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6. IPv6-Kongress
Mehr Platz fürs Internet mit IPv6

IP-Adressen im Internet sind wie Anschriften auf Briefen. Die Regeln dafür stehen in Internetprotokollen wie IPv4, was gut vier Milliarden kennt. Doch da wird es nun eng. Um das Internet trotzdem wachsen zu lassen, soll das neue Protokoll IPv6 Abhilfe schaffen.

Von Piotr Heller |
    Zwei Laptops stehen sich gegenüber. Hände tippen darauf.
    Mit dem Protokoll IPv6 bekommt jeder Computer eine öffentliche IP-Adresse zugewiesen. (picture alliance / dpa - Aliisa Piirla)
    "It was in Amsterdam around 1993, when the ITEF had a meeting. And we set there."
    Geoff Huston muss weit ausholen, wenn er von den Anfangstagen von IPv6 erzählt. Vor 20 Jahren half er mit, dieses neue Internetprotokoll zu entwickeln. Heute ist er Chefwissenschaftler bei der asiatischen Internet-Registry und hält einen Vortrag auf dem mittlerweile 6. IPv6-Kongress. In der Zwischenzeit gab es einen Welt-IPv6-Tag vor drei Jahren und ein Jahr später den Welt-IPv6-Start.
    Besonders viel hat das nicht gebracht: In Deutschland etwa steht nur knapp zehn Prozent der Internetnutzer das neue Protokoll zur Verfügung. In anderen Ländern sieht das noch schlechter aus. Diese schleppende Verbreitung kritisiert Huston - doch eines macht ihm Hoffnung: Gerade in den letzten Monaten hat das Wachstum angezogen.
    "Einige große Provider haben endlich gesagt: Es ist Zeit. Und die Deutsche Telekom gehört dazu. Zehn Prozent der Kunden in Deutschland bekommen ihre Daten nun auch per IPv6. Das zeigt sich auch in anderen Ländern. Für lange Zeit lohnte es sich, für viele Firmen nicht IPv6 einzuführen. Sie haben gesagt: Ich mache es, wenn die Großen es tun, ich warte auf die Deutsche Telekom. Doch das gilt jetzt nicht mehr als Ausrede. Also ist die Frage: Worauf wartest Du?"
    Zweifel an IPv6
    Viele warten, weil sie an IPv6 zweifeln. Die Redner auf dem Kongress versuchten wieder ein Mal, diese Zweifel zu zerstreuen. Etwa die beim Datenschutz. Es ist nicht sicher, ob die neuen IP-Adressen personenbezogene Daten sind. Jedoch spricht einiges dafür, denn sie lassen sich noch leichter einem Menschen zuordnen als die alten IP-Adressen. Und wenn sie personenbezogen sind, dann müssten sie unter den Datenschutz fallen, sagt Jörg Heidrich, Justiziar beim Heise-Verlag. Aber ein neues Problem sieht er darin nicht.
    "Im Umgang mit IPv6-Adressen stellen im Prinzip keine neuen Fragen. Sie sind leichter identifizierbar, deswegen müssen da die Vorgaben da noch stärker beachtet werden, das wären also insbesondere allgemeine Datenschutzgeschichten, das heißt, ich muss die Adressen so kurz wie möglich speichern. Ich darf sie nicht für den Zweck verwenden, für den ich sie nicht gespeichert habe, und ich darf sie nicht an Dritte herausgeben."
    Ein weiteres Hindernis bei der Einführung von IPv6 ist die Sicherheit vor Angriffen. Doch auch das ist kein IPv6-spezifisches Problem, weiß Eric Amberg. Er hielt einen Vortrag über IT-Sicherheit.
    "Insbesondere die Angst vor neuen Sicherheitslücken von IPv6 führt dazu, dass viele Unternehmen und verantwortliche davon Abstand nehmen und das weitgehend hinauszögern. Man muss sich darüber klar sein, dass IPv6 zwar neue Schwachstellen mit sich bringt. Auf der anderen Seite haben wir ja auch bei IPv4 immer wieder Schwachstellen und nicht weniger als bei IPv6. Es ist zwar falsch zu sagen, dass IPv6 grundsätzlich sicherer wäre als IPv4, aber es ist nicht unsicherer."
    Öffentliche IP-Adresse pro Computer
    Bisher vereinfachten die sogenannte Network Address Translation, kurz NAT, die Sicherheit im Internet. NAT übersetzt unter anderem öffentliche IP-Adressen in private. Das bedeutet, dass Computer nicht direkt über eine öffentliche IP-Adresse ans Internet angeschlossen sind. Das schützt die Computer gegen gewisse Angriffe. Bei IPv6 fällt NAT weg - jeder Computer bekommt seine eigene öffentliche IP-Adresse. Doch NAT ist momentan ein Hindernis bei der Einführung von IPv6: Provider nutzen es als eine Art Notlösung. Sie weisen vielen Computern eine öffentliche IP-Adresse zu. So umgehen sie die Adressknappheit bei IPv4. CGN nennt sich diese Technik. Silvia Hagen hat eine IT-Beratungsfirma in der Schweiz und bemängelt diese Notlösung.
    "Ich kann mir damit ein bisschen Zeit erkaufen, aber ich kann nicht das Wachstum des Internets damit bewältigen. Das kann ich nur mit IPv6. Und die Provider werden wahrscheinlich wenn sie hinschauen und ihre Rechnung richtig machen sehr schnell merken, dass es für sie zwar günstiger ist, wenn sie zwar CGNs machen, weil kein Weg daran vorbeiführt, aber dazu parallel gleich IPv6 native anbieten."
    Zukunft nicht ohne IPv6
    Auch wenn das Protokoll schleppend anläuft, auf lange Sicht wird IPv6 kommen müssen. Denn alleine unsere heutigen Computer und Smartphones überfordern jetzt schon die Netze. Und in Zukunft sollen im Internet der Dinge noch Autos, Kühlschränke und Glühbirnen dazukommen.