Archiv

50. Todestag des Ornithologen Bengt Berg
Umstrittener Pionier der Tierfotografie

Der schwedische Ornithologe, Tierfotograf und Autor Bengt Berg vermittelte lange vor Sielmann oder Grzimek die Schönheiten der Natur massenmedial: Seine Bücher erreichten Millionenauflagen, seine Filme liefen über Wochen in ausverkauften Kinos. Nach dem Krieg wurde Berg wegen seiner NS-Sympathien in Schweden zur persona non grata.

Von Dagmar Röhrlich |
    Das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig fotografiert am 28.07.2015 in Bonn (Nordrhein-Westfalen). Foto: Oliver Berg/dpa (zu lnw-KORR vom 19.09.2015) | Verwendung weltweit
    Das Zoologische Forschungsmuseum Koenig in Bonn. Hier arbeitete der schwedische Tierfotograf Bengt Berg eng an der Seite von Museumsgründer Koenig (dpa)
    Ein Diorama im Bonner Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig. Die beiden Mornellregenpfeifer scheinen sich ganz auf ihr am Boden verborgenes Nest zu konzentrieren. Es ist zwischen den Moosen, Flechten und Steinen kaum zu entdecken.
    "Das ist ein originales Lebensbild, das Bengt Berg geschaffen hat. Und alle Zutaten dazu hat er aus Schwedisch Lappland gesammelt und zu diesem Bild komponiert."
    1909 war diese Herangehensweise eine Pioniertat, erzählt Rainer Hutterer, der das Archiv des Museums leitet: "Bengt Berg wurde 1885 in Schweden geboren. Und er hat dann bei verschiedenen Präparatoren zum Beispiel in Göteborg gelernt."
    Bonn als wichtige Wirkungsstätte
    Bengt Magnus Kristoffer Berg war Schulabbrecher. Er wollte jedoch Konservator werden, sich ganz seiner Leidenschaft widmen: den Tieren. Und so schrieb er – auf Rat eines Präparators in Göteborg - an den Bonner Ornithologen Alexander Koenig, der gerade sein Museum aufbaute.
    "Bengt Berg hatte nämlich die Idee, aus der Natur originale Materialien zu sammeln, also die Flechten, die Moose, die Steine, die Stöcke usw. und die Vögel. Und aus diesen Materialien einen Lebensraum zu bauen und da rein das Präparat zu setzen. Und diese Idee hat er in einem Brief an Alexander Koenig geschildert."
    Alexander Koenig war begeistert und stellte Bengt Berg als Assistenten ein. Zwischen 1909 und 1913 schuf der Schwede viele liebevoll gestaltete Dioramen, erzählt Götz Rheinwald, der bis zu seiner Pensionierung mehr als 30 Jahre als Ornithologe am Museum Koenig tätig war:
    "Als diese ganze Idee verwirklicht war, hat er dann die Lust am Museum Koenig verloren, hatte aber genügend Sprungbrett, um dann auch was Eigenes zu machen."
    Berg widmete sich von nun an der Naturdokumentation - in Büchern und mit der Kamera. Er reiste um die Welt - in den Sudan, nach Ägypten, Zentralasien – und wurde zum Pionier der Tierfotografie. Dazu Rainer Hutterer: "Er hat auch die Welt der Kameras revolutioniert, teilweise mithilfe von anderen Leuten, die Erfindungsgabe hatten und ihm dann die Sachen überließen. Also, er hat sich alles Mögliche ausgedacht, um an die Nester von seltenen Vögeln zu kommen. Im Himalaja hat er Fesselballons aufsteigen lassen, mit denen er an die Klippen hochgeflogen ist, um eben Fotos direkt aus den Nestern zu machen. Dabei ist auch einmal abgestürzt."
    Er starb vermögend, aber verbittert
    Berg gelangen für die damalige Zeit sensationelle Aufnahmen, die seine Bücher wie "Mein Freund der Regenpfeifer" aus dem Jahr 1917 zu Publikumserfolgen machten, so Götz Rheinwald:
    "Also, er hat in Afrika fotografiert und auch seine ersten Filme gedreht. Das war eine neue Idee. Man müsste eigentlich mit einer Filmkamera mal in Afrika die Tiere dort, wo sie herkommen, fotografieren."
    Er setzte sich für den Tierschutz ein, wandte sich gegen das Trockenlegen von Sumpfgebieten, wetterte gegen die Gier des Menschen, der die Natur verdränge. Doch sein Charakter war schwierig: Er konnte charmant sein, ein fesselnder Unterhalter, aber auch rücksichtslos, schroff und herrisch, so Rainer Hutterer:
    "Er suchte die Nähe von Machtmenschen, weil er selber sich wahrscheinlich auch so fühlte."
    Bengt Berg sympathisierte mit den Nationalsozialisten, mit Hermann Göring[*] verband ihn die Leidenschaft für die Jagd. Dazu Götz Rheinwald:
    "Also, er war durchaus, ja sagen wir es ruhig, ein Opportunist, denn er wollte schließlich was erreichen, und das bisschen politischen Ballast, den er da mit anhäufen musste, der hat ihn nicht interessiert."
    Seine Nähe zu den Nationalsozialisten machte ihn in Schweden zur Persona non grata. Und so zog er sich nach dem Krieg verbittert, aber vermögend zurück, verwandelte seinen südschwedischen Landsitz Gut Eriksberg in einen heute noch sehr beliebten Tier- und Naturpark. Am 31. Juli 1967 starb er an einem Herzinfarkt. Kurz vor seinem Tod hatte er geschrieben: "Beurteilt nicht meine Person, sondern das Werk, das ich hinterlassen habe."
    So seine Filme, die Zeitzeugnisse sind für die frühe Tierdokumentation. Dazu gehört, dass in Schweden immer noch Seeadler brüten, denn er setzte ihren Schutz durch. Und dazu gehört, dass Kanadagänse halb Europa besiedeln. Er hatte sie nach Eriksberg eingeführt, und ein paar von ihnen sind entwischt ...

    [*] Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle wurde gegenüber der Sendefassung ein Fehler korrigiert: Bengt Berg teilte die Leidenschaft zur Jagd nicht mit Joseph Goebbels, sondern mit Hermann Göring.