Nach kurzem Gebet geht es ins Bergwerk. Mit dabei neben festen Schuhen, einer Lampe und dem Schutzhelm, der sogenannte Filterselbstretter, eine Atemhilfe für den Notfall. Der Steiger Michael Köppl erklärt:
"Das ist für den Fall, wenn es brennt und irgendein Gas austritt und es ist noch Sauerstoff in der Umgebungsluft, dann kann man mit dem Filterselbstretter, den kann man aufsetzen und dann kann man eben nach Übertag flüchten."
40 Kilometer langes Stollennetz
Morgens um sechs Uhr ist Schichtbeginn. Dann fahren die Bergleute in den Stollen - wobei - wenn ein Bergmann "fahren" sagt, meint er "gehen" und Treppen steigen und das nicht zu knapp. Im Schnitt geht jeder Bergmann täglich mehrere Kilometer unter Tage, um zu seinem Arbeitsplatz zu kommen oder die Stollen und Leitungen zu kontrollieren. Im Salzbergwerk Berchtesgaden gibt es ein 40 Kilometer langes Netz von Stollen auf verschiedenen Ebenen. Schließlich wird hier schon seit 500 Jahren Salz abgebaut. Da könnte man den Eindruck haben, der Berg ist so löchrig wie ein Schweizer Käse, doch der Betriebsleiter Raimund Bartl meint:
"Früher, muss man sich vorstellen, hat man viel mit der Hand gearbeitet, entsprechend langsam kam man voran, wir haben Hohlräume, wir haben zwar fünf Abbauhorizonte, aber die Lagerstätte ist noch für viele Generationen da."
Während die Bergleute früher pro Tag nur um Zentimeter vorankamen, geht es heute mit modernen Maschinen deutlich schneller vorwärts, um vier bis fünf Meter pro Schicht.
In einer der Hallen unter Tage werden Lecksteine für Landwirte und Jäger abgebaut. Zwei Mitarbeiter fertigen daneben auch aus den grauen und roten Steinen Salzlampen für den Souvenir Shop. Einer von ihnen ist Peter Koller:
"Die Form ist wurscht, aber es soll halt das Bohrloch für die Birne Platz haben und einigermaßen gut ausschauen soll es. Sonst kaufen es die Leute nicht."
Größter Arbeitgeber in Berchtesgaden
Noch wichtiger als Lecksteine und Salzlampen ist allerdings die Sole, die im Bergwerk gewonnen wird. Dazu wird an bestimmten Stellen Süßwasser ins salzhaltige Gebirge geleitet. Das Gestein löst sich. Es entsteht die Sole, die aus dem sogenannten Bohrspülwerk abgepumpt wird. Über Kilometer lange Leitungen geht es nach Bad Reichenhall in die Saline. Dort wird die Sole erhitzt, das Wasser verdampft, übrig bleibt das Salz, das bekannte Reichenhaller Markensalz. Marketingleiter Peter Reber-Botzleiner schränkt ein:
"Die Speisesalzproduktion ist nur ein Teil unserer Produktion. Wir stellen jährlich in Bad Reichenhall 300.000 Tonnen her, der kleinere Teil ist Speisesalz, es gibt andere Anwendungen im gewerblichen Bereich, zum Beispiel in der Chemieindustrie für Elektrolyse oder Straßensalz."
Im Bereich des Speisesalzes sind die Reichenhaller Marktführer, die Produkte werden europaweit und nach Japan verkauft. Das Salzbergwerk mit seinen rund 100 Mitarbeitern ist in Berchtesgaden nach wie vor der größte Arbeitgeber und das wird wohl auch noch eine ganze Zeit lang so bleiben. Vor dem Trend "Industrie 4.0" brauchen die Beschäftigten dem Betriebsleiter Bartl nach keine Sorge zu haben:
"Ein alter Bergmannsspruch lautet: Vor der Hacke ist es duster. Und es gibt viel Unvorhergesehenes. Insofern ist es notwendig, dass hier immer wieder Mitarbeiter da sein müssen. Wir haben viele Kavernen und Stollen, die müssen kontrolliert werden."
Betrieb schreibt schwarze Zahlen
In Berchtesgaden wird wohl noch viele Jahre Salz abgebaut werden. Eigentümer des Bergwerks und der Reichenhaller Saline war bis zur Privatisierung 1991 der Freistaat Bayern. Mittlerweile gehören beide Betriebe zum SWS Konzern in Heilbronn, der Südwestdeutschen Salzwerke AG. Über den Umsatz schweigt sich das Unternehmen aus, nur so viel: Der Betrieb schreibt wieder schwarze Zahlen. Wie hoch das Ergebnis ausfällt, hängt auch vom Wetter ab, und zwar genauer gesagt vom Winter. Denn bei milden Temperaturen wird weniger Auftausalz für die Straßen gebraucht, als bei einem strengen Winter.