraftwerk im Sommer in Betrieb geht, können 1800 Haushalte mit weitgehend emissionsfrei gewonnener Energie versorgt werden. Auch beim eigentlichen Bau der Anlage geht man innovativ und ökologisch bewusst vor:

    Und die Gestelle selber: wir verwenden hier Holzgestelle aus Rubinienholz im so genannten Raumfachwerk-Verfahren. Rubinienholz selber ist ja ein heimisches Holz, als falsche Akazie bekannt und ist extrem widerstandskräftig. Das heißt wir haben hier eine Situation, gerade insbesondere mit der Kohle, dass das Holz in den Boden hinein gesenkt werden kann, dort verbleibt es eben über 20, 30 Jahre und ist in keiner Weise zerstört oder angegriffen. Und wir haben keine Bodenversiegelung mit Betonfundamenten.

    Das Solarstromkraftwerk in Mölbis ist als fast wartungsfreie Anlage konzipiert. Gerade mal zwei Menschen werden hier den Betrieb der Anlage überwachen. Zusätzlich wird noch ein Schäfer mit seiner Herde die Grünflächen beweiden. Für die Region entstehen zwar so keine dauerhaft neuen Arbeitsplätze, doch man ist in Mölbis froh, nicht mehr das dreckigste Dorf Europas zu sein.