Um es gleich klarzustellen: An den Rücktritt denkt Papst Franziskus mit seinen nun 80 Jahren noch nicht. Auch wenn es immer wieder Gerüchte gab. Papst Franziskus hat dafür noch zu viel vor. Und er fühle sich fit, sagt der Jesuit Antonio Spadaro, der Herausgeber der Zeitschrift Civiltà Cattolica ist und den Papst regelmäßig trifft:
"Er macht weiter, ohne eine Alters- oder Pontifikatsgrenze zu setzen. Das Kriterium für seine Entscheidungen ist das Unterscheidungsvermögen. Er könnte sich nie vorstellen, seinen Rücktritt zu planen."
Mit dem Planen hat Franziskus es nicht so, auch wenn er in den fast vier Jahren seines Pontifikats viele Baustellen aufgerissen hat: Die Reform der Kurie etwa geht er mit einem neunköpfigen Kardinalsrat an, in dem auch der Münchener Kardinal Marx sitzt. Für den langjährigen Vatikanberichterstatter Marco Politi ist da noch einiges zu tun:
"Die Baustelle an der er weiter Arbeiten muss ist die vollständige Reform der römischen Kurie. Die römische Kurie hatte seit 500 Jahren ein Selbstbild als Oberkommando des Heeres, das kommandiert in der ganzen Weltkirche. Wie er das tun wird, ist ganz offen, denn das ist ein großes Problem, diese Struktur nach einem neuen Modell auszurichten."
Der Papst und seine Feinde
Papst Franziskus hat eine Kommission eingesetzt, die sich mit dem Diakonat der Frau beschäftigen soll. Und er hat "Amoris Laetitia" geschrieben, ein Papier, das am Ende von zwei Synoden steht und das Türen in der Familienpastoral aufstoßen soll. Dafür gab es heftigen Gegenwind, denn für viele konservative Katholiken geht es bei der Frage, ob Geschiedene, die wieder heiraten, zur Kommunion gehen dürfen oder wie die Kirche mit Homosexuellen umgeht, ums Prinzip. Das sagt auch Marco Politi. Er hat ein Buch geschrieben über den Papst und seine Feinde, das den Titel "Unter Wölfen" trägt:
"Das Problem ist, dass in der ganzen Weltkirche die Reformbewegung heute noch in der Minderheit ist. Wie man an den letzten Synoden gesehen hat, den Synoden über die Familien, ist es so, dass es eine Mehrheit von Bischöfen gibt, die heute noch entweder konservativ sind oder mehr an der Tradition hängen oder auch Angst vor Neuigkeiten haben."
Vier Kardinäle, darunter auch der ehemalige Erzbischof von Köln, Joachim Meisner und Walter Brandmüller, der langjährige Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft, haben Papst Franziskus nun einen Brief geschrieben, in dem sie mangelnde Klarheit in der Frage der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene kritisieren.
"Das hat es noch nie gegeben in der modernen Kirche, in der katholischen Kirche, dass man so den Papst angreift. Denn dieser Brief ist ein Akt der Delegitimation. Man sagt praktisch: Du Heiliger Vater hast etwas geschrieben, was nicht richtig ist, was mit den Traditionen und den Regeln der Kirche kollidiert", sagt Politi.
Viel Gegenwind in Rom
Und es kollidieren auch zwei Bilder des Papstes: In der Öffentlichkeit ist Franziskus so beliebt, wie wohl nur wenige Kirchenoberhäupter vor ihm. Er begeistert mit seiner gelebten Bescheidenheit, mit seiner Nähe zu Armen, Kranken, an den Rand Gedrängten und nicht zuletzt mit seiner einfachen, klaren Sprache. Doch an der Kurie in Rom und von einigen Bischöfen gibt es Gegenwind. Manch einer sagt, es habe noch nie so viel Opposition gegeben. Die vier Kardinäle haben zwar keine wichtige Position mehr - aber sie stehen für ein Lager in der katholischen Kirche, das sich an Papst Franziskus reibt. Dabei gibt es für Atonio Spadaro gar keine Reform-Agenda:
"Ich habe ihn einmal explizit gefragt: Wollen Sie die Kirche reformieren? Seine sehr entschiedene Antwort hat mich sehr getroffen, er sagte: Nein, ich will, dass Christus immer mehr im Zentrum der Kirche ist, und dann macht er die Reformen."
Papst ohne Plan?
Doch jetzt, nach dem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit scheint der Kurs von Papst Franziskus nicht ganz klar zu sein. Die nächste Synode findet erst 2018 statt, für 2017 ist vom Vatikan bisher nur eine kurze Reise nach Portugal bestätigt. Das muss nicht heißen, dass der Reformeifer nachgelassen hat. Für Antonio Spadaro, den Jesuiten ist klar: Schon nach fast vier Jahren Pontifikat ist die katholische Kirche eine andere:
"Ich denke, wir sind in einem wichtigen Moment seines Pontifikats, wo wichtige Dinge, wie das Schreiben 'Amoris laetitia' gemacht wurden, wo es eine Reform der Kirche, mehr als nur der Kurie gibt, die an einem Punkt ist, wo es kein Zurück mehr gibt. Wir sind in einer scheinbaren Phase der Ruhe, aber es ist die Zeit der Vertiefung. Die großen Reformen sind die, die sich Zeit nehmen und in die Tiefe gehen."
Wie viel Zeit sich Papst Franziskus noch für Reformen nimmt, ist noch nicht absehbar. Sein 80. Geburtstag ist für ihn jedenfalls kein Anlass, ans Aufhören zu denken. Und Padre Spadaro, der Papst-Intimus, verrät dann noch, die Methode Franziskus. Das könnte die Kritiker eigentlich beruhigen:
"Er hat schon öfter gesagt, dass er es wichtig findet, einen Plan zu haben. Aber er persönlich funktioniert so nicht. Er hat, wie man weiß, kein Büro, nur ein Zimmer mit einem kleinen Schreibtisch. Der Papst trifft seine Entscheidungen nicht in seinem Büro, sondern in der Kapelle, in die er mehrmals am Tag geht. Das ist der Ort der Entscheidung, im Gebet entsteht der Plan."