Ein dreiviertel Jahrhundert, mit mehr als 2600 Absolventinnen und Absolventen, darunter Namen, die bis heute den Journalismus in Deutschland mitprägen, wie Moderatorin Sandra Maischberger, Holger Stark von der "Zeit" oder "Spiegel"-Journalist Juan Moreno – es ist eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte, auf die Deutschlands älteste Journalistenschule in ihrem Jubiläumsjahr zurückschauen kann.
Im Jahr der Gründung sei da erst einmal die Erkenntnis gewesen, „dass eine Demokratie in Deutschland aufzubauen nur mit einer anderen Generation von Journalistinnen und Journalisten funktionieren würde“, erinnert Henriette Löwisch, die heutige Leiterin der Deutschen Journalistenschule (DJS). Der Ansatz ihres Vorgängers und DJS-Gründers Werner Friedmann sei es deshalb gewesen, „anstatt wieder willfährige Mitläufer und Propagandisten zu haben, müsste man eben Leute ausbilden, die kritisch und wahrheitsliebend sind“.
Friedmann habe verstanden, dass Journalismus ein Handwerk sei, das man lernen muss. Und das bedeute, „recherchieren, nach Fakten suchen, nicht nur endlos lange essayistische Feuilletontexte schreiben, sondern wirklich rausgehen und reportieren“. An diesen Prinzipien habe sich bis heute nichts geändert, ist Löwisch überzeugt.
„Wir haben viele Bewerberinnen und Bewerber“
Die frühere Nachrichtenagentur-Journalistin beobachtet aber auch, wie sich der Journalismus verändert hat, seitdem sie selbst in den Achtzigerjahren DJS-Schülerin war. Die Digitalisierung habe zwar viel Effizienz gebracht, auch in der Recherche. Aber der Nachteil an einer Recherche im Internet sei, „dann geht man nicht raus und begegnet echten Menschen und spricht mit den Menschen“. Und mit dieser Entwicklung sei wohl ein „gewisser Vertrauensverlust einhergegangen“.
Und wer will heute noch Journalist werden? „Wir haben viele Bewerberinnen und Bewerber“, berichtet Löwisch. „Das sind Menschen aus ganz unterschiedlichen Richtungen, unterschiedlichen Fachbereichen, unterschiedlichen Lebenswelten, die tatsächlich auf einer Mission sind.“ Journalismus sei ja immer noch der tollste Beruf, betont die DJS-Leiterin.
Zu viel Aktivismus und zu wenig Konservatismus?
Die Frage, ob Journalisten Aktivisten sein dürfen, werde auch an der Deutschen Journalistenschule diskutiert. „Das ist eine Diskussion, die wir auch führen müssen innerhalb des Journalismus, weil natürlich sollen Journalistinnen und Journalisten nicht Partei ergreifen“, erklärt Henriette Löwisch. Es müsse stattdessen darum gehen, ergebnisoffen zu recherchieren. "Aber gleichzeitig gibt es natürlich auch bestimmte Dinge, für die Journalisten eintreten: zum Beispiel für die Demokratie."
Und was ist mit der Klage, dass das Konservative im Journalismus fehle heutzutage? Von dieser These sei sie nicht überzeugt, so Löwisch. Journalismus beschäftige sich damit, Missstände aufzudecken, damit sich Dinge vielleicht bessern. “Das können aber auch konservative Menschen so denken, dafür muss man nicht Grün wählen.“
Die größere Gefahr sei, wenn Vertrauen in den Journalismus verloren gehe - etwa durch Propaganda und Fake-News.
Getragen wird die Deutsche Journalistenschule nach eigenen Angaben von 60 Medien, Verbänden, Organisationen, Unternehmen und Stiftungen. Dazu zählen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage ebenso wie öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Privatsender und Produktionsfirmen, Verlegerverbände und Journalisten-Gewerkschaften. Gemeinsam bilden sie den DJS e.V., einen eingetragenen, gemeinnützigen Trägerverein.