Der Name ist Programm. Die neue Tageszeitung „Bild“, die am 24. Juni 1952 auf den Markt geworfen wird, setzt ganz auf Fotos und nur wenig Text. Auf der ersten Titelseite sieht man Winston Churchill, die Außenminister der Westzonen und den Eisläufer Paul Falk mit seiner Ehefrau. Der Hamburger Verleger Axel Springer will mit „Bild“ den Erfolg englischer Boulevard-Blätter nachahmen – zur Verwunderung der eigenen Verlagsführung:
„Meine Direktoren besuchten mich draußen in Blankenese, wo ich damals wohnte. Und als ich ihnen davon erzählte, hielt sie nur die Tatsache, dass ich der Chef war, zurück, laut zu lachen, aber ziemlich dann fragten sie, ob ich schon einen Titel hätte, und ich sagte: ‚Bild‘, dann prusteten sie also los.“
Politik, Sensation, Klatsch und Lebenshilfe
Und die ersten Monate scheinen die Verlagsdirektoren Recht zu behalten: „Deutschlands modernste Zeitung“, so die Eigenwerbung, ist kein Erfolg. Die Leute hätten die Zeitung schlicht nicht verstanden, glaubte der 2009 verstorbene Journalist Hans Bluhm - ab 1953 bei Springer und bald „Bild“-Ressortleiter:
„Eine Zeitung, die auf der ersten Seite nur aktuelle Bilder hatte. Das war unmöglich, denn es gibt nicht fünf, sechs, sieben aktuelle Bilder am Tag, die das Wesentliche erzählen. Es gibt bestenfalls ein oder zwei Newsbilder, die sich für die Titelseite eignen, so, wie man ja heute auch an den Zeitungen erkennen kann. Und von daher war das von der Anmutung, wie wir heute sagen, war es falsch.“
Die englischen Boulevard-Blätter kopiert - und überflügelt
Bluhm kreiert eine neue Blatt-Mischung. Aus großen Bildern werden große Schlagzeilen: Politik, Sensation, Klatsch und Lebenshilfe, emotional und bunt und laut und bald auch mit Bikini-Mädchen, zunächst gezeichnet, auf der Titelseite. Zwei Jahre später hat Springers „Bild“ die englischen Boulevard-Blätter nicht nur kopiert, sondern überflügelt. 1956 beträgt die Auflage schon drei Millionen Stück. „Bild“ ist damit die erfolgreichste Kaufzeitung Europas. Das gefällt nicht jedem. Der Publizist Kurt Pritzkoleit urteilt 1957, „Bild“ sei die Zeitung „des lesenden Analphabetentums, der seelisch Ungeformten, sozial Unorientierten und politisch Uninteressierten, der Heimat- und Glücklosen.“
Doch „Bild“ ist kein Unterschichtenmedium, sondern erreicht bis heute einen Querschnitt der Bevölkerung. Und Axel Springer meinte: „Jedermann weiß, dass diese Zeitung nicht schüchtern ist, weiß, dass ‚Bild‘ gehalten ist, holzschnittartig zu formulieren. Das passt einer Minorität von Ästheten nicht so recht. Aber in toto kommt es glänzend an.“
Doch „Bild“ ist kein Unterschichtenmedium, sondern erreicht bis heute einen Querschnitt der Bevölkerung. Und Axel Springer meinte: „Jedermann weiß, dass diese Zeitung nicht schüchtern ist, weiß, dass ‚Bild‘ gehalten ist, holzschnittartig zu formulieren. Das passt einer Minorität von Ästheten nicht so recht. Aber in toto kommt es glänzend an.“
Kommunistenhasser Axel Springer und seine Agenda
Springer, bei dem parallel zum ökonomischen Erfolg auch der politische Ehrgeiz wächst, fliegt 1958 nach Moskau, um Russlands Staatschef Chruschtschow dazu zu bewegen, die DDR, wie Springer es nennt, „freizugeben“. Ein Unterfangen, das scheitert, Springer aber zum Kommunistenhasser macht. Die Wiedervereinigung Deutschlands steht nun ganz oben auf der Agenda von „Bild“, zusammen mit dem publizistischen Kampf gegen alles irgendwie „Linke“.
Und so wird 1968 lautstark skandiert: „Haut dem Springer auf die Finger, haut dem Springer auf die Finger! Bild hat mitgeschossen, Bild hat mitgeschossen!“ Die revoltierenden Studenten geben „Bild“ eine Mitschuld am Attentat auf ihren Anführer Rudi Dutschke. Und selbst der langjährige Chefredakteur Peter Boenisch wird später einräumen, dass „Bild“ es mit seinen Artikeln und Kommentaren gegen die „Langhaarigen Jung-Roten“ übertrieben hat. Dass das Blatt aber auch sogenannte „kleine Leute“ und Prominente vorführt und für Schlagzeilen ausbeutet, deckt 1977 Günter Wallraff auf. Er hat sich als Hans Esser in die Redaktion eingeschlichen:
„Das hat alles nichts mehr mit Journalismus zu tun, das ist, ich würde sagen, kriminelles Treiben. Ich hatte überhaupt manchmal den Eindruck bei 'Bild‘: ich war nicht in einer Zeitungsredaktion. Ich war in einem mafiaähnlichen, männerbündlerischen Geheimbund. Bis zum Erbrechen ging es darum, Fälschung zu begehen, Menschen zu überfahren, zum Abschuss vorzubereiten und auch die eigene Macht auszutoben.“
Letzteres wird „Bild“ bis heute vorgeworfen. Menschen, das bestätigt nicht nur Günter Wallraff, haben sich das Leben genommen, nachdem „Bild“ über sie berichtet hat. "Wer mit der Bild-Zeitung im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten", so wird Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner zitiert, als Christian Wulff erst als CDU-Politiker vom Blatt hofiert und dann 2012 als Bundespräsident attackiert wird, bis er sein Amt aufgibt. Dem Erfolg der Marke „Bild“ tut die Kritik an „Bild“ jedoch keinen Abbruch. Auch wenn die gedruckte Auflage beständig sinkt, ist „Bild online“ heute eines der reichweitenstärksten Medien in Deutschland.