Im Zentrum des Bildes, das 1541 fertiggestellt wurde, ist Jesus Christus zu sehen, hinter dem die Sonnenscheibe zu erkennen ist. Er ist die Mitte der Welt, was genau der Idee von Michelangelos Zeitgenossen Nikolaus Kopernikus entspricht.
Vor Michelangelo waren in Szenen des Jüngsten Gerichts die drei Teile des Universums entsprechend der Vorstellung einer flachen Erde dargestellt worden: Unter der Erde war die Hölle, über ihr der Himmel. Die damals bekannte Welt bestand aus geraden Schichten und nicht runden Strukturen.
Als Gegenargument für einen Bezug zu Kopernikus gilt meist, dass das wichtigste Buch des Thorner Astronomen erst zwei Jahre nach der Fertigstellung des Jüngsten Gerichts erschienen ist.
Doch die Ideen des heliozentrischen Weltbildes, nach der die Sonne im Zentrum der Welt steht, kursierten schon Jahrzehnte vorher. Papst Clemens VII. hat sich im Juni 1533 die Ideen des Kopernikus zur Bewegung der Erde erklären lassen.
Nur drei Monate später kam er mit Michelangelo zusammen, um die Konzeption des Bildes zu besprechen. Auch dem Künstler war die Idee von der Sonne in der Mitte bekannt. Vielleicht ist sein Fresko in der Sixtinischen Kapelle auch ein ganz modernes Welt-Bild.