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56. Biennale
"Nur in Venedig kann man das gesamte Feld der zeitgenössischen Kunst erleben"

Als Leiter der documenta 2002 richtete er den Blick auf die nicht-westliche Kunst. Nun wird der Nigerianer Okwui Enwezor, zurzeit Direktor des Münchner Hauses der Kunst, 2015 die künstlerische Leitung der 56. Biennale übernehmen. Besonders wichtig ist ihm der globale Charakter der Ausstellung.

Okwui Enwezor im Gespräch mit Stefan Koldehoff |
    Stefan Koldehoff: Trotz immer neuer Kunstfestivals auf der ganzen Welt und Rekord-Besuchszahlen in vielen Museen gibt es wohl zwei Jobs auf der Welt, die für jeden zeitgenössischen Kurator so etwas wie den Olymp darstellen: die Leitung der Weltkunstausstellung documenta, die seit 1955 alle fünf Jahre in Kassel stattfindet, und die der Biennale von Venedig, die es alle zwei Jahre gibt - seit 1895 schon.
    Die documenta hat er schon einmal geleitet, 2002 nämlich, und dabei den Blick auf die nicht-westliche Kunst gerichtet. Und die Biennale von Venedig – das steht seit heute fest -, die wird er 2015 als künstlerischer Leiter überantwortet bekommen: Okwui Enwezor, 1963 in Nigeria geboren und seit drei Jahren Direktor im "Haus der Kunst" in München. – Frage dorthin: Nach Konzepten für 2015 oder gar nach Namen muss ich Sie heute wahrscheinlich noch nicht fragen, Herr Enwezor, that wouldn’t make any sense. Or does it?
    Okwui Enwezor: Thank you so much. Yes, that wouldn’t make any sense. Thank you so much!
    Koldehoff: Welche Bedeutung hat ein Projekt wie die Biennale von Venedig überhaupt noch in einer globalisierten und virtualisierten Welt?
    Enwezor: Ich denke, die Biennale von Venedig ist wirklich einzigartig unter den internationalen Kunstausstellungen dieser Art, nicht nur wegen des langen Zeitraums, in dem die Kunst ausgestellt wird, sondern weil Venedig eine Art Plattform bildet, auf der die Kunst in ihre Vollständigkeit verstanden werden kann.
    Ich glaube, Venedig bildet tatsächlich eine Ausnahme, denn trotz dieses völlig anachronistischen Konzepts der nationalen Pavillons sind sie nur in Venedig wirklich sinnvoll. Und dieser Anachronismus lässt auch die Globalisierung sinnfällig werden, weil genau dort sich so viele nationale Ausprägungen zeigen. Nur dort kann man wirklich das gesamte Feld der zeitgenössischen Kunst erleben.
    Koldehoff: Also werden Sie nicht der erste Kurator sein, der die nationalen Pavillons schließt?
    Enwezor: Nein, ich denke, das werde ich nicht sein.
    Koldehoff: Da Sie gerade schon gesagt haben, es hat keinen Zweck, Sie nach Konzepten konkret, oder gar nach Namen zu fragen, lassen Sie es mich anders herum versuchen. Ihre documenta 11 2002 war auch der erfolgreiche Versuch, die Konzentration auf westliche Kunst zu beenden, zu zeigen, was es sonst noch gibt auf der Welt. Ist das immer noch ein Thema, oder hat die Kunstwelt das inzwischen verstanden?
    Enwezor: Ich denke, dass die Kunstwelt sich seit 2002 sehr verändert hat, besonders was die damalige Verunsicherung angeht. Die documenta 11 war Teil einer weiterführenden Diskussion, und ich würde sagen, dass diese noch nicht abgeschlossen ist. Doch was die documenta 11 zeigen wollte, ist heute längst allgemeines Gedankengut.
    Ich denke, die Biennale von Venedig und die documenta sind sehr unterschiedliche Ausstellungen, aber trotzdem muss man sehen, dass bei so vielen nationalen Pavillons der globale Charakter dieser Ausstellung gewissermaßen schon in der Struktur angelegt ist. Also muss man darüber hinaus noch andere Ideen entwickeln.
    Koldehoff: Good luck and good nerves.
    Enwezor: Thank you so much! I’m looking forward to it.
    Koldehoff: Okwui Enwezor, seit heute neuer künstlerischer Leiter der Biennale von Venedig. Das Gespräch haben wir, Sie haben es gemerkt, vor dieser Sendung aufgezeichnet, um es übersetzen zu können.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.