„Meine Damen und Herren, am Horizont der Wirtschaft steht die Arbeitslosigkeit wie ein gespensterhaftes Wetterleuchten. Der Arbeitslosenpegel steigt buchstäblich von Stunde zu Stunde.“
Als der SPD-Politiker Erik Nölting im Februar 1950 dieses Szenarium beschrieb, waren viele Industrieanlagen noch vom Krieg beschädigt, gleichzeitig drängten aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten Millionen Menschen in die Bundesrepublik. Die Arbeitslosigkeit überschritt zum ersten Mal die Zwei-Millionen-Grenze. Und Margot Kalinke von der Deutschen Partei beklagte im Bundestag:
„Wir haben die Bemühungen begrüßt, immer wieder aufzufordern, dass doch aus Verantwortung Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich bemühen möchten, Arbeitsplätze für ältere Angestellte, aber auch Arbeitsplätze und Lehrstellen für die Jugend zu schaffen. Leider sind alle diese Dinge bisher Deklamationen geblieben.“
Einheitliche und zentrale Regelung
In der jungen Bundesrepublik waren die Arbeitsämter, die Gewerkschaften und die Arbeitgeber in der Arbeitsvermittlung aktiv - weitestgehend unabhängig voneinander. Das sollte sich nun ändern..
Im März 1952 verabschiedete der Bundestag das 'Gesetz zur Errichtung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung'. Diese beiden Bereiche sollten fortan für das ganze Land einheitlich und zentral geregelt werden. Die Rechtsaufsicht bekam das Bundesarbeitsministerium, doch die Sitze in den Aufsichts- und Verwaltungsgremien wurden drittelparitätisch zwischen Vertretern der Politik, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer aufgeteilt.
Lange Zeit gab es kaum Neues aus der Anstalt
Am 1. Mai 1952 nahm die neue Behörde ihre Arbeit auf. Zu ihr gehörten zwölf Landes- und 209 kommunale Arbeitsämter. Doch viel zu tun, gab es anfangs nicht. Denn inzwischen hatte das Wirtschaftswunder an Fahrt aufgenommen, und bis auf die monatliche Pressekonferenz zur Arbeitsmarktlage bekamen die Bundesbürger nur wenig von der Bundesanstalt für Arbeit mit. Doch mit dem Ende der 60er-Jahre ging auch der Traum vom ewigen Wachstum vorbei.
Rezession und Strukturwandel ließen die Arbeitslosenzahlen stetig steigen. Auch neue arbeitsmarktpolitische Instrumente wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Umschulungsprogramme konnten daran nichts ändern. Die Wiedervereinigung heizte die schlechte Lage noch mal kräftig an, und kritische Fragen wurden laut: Ist die Anstalt, die im Laufe der Jahre zu einer Mammutbehörde gewachsen war, zu groß und zu unflexibel?
Die Bundesanstalt im Visier der Hartz-Reformen
Im Frühjahr 2002 erreichte das Ansehen seinen Tiefpunkt: Der Bundesrechnungshof deckte auf, dass die Zahl der vermittelten Stellen stark geschönt war. Eine Kommission sollte die Bundesanstalt für Arbeit nun durchgreifend reformieren. Ihr Vorsitzender wurde der Personalchef des VW-Konzerns, Peter Hartz:
„Heute ist ein schöner Tag für die Arbeitslosen in Deutschland. Wir haben in der Kommission einstimmig alle Eckpunkte beschlossen und kommen hiermit zu einem Konzept, wie wir die Arbeitslosigkeit um zwei Millionen reduzieren wollen.“
Im August 2002 überreichte Peter Hartz die Ergebnisse seiner Kommission, ein Reformpaket in vier Stufen. Viele neue Wörter standen in dem Bericht: Personal-Service-Agentur, Ich-AG, Job-Floater oder Jobcenter. Die Arbeitsvermittlung sollte schneller und effizienter, der Arbeitslose mobiler und flexibler werden. Und aus der Bundesanstalt wurde nun die Bundesagentur für Arbeit.
Welchen Anteil hatte die Bundesagentur am Nullerjahre-"Jobwunder"?
Vor allem die vierte Stufe der Hartz-Reformen, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, steht bis heute in der Kritik. Andererseits sprechen einige Arbeitsmarktexperten den Reformen durchaus einen Anteil an Deutschlands größte Behörde ‚deutschen Jobwunder‘ zu. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kam 2016 allerdings zu dem Ergebnis, dass in Deutschland die meisten freien Stellen über persönliche Kontakte vermittelt werden.