Im dritten Anlauf soll es dann endlich klappen mit Hertha und einem Investor. Erst steigt 2014 die bekannte New Yorker Beteiligungsgesellschaft KKR in den Klub ein. 2019 folgt dann Investor Lars Windhorst. Und nach vielen Querelen hat der Bundesligist jetzt 777 Partners rund um CEO Joshua Wander als neuen „strategischen Partner“ vorgestellt.
Die in Miami ansässige Investmentfirma hat mit Windhorst einen Deal im Wert von 200 Millionen Euro ausgehandelt, um dessen Anteile zu übernehmen. Mit Vertragsabschluss sollen zudem 35 Millionen an Hertha fließen – die erste von drei Tranchen. Als Gesamtvolumen sind 100 Millionen vorgesehen.
Einstieg von 777 war bitter nötig
Bitter nötig, sagt Fan und Sportmarketingexperte Tommy Gmür: „Zum einen war es im Grunde eine Rettung davor, dass du keine Lizenz bekommst für die erste oder gegebenenfalls sogar zweite Liga. Das heißt, wir brauchten ganz dringend Geld. Auf der anderen Seite ist natürlich ein Netzwerk wie 777 ein spannender Investor – ein ganz anderer Investor, als Windhorst gewesen ist. Jemand mit Fachkenntnis. Jemand, der auch gut vernetzt ist, wo man auch profitieren kann.“
Aufgrund der 50+1-Regel konnte 777 Partners zwar 64,7 Prozent der Kapitalanteile, die um weitere zehn Prozent aufgestockt werden, erwerben, jedoch nicht die Mehrheit der Stimmanteile. Rein gesellschaftsrechtlich betrachtet, besitzt der neue Investor keine Entscheidungsgewalt über die Bundesliga-Mannschaft.
Neue Impulse hat Hertha dringend nötig
Aber: „Die machen nicht den Anschein, als würden sie sich da raushalten wollen und einfach mal zuschauen, was passiert. Da gibt es tatsächlich auch mit Johannes Spors Menschen, die die Bundesliga kennen, die dort arbeiten. Und da wird mit Sicherheit Einfluss genommen werden. Ob der jetzt negativer Natur oder positiver Natur ist, das wird sich dann rausstellen“, sagt Gmür.
Neue Impulse hat Hertha nötig, denn auch in dieser Saison heißt die Realität für den Hauptstadtklub wieder Abstiegskampf. Die 374 Millionen Euro, die Lars Windhorst seit 2019 an Hertha für die Anteile gezahlt haben soll, sind weitestgehend ohne Wirkung geblieben. 777 Partners selbst kennt sich mit strauchelnden Traditionsklubs aus, denn der Investmentfirma gehört unter anderem der italienische Zweitligist Genoa CFC. Dazu besitzen Wander und seine Mitstreiter Anteile am sechsmaligen Europa-League-Sieger FC Sevilla, der momentan in der ersten spanischen Liga gegen den Abstieg spielt.
Multi Club Ownership ist explodiert
Das Prinzip, das 777 Partners mehrere Vereine gleichzeitig besitzt, nennt sich Multi Club Ownership (MCO). Dieses Modell liegt seit einiger Zeit im Trend, sagt Fernando Roitman, Gründer der Beratungsfirma CIES Sports Intelligence: „Uns ist aufgefallen, dass sich die Zahl quasi verdreifacht hat in den vergangenen fünf Jahren. Im Moment zählen wir mindestens 70 MCOs auf der ganzen Welt, zu denen zwischen 170 und 180 Klubs gehören. Es gab eine richtige Explosion, was die Zahl der MCOs betrifft, was sich unserer Meinung nach fortsetzen wird. Das ist zumindest der Trend momentan. Das hat unmittelbar mit dem Wachstum der Fußballindustrie im vergangenen Jahrzehnt zu tun.“
Der englische Journalist Steve Menary spricht gegenüber von Sportschau.de sogar von 256 Clubs weltweit. Bekanntes Beispiel ist die City Football Group von der Herrscherfamilie Abu Dhabis. Zu ihr gehören Manchester City, aber auch Vereine in Italien, Frankreich, Australien und Japan.
Klubs mit gleichem Besitzer können im Europapokal nicht gegeneinander antreten
Stand jetzt könnten Teams mit identischem Besitzer in europäischen Wettbewerben nicht gegeneinander antreten. UEFA-Präsident Aleksander Čeferin zeigt sich aber offen dafür, über eine Reform der Regel nachzudenken.
„Wir müssen über dieses Regularium sprechen und darüber nachdenken, wie wir damit weiter verfahren. Es gibt wachsendes Interesse an Multi Club Ownership und wir sollten nicht einfach ‚Nein‘ zu den Investments oder zur Multi Club Ownership sagen. Aber wir müssen schauen, welche Art von Regeln in diesem Fall aufgestellt werden müssen. Denn die Regeln müssen strikt sein“, sagt Čeferin im Podcast „The Overlap“ von Ex-Profi Gary Neville.
Wenn der Investor sagt, welcher Klub verlieren soll
Die UEFA selbst hatte vor kurzem noch davor gewarnt, dass Mehrfachbeteiligungen von einem Investor eine Gefahr für die sportliche Integrität sein könnten. Immerhin wäre ein Szenario denkbar, in dem ein Team absichtlich verliert, weil der Investor es so will.
Für den UEFA-Präsident gibt es aktuell nur zwei Zukunftsszenarien: „Die Optionen sind: Es bleibt alles so wie gehabt. Oder wir erlauben ihnen an denselben Wettbewerben teilzunehmen.“
Saudi-Arabien will sein Engagement ausweiten
Für Hertha ist der Europapokal aktuell in weiter Ferne. Im Olympiastadion müssen sich für den Moment erst einmal alle mit einem neuen Investor anfreunden, sagt Tommy Gmür: „Ganz grundsätzlich gibt es aber auch viele, die sagen: ‚Naja, mal schauen, vielleicht wird ja jetzt alles besser.‘ Das war damals bei Windhorst auch schon so, wo man gedacht hat: ‚Wer weiß, vielleicht beginnt jetzt eine neue Ära für Hertha.‘ Wie man es auch in Newcastle sieht, wo nicht wenige Fans tatsächlich Fan von einem saudi-arabischen Investor waren und gesagt haben: ‚Jetzt geht es los. Endlich haben wir auch mal hier ein Wörtchen mitzureden.‘“
Stichwort Saudi-Arabien: Medienberichten zufolge kokettiert der Public Investment Fund (PIF), der sich in Besitz des Königshauses befindet und Eigentümer von Newcastle United ist, mit einer Ausweitung seines Engagements im Fußball. Ins Auge gefasst haben die Saudis dabei das Portfolio von 777 Partners. Sollte es dazu kommen, könnte es im Berliner Olympiastadion ganz schnell noch unruhiger werden.