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75. Todestag von William Henry Jackson
Der erste Fotograf des amerikanischen Westens

William Henry Jackson war der früheste und wichtigste US-Fotograf. 1843 geboren, reiste er jahrelang durch das Land und dokumentierte den bis dahin unbekannten Westen. Viele seiner Fotografien beeinflussten nachfolgende Künstler und sind inzwischen nationales Kulturgut. Heute vor 75 Jahren starb Jackson in New York.

Von Anette Schneider |
    Fotografie von William Henry Jackson: Mann in einem Kanu auf dem Upper Saranac Lake im US-Bundestaat New York.
    Sein Lebenswerk macht William Herny Jackson bis heute zu einem der wichtigsten Fotografen in den USA. (imago / Zuma Press)
    Er fotografierte die ersten Wolkenkratzer in New York, gewaltige Werkshallen in Chicago, Bergbauanlagen in Montana. Er fotografierte schwarze Arbeiter und weiße - und die bombastischen Paläste der Industriebarone. Um 1900 brach William Henry Jackson auf und dokumentierte in bis dahin einzigartiger und umfassender Weise über Jahre hinweg die rasante städtische und industrielle Entwicklung der USA.
    Doch 1941, im Alter von 98 Jahren, notierte er: "Falls irgendeine Arbeit, die ich machte, über meine eigene Lebenszeit hinaus einen Wert besitzen sollte, werden es, glaube ich, die Aufnahmen aus den Jahren zwischen 1869 und 1878 sein." In diesen neun Jahren reiste Jackson mit Landvermessern durch den Westen und Südwesten Nordamerikas und fotografierte als Erster Landschaften, die bis dahin nur die Ureinwohner und einige wenige Trapper gesehen hatten.
    Vom Viehtreiber zum leidenschaftlichen Fotografen
    Geboren wurde Jackson 1843 im Staat New York. Bereits mit 15 Jahren arbeitete er als Retuscheur für Fotostudios. Als junger Mann wurde er Viehtreiber und zog von der Ostküste gen Westen, bis er in Omaha ein Fotostudio eröffnete. Dann, 1869, erhielt er von der Pacific Railway den Auftrag, die Landschaften an ihrer gerade fertiggestellten Eisenbahnstrecke zu fotografieren. Und die führte auch durch die Prärie.
    Fotografie von William Henry Jackson: Ein Erste-Klasse-Zug auf der Burlington Route, deren Streckennetz bis in den Mittleren Westen reichte.
    Heute gehören seine Fotografien zum historischen Bildgedächtnis der USA. (imago / United Archives International)
    1941 erinnerte sich Jackson in einem Radiointerview: "Wir sahen Millionen Bisons. Es war die erste Fahrt der Pacific Railway, und der Zug kam nicht weiter. Es war eine gewaltige, unendliche, dunkelbraune Masse von Tieren, die den ganzen Tag langsam grasend über die Plains zog." Seine Aufnahmen erschienen als Werbebroschüre. Und einige hängte er auch in sein Atelier. Ein Glücksfall für Jackson, der so neue Kontakte knüpfte: "Das brachte mich in Kontakt mit Doktor Hayden, der den Westen des Landes vermessen sollte. Hayden mochte meine Arbeit sehr, und er engagierte mich als offiziellen Fotografen für seine Expeditionen. [...] Man kann sich wohl vorstellen, dass das die aufregendste Zeit meines Lebens war."
    Im Auftrag der Regierung und unter Leitung des Geologen Ferdinand Hayden erreichte die Expedition 1871 das Yellowstone Valley. Die Panorama-Bilder, die Jackson dort schuf, waren die ersten Fotografien, die jemals von der Gegend gemacht und veröffentlicht wurden: Erstmals sahen Menschen die endlosen Weiten der Plains. Erstmals erblickten sie eine überwältigende, majestätische Landschaft mit Bergen, Flüssen, Geysiren und Wasserfällen.
    Monumentale Panoramablicke des Westens
    Jackson fotografierte mit einer schweren Plattenkamera und Glasplatten. Normalerweise schleppten Pferde die Fotoausrüstung. Doch für die monumentalen Panoramablicke, die die Arbeit des Fotografen kennzeichneten, musste er auf Berge klettern, wie er damals erzählte: "Das waren hunderte Kilo, die wir zu tragen hatten. Natürlich hatte ich Assistenten. Zu dritt luden wir die Ausrüstung von den Pferden ab und uns auf die Schultern, und machten uns dann auf den Weg zum Gipfel."
    Fotografie von William Henry Jackson: Ruby Castles, Canon of the Grand.
    Fotografie von William Henry Jackson: Ruby Castles, Canon of the Grand. (imago / United Archives International)
    Während der neunjährigen Expeditionen, die ihn bis nach Colorado führten, machte Jackson hunderte Aufnahmen, die heute zum historischen Bildgedächtnis der USA gehören und zum Inbegriff des "Amerikanischen Westens" wurden, weil sie den Mythos von Freiheit und Unabhängigkeit spiegeln. Dazu gehört auch die Aufnahme seines wohl berühmtesten Bildes, dem "Holy Cross": Dieser Berggipfel in den Rocky Mountains, dessen mit ewigem Schnee gefüllte Felsspalten die Form eines riesigen Kreuzes besaß, galt bis dahin als Legende. "Niemand, mit dem wir uns unterhielten, hatte den Berg jemals gesehen, aber jeder wusste, dass irgendwo in der weiten Einsamkeit ein solches Wunder existierte."
    Schnell wurde das symbolträchtige Kreuz ideologisch vereinnahmt: Es hing in Saloons, Kirchen und privaten Haushalten und diente den neuen weißen Herren als Beleg dafür, dass sie bei der Gründung der "neuen Nation", die auf Landraub und Vernichtung der Ureinwohner beruhte, Gottes Segen besaßen.
    1898 wurde der geschäftstüchtige Fotograf Mitbegründer des weltweit ersten Bild-Verlags, der fast dreißig Jahre lang jährlich sieben Millionen Postkarten vertrieb - natürlich auch mit seinen eigenen Motiven. Und bis zu seinem Tod am 30. Juni 1942 zog es William Henry Jackson immer wieder ins Yellowstone Valley, das er einst als erster Mensch fotografiert hatte, und das der Kongress 1872 auch wegen dieser Aufnahmen zum ersten Nationalpark der Welt erklärte.