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60 Jahre E-Bass

Leo Fender entwickelte in den 40er- und 50er-Jahren die ersten elektrischen Gitarren. Seine Instrumente setzten Gitarrenbaustandards. 1951 kam eine weitere bahnbrechende Entwicklung: Die Bass-Gitarre. Michael Gebhart sprach mit dem Herausgeber der Fachzeitschrift "Bassprofessor", Roland Kaschubbe, über 60 Jahre E-Bass.

Von Michael Gebhart |
    Das ist ein Fender Precision Bass aus dem Jahr 1951, sein Klang erinnert stark an den eines Kontrabass - und das nicht grundlos.
    "Es waren die Gitarristen, die Kontrabass spielen sollten ... weil denen Jobs angeboten wurden, die sich nicht spielen konnten, weil sie Kontrabass hätten spielen müssen ..."
    Gitarristen konnten meist nicht so einfach auf den Kontrabass umsteigen. Sie benötigten mehr Kraft in den Fingern, vor allem aber fiel den meisten Gitarristen das saubere spielen der Töne schwer, denn der glatte Hals des Kontrabass hatte keine Markierungen, oder Bünde, an denen sie sich orientieren konnten.

    "Da sind die Gitarristen dann zu Leo Fender gegangen haben gesagt, Hallo ich hab ein Problem ich muss Kontrabass spielen ... und kann das nicht, bau uns mal was, das tief runtergeht."
    Leo Fender, der geniale Tüftler, machte sich an die Arbeit, dabei griff er konsequent auf seine Erfahrungen aus der Entwicklung der E-Gitarre zurück. Der E-Bass ähnelte deshalb nicht nur optisch einer E-Gitarre. Auch bei der Auswahl der Hölzer, es wurde ebenfalls Esche verwendet, ein leichtes, gut zu verarbeitendes Holz mit hervorragenden Klangeigenschaften. Ein weiteres Teil aus der E-Gitarre war der sogenannte Halsspannstab, ein Stahlstab im Hals, der ihm die nötige Festigkeit gab, damit der sich durch die enorme Zugkraft der Saiten nicht verziehen konnte. Auch die optimale Positionierung des Tonabnehmers war schnell gefunden, ebenso die passende Verkabelung. Auch hier konnte sich Fender grob an seinen E-Gitarren orientieren.

    "Der erste E-Bass war ziemlich simpel gehalten, er hatte nur einen Tonabnehmer, und nur eine einfache Klangregelung, es gab einen Regler zum laut und leise drehen, und einen Tonregler, mit dem man auch den Klang dunkler machen konnte. Das diente auch dazu, den Kontrabass Sound möglichst gut zu imitieren."

    Nur bei einer Sache halfen ihm die Erfahrungen aus dem E-Gitarrenbau nicht. Leo Fender und seine Leute stießen auf ein gravierendes Problem: Die Länge der Saiten beziehungsweise die Halslänge, die sogenannte Mensur. Die war wichtig, denn wenn die nicht stimmt, kann der Bass nicht klingen.

    "Es gibt eine ganz witzige Geschichte, wie Leo Fender auf die richtige Mensur gekommen ist. Eine gab da eine Sekretärin, die Physik studiert hat nebenbei. Aus ihrem Physikbuch hat Leo sich ein paar Seiten rausgeholt, hat dann noch ein bisschen rumexperimentiert und ziemlich schnell festgestellt, dass diese 34 Zoll genau das richtige Maß ist. Und das Maß hat sich durchgesetzt und ist heute so was wie der Ur-Meter."
    Dann war er fertig: der erste serienfähige E-Bass. Eine Bassgitarre, die leicht und präzise zu spielen war. Deshalb auch der Name Fender Precision Bass. Aber trotz dieser positiven Eigenschaften hatte es der E-Bass anfangs schwer.
    "Die E-Bassisten wurden belächelt, nicht ernst genommen. Das waren Leute, die Kontrabass spielten und dann E-Bass spielen mussten. Oder es waren Gitarristen, die halt die schlechtesten waren und dann Bass spielen sollten. Aber Leo Fender hatte zum Glück ein cooles Handelskonzept. Er hatte ein paar sehr agile Handelsvertreter, die rumgereist sind, zum Teil war er auch selbst unterwegs und hat geschaut, ob er seinen Bass nicht irgendwelchen berühmten Bands unterbringen kann."
    Die Bass-Gitarre wurde durch solche Auftritte langsam, nach und nach, als vollwertiges Instrument wahrgenommen. Dazu kam, dass die Rock ´n Roller in den 50ern das Schlagzeug in ihre Musik integrierten.

    "Insgesamt war die Einwicklung des E-Bass dadurch begünstigt, dass größere Lautstärken gebraucht wurden. Die konnte man auf dem Kontrabass einfach nicht liefern, und da kam der E-Bass natürlich voll zum Zug, der dann auch mit dem Schlagzeug besser harmonierte."
    Die technische Entwicklung der Bassgitarre ging dann in den folgenden Jahrzehnten immer weiter. Es wurden neue Bauweisen entwickelt, neue Hölzer verwendet, andere Tonabnehmer eingebaut und es wurde viel mit der Klangregelung experimentiert. Es entstanden neue innovative, Sound prägende Bassfirmen wie Rickenbacker, Alembic, Musicman und einige mehr. Aber, vor allem die Bassisten verfeinerten im Laufe der Jahre ihre Spieltechnik und machten das Instrument dadurch immer attraktiver und unverzichtbarer für den Sound einer modernen Band.

    "Allen voran Leute wie James Jamerson, der legendäre Bassist der beim Motown Label auf Hunderten von Hits mit drauf ist."

    Das hier ist seine Original-Bassline zum Motown-Klassiker "I heard i through the grapevine".

    "Man muss natürlich auch unbedingt Jack Bruce von The Cream erwähnen. Und das allererste Bass-Solo hat John Entwistle bei The Who geliefert in 'My Generation'."

    John Entwistle hat zunächst auch als Gitarrist angefangen und ist dann zum Bass gewechselt, genauso hat es ein weiterer berühmter Bassist getan.

    "Wir dürfen auf keinen Fall Sir Paul Mc Cartney vergessen, mit seinem legendären Höfner-Bass, aus deutschen Landen. Paul Mc Cartney war auch der erste basspielende Frontmann."

    "In den 70igern wurde das Bassspiel komplett revolutioniert und daran schuld waren zwei Herren. Zum einem Stanley Clarke, der einen komplett neuen Basston entwickelt hat, und eine ganz revolutionäre Spieltechnik, und er war und ist auch bis heute der einzige Bassist, der mit einem Solo, einem Basstitel in den Charts war, nämlich School Days."

    "Und der andere große Bassist, der ein Genie für sich ist, war Jaco Pastorius, der mit gerade mal 17 Lenzen bei der legendären Jazz Rock Band Weather Report eingestiegen ist. Und der hat auch was Neues entwickelt, der hat aus seinem Fender Jazz Bass die Bünde rausgerissen und hatte dann einen sogenannten Fretless Bass, einen Bass ohne Bünde. Und er hat auch eine komplett neue Spieltechnik entwickelt, die unglaublich komplex war und in Richtung Kontrabass ging und auch bis heute einmalig ist."

    "Wer für uns in Europa sehr wichtig ist, war Mark King von der Band Level 42, der das Daumenspiel kultiviert hat. Man schlägt dabei die tiefe E-Saite mit dem Daumen an und reißt mit dem Zeigfinger die G-Saite an. Damit kann man wunderbar ein Schlagzeug nachmachen."

    Zu den großen Bassisten gehört auch Marcus Miller, der in 80ern Miles Davis durch sein virtuoses, hoch musikalisches Bassspiel noch einmal zu neuen Höhenflügen inspirierte.

    Der Bass und seine Benutzer haben sich seit den 50ern enorm weiterentwickelt, auch heute wird immer noch weiter an den Bässen rumgetüftelt. Sie haben auch schon lange nicht mehr nur vier Saiten, Instrumente mit fünf Saiten sind durchaus gängig. Es gibt Exoten mit noch mehr Saiten. Aber trotz aller Entwicklungen bleibt:

    "Der Fender Precision Bass ist heute noch immer der Standard-Bass. Es gibt keinen Bassisten, der so ein Teil nicht schon mal in die Hand genommen hat, oder einen zu Hause rumstehen hat."