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65 Jahre Deutsche Welle
"Breaking News" und europäische Werte

In dieser Woche feiert die Deutsche Welle ihren 65. Geburtstag. Debatten gibt es vor allem um das Fernsehprogramm, das mittlerweile in vier Sprachen sendet. Aufwendige Umgehungssoftware, um Internetblockaden in China und dem Iran zu umgehen, kostet viel Geld - bei "Breaking News" mitzuhalten auch.

Von Michael Meyer |
    Der sogenannte Schürmannbau, Sitz der "Deutschen Welle" in Bonn. Im Hintergrund ziehen dunkle Wolken auf.
    Das Flaggschiff der Deutschen Welle ist das englische Programm. (dpa)
    Das englische Fernsehprogramm der Deutschen Welle ist so etwas wie das Flaggschiff des Senders, denn keine Sprache weltweit wird von mehr Menschen verstanden. Zu jeder vollen Stunde gibt es Nachrichten. Dann kommen Magazine, die selbst produziert werden oder Beiträge, die von ARD und ZDF übernommen und dann übersetzt werden. Das Korrespondentennetz der Welle ist in manchen Regionen allerdings löchrig, gelegentlich kann die Redaktion nur per Skype Gespräche mit Experten zuschalten. Deutsche Welle-Intendant Peter Limbourg betont, dass verstärkt auch ins englische Programm investiert werden soll.
    "Weil wir natürlich 95 Prozent unserer Nutzer über die Fremdsprachen erreichen und deswegen geben wir sehr viel auch in andere Fremdsprachen. Das können afrikanische Sprachen, das kann Russisch sein, das kann Türkisch sein, das kann Chinesisch sein oder Spanisch, das sind die Sprachen, wo wir in Zukunft sehr viel Reichweite und Wirkung noch erzeugen können."
    Fernsehprogramme verschlingen das meiste Geld
    Die Deutsche Welle bedient 30 Sprachen in ihrem Online-Angebot, 10 Sprachen im Hörfunk und vier im Fernsehen. Gerade die vier Fernsehprogramme verschlingen dabei das meiste Geld. 85 Millionen Zuschauer haben die Kanäle auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch. Das ist zwar deutlich mehr als noch vor Jahren, ist aber sicher ausbaufähig. Problem bislang: Die Fernsehprogramme bieten so gut wie keine Sendung, die bekannte Aushängeschilder sind. Einzig der "Shabab Talk", ein kontroverses Talkformat für junge Zuschauer, ist ein echter Hit in der arabischen Welt.
    Das englische Programm agiert zudem auf einem hart umkämpften Markt. Das Programm trifft hier auf eine Vielzahl von Konkurrenten, wie etwa BBC, CNN, France 24, Aljazeera und andere. Im Herbst soll es deshalb einen Relaunch des englischen Programms geben, erläutert Programmdirektorin Gerda Meuer:
    "Wir haben in unserer strategischen Überlegung festgelegt, dass wir Fokus-Themen wie Migration, Terror, Propaganda vor allen Dingen in den Vordergrund rücken. Und diese Themen müssen sich dann auch wiederfinden, es muss auch in einem Kanal, der 'Breaking News'-fähig ist, da muss auch gesichert sein, dass nicht bestimmte Programme, die in einer "Breaking News"-Situation einen ganz anderen Charakter vermitteln, dass beispielsweise ein Reisemagazin nach einem Terroranschlag läuft. Das finde ich schwierig. Also es gibt keinen neuen Kanal. Wir steuern so um, dass der unseren Zielsetzungen besser genügt, und der Audience-Flow entsprechend ist."
    "Breaking News" – Ist das der Auftrag der Deutschen Welle?
    Wenn es irgendwo brennt auf der Welt, soll großflächig Sendezeit zur Verfügung stehen, um das Ereignis zu beleuchten. Doch ist ein solcher Ansatz überhaupt sinnvoll? Margit Stumpp, grüne Bundestags-Abgeordnete mit Schwerpunkt Kultur und Medien, ist sich da nicht so sicher. Die Welle habe gar nicht das Geld, um mit BBC, CNN und anderen zu konkurrieren. Im Übrigen stelle sich auch die Frage, inwiefern diese "Breaking News"-Berichterstattung überhaupt etwas mit dem Auftrag zu tun habe, meint Stumpp.
    "Ob man unbedingt dann immer die allerneuesten, allerersten Informationen von kritischen Vorfällen vor Ort liefern muss und zugunsten dieser Aktualität an der Qualität des anderen Programms sparen muss, weil: alles kann man nicht gleichzeitig erledigen, da bin ich sehr im Zweifel. Sondern es geht mir darum, das Geld folgt dem Auftrag, und der Auftrag der Deutschen Welle ist eben nicht, 'Breaking News'-Sender zu sein."
    Internet oder Kurzwelle?
    Margit Stumpp findet auch, dass wenn es darum gehe, deutsche und europäische Werte in Krisenregionen zu transportieren, dann seien Fernsehen und Internet nicht immer die erste Wahl, weil diese Medien leicht gesperrt werden können. Stumpp meint, die altmodische Kurzwelle in Krisenregionen sei besser geeignet. Intendant Peter Limbourg sieht das ganz anders, denn "Kurzwelle ist eben ein Medium von gestern oder vorgesten".
    "Und die Zahl derer, die Kurzwellenweltempfänger nach wie vor haben, die schrumpft dramatisch. Und deswegen ist unser Geschäft insgesamt leider anstrengender und teurer geworden. Beispiel China: Die Chinesen blockieren uns 24 Stunden am Tag, das ganze Jahr lang. Und wir müssen mit sehr aufwändiger Umgehungssoftware dazu beitragen, dass eben wenigstens ein Teil der Nutzer in China uns überhaupt erreichen kann. Das gleiche gilt für den Iran. Damit müssen wir umgehen, aber es erfordert leider mehr Mittel."