"Auf dem Annenfriedhof liegen 592 unbekannte Tote, und die anderen Toten, das sind die Namen, die Sie hier sehen können."
Auf Einladung des Volksbunds Kriegsgräberfürsorge nahm Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert an einer Gedenkstunde auf dem Annenfriedhof im Dresdner Süden teil. Neben den 592 unbekannten Toten liegen hier 149 Menschen begraben, deren Namen in einen Betonrahmen eingemeißelt sind. Namen derer, die am 13. Februar 1945 beim Luftangriff auf Dresden ums Leben gekommen sind, heute vor 73 Jahren.
"Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg. An Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben. Der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft als Vertriebene und auch als Flüchtlinge ihr Leben verloren. Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk zugehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden."
Störer sollen keine Chance bekommen
Die Stellvertreter und Beigeordneten des Oberbürgermeisters legten am Vormittag an unterschiedlichen Orten in der Stadt Kränze nieder. Auf Friedhöfen, auf denen Kriegsgefangene oder Euthanasieopfer begraben liegen. Aber etwa auch an einem Haus, aus dem die Nazis zahlreiche Juden deportiert hatten. Das dezentrale Gedenken habe sich bewährt, sagt Oberbürgermeister Dirk Hilbert, FDP:
"Die Dresdner sind sehr stark daran interessiert, dass wir in einem stillen Gedenken ohne Störer unser Opfer, unserer Vorfahren, unserer Stadt gedenken und dem tragen wir ja mit verschiedenen Orten Rechnung. Wichtig ist auch, einen Zeitbezug herzustellen. Dass es nicht in Vergessenheit gerät, weil, und das ist leider von Jahr zu Jahr so, es immer weniger Erlebensgenerationen gibt."
So findet im Umfeld des Jahrestages der Bombardierung Dresdens eine internationale Jugendbegegnung statt mit Jugendlichen unter anderem aus Sarajevo, eine Stadt, die noch vor wenigen Jahrzehnten einen Krieg erlebte.
Zeit der großen Neo-Nazi-Aufmärsche ist vorbei
Neonazis nutzen das Gedenken für ihre politischen Ziele, Dresden wurde zu Beginn des Jahrtausends zur Kulisse der größten Neonazi-Aufmärsche im Nachkriegsdeutschland. Gegendemonstrationen und Blockaden haben diese Aufmärsche in den vergangenen Jahren zurückgedrängt, am Samstag marschierten einige hundert Neonazis durch Wohn- und Gewerbegebiete am Stadtrand. Die Zeit der großen Neonazi-Aufmärsche sei zum Glück vorbei, sagt der Oppositionsführer im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt.
"Also ich glaube, dass im Moment, auch wenn es scheinbar anders ist, von der NPD nicht die große Gefahr ausgeht, sondern eher von der AfD. Weil sie so eine Kultur in die Gesellschaft reingebracht hat, die sagt, war ja alles gar nicht so schlecht, und man muss ja auch mal vergessen können. Ich glaube, bestimmte Dinge in der Geschichte sollte man nicht vergessen und dazu gehört, dass die Deutschen den Zweiten Weltkrieg angezettelt haben. Also von der Seite her geht kulturell die größere Gefahr von der AfD aus."
Gegen 18 Uhr werden sich die Dresdner zu einer Menschenkette aufstellen, die einst ins Leben gerufen wurde, um die Innenstadt symbolisch vor den Neonazis zu schützen. Anmelder ist der Rektor der TU Dresden Hans Müller-Steinhagen:
"Wenn wir aufhören uns zu erinnern, dann besteht immer die Gefahr, dass so etwas wieder auftritt. Und deswegen müssen wir glaube ich auch mit der Menschenkette wirklich einen Gegenpol setzen gegen Forderungen politischer Gruppierungen, die sagen, wir haben lang genug erinnert, wir hören jetzt auf."
Im Anschluss an die Menschenkette haben die Dresdner die Möglichkeit, sich bei Andachten und Konzerte zu versammeln, unter anderem in der wiederaufgebauten Frauenkirche.