"Nous sommes très contents de vous recevoir à Ittersdorf."
Pauline ist sechs Jahre alt. Sie bringt die Begrüßungsformel in der fremden Sprache fehlerfrei über die Lippen. Und im Stuhlkreis antworten die Kita-Kinder auf die Fragen ihrer französischen Erzieherin.
"Amélie est là?" "Elle n'est pas là!"
Die Kita Ittersdorf ist eine von über 200 Kindertagesstätten, die im Saarland ein zweisprachiges Konzept verfolgen und dafür französischsprachige Muttersprachler einstellen. Tiziana redet ausschließlich Französisch.
"Ich arbeite viel mit den Händen, damit auch die Kleinsten es verstehen: Ich mache halt die entsprechenden Gesten fürs Essen oder fürs Trinken und die Kinder kriegen das alles mit."
Lob von der EU-Kommission für das Saarland
Die Kindertagesstätten sind ein Beispiel dafür, was möglich ist, wenn wie im Saarland der Entschluss gefasst wird, die Grenzlage in praktische Politik umzusetzen. Dafür wurde das kleine Bundesland von der EU-Kommission ausdrücklich gelobt. Europaminister Stephan Toscani:
"Wir sind sehr stolz darauf, dass die EU-Kommission die Frankreichstrategie des Saarlandes als Vorbild, ein Best-Practice-Beispiel würdigt, wie eine Grenzregion durch ihr eigenes Engagement dazu beitragen kann, die Grenze durchlässiger zu machen."
30 Prozent der europäischen Bevölkerung leben in Grenzregionen, aber sie schöpfen ihr Potenzial nicht aus. Auch das hat die EU-Kommission festgestellt. Und das hängt nicht selten daran, dass die Hauptstädte in den jeweiligen Ländern bei Gesetzgebungsvorhaben nicht daran denken, wie sich diese an den Grenzen auswirken.
Bei Gesetzen wird der Nachbar nicht immer mitgedacht
Für grenzüberschreitend arbeitende Unternehmen resultierten daraus nicht selten Hürden, die den Zugang zum benachbarten Auslandsmarkt erschweren und kostenintensive administrative Belastungen. Beispiele dafür gäbe es leider genügend, sagt der Geschäftsführer von Möbel Martin, Michael Karrenbauer.
"Die Maut von Herrn Dobrindt ist eindeutig eine Marktzugangsbarriere für unsere französische Kunden und die Umsetzung der europaweiten Entsenderichtlinie durch das französische Recht ist fast schon ein bürokratisches Monster in seiner ersten Ausprägung, die es uns erheblich erschwert, nach Frankreich hin Geschäfte zu machen."
Zwar ist es den Kammern und den betroffenen Ländern, dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, im Hinblick auf die Entsenderichtlinie gelungen, mit Paris an praktikableren Lösungen für den Grenzraum zu feilen, aber wirklich zufriedenstellend sei es noch nicht, sagt der Möbelhändler, der täglich nach Frankreich ausliefert.
"Es bleibt bei erheblichen administrativen Aufwendungen und wir fragen uns, ob da nicht über das Ziel hinausgeschossen wird. Und wir sind ein Unternehmen, das seine Mitarbeiter ordentlich bezahlt, bei uns gibt es kein Lohn- oder Sozialdumping. Und das könnte man hier bei uns sehr viel einfacher feststellen als über ein so aufwändiges bürokratische Verfahren."
Hoffnung auf Neuauflage des Élysée-Vertrags
Korrekturen an bestehenden Regelungen seien immer schwierig, so Karrenbauer, und führten auch nur selten zum Ziel. Das weiß auch Europaminister Stephan Toscani. Er hofft, dass es den beiden Parlamenten bei der Neufassung des Élysée-Vertrages gelingt, die besondere Situation der Grenzregionen vertraglich zu verankern.
"Was uns helfen würde, wäre bei Verabschiedung von Gesetzen ein Grenzraumscheck. Zum anderen plädieren wir dafür, dass wir mehr Flexibilität in den Grenzregionen bekommen, das heißt, dass es Öffnungsklauseln und Ausnahmeregelungen gibt, die uns in den Grenzregionen das Leben leichter machen würden."
Vorgesehen ist in der Resolution vom Bundestag und der französischen Nationalversammlung zum Beispiel eine Stärkung der sogenannten Eurodistrikte. Das sind geographische Einheiten, bestehend aus Städten und Gemeinden beiderseits der Grenzen, die mit bescheidenen Budgets zum Beispiel kulturelle Projekte unterstützen.
Wünschenswert aber wäre, wenn die Distrikte als eigenständige Rechtspersonen mehr Kompetenzen bekämen.