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900 Tage, eine Ewigkeit

Der Student Alexander Krylenkow wog nur noch 35 Kilo, als er Anfang Januar 1942 aus Leningrad, dem heutigen St. Petersburg, evakuiert wurde. Heute ist er 95 Jahre alt. "Ich weiß selbst nicht, wie ich damals überlebt habe", sagt er.

Von Gesine Dornblüth | 03.09.2011
    900 Tage blockierte die Wehrmacht die Stadt. Hitler wollte Leningrad aushungern. Die Tagesration Brot betrug 125 Gramm. Die Temperaturen sanken auf minus 40 Grad. Weit mehr als eine Million Menschen starben an Hunger, Kälte und Erschöpfung. Die Leichen häuften sich auf den Straßen, und niemand hatte mehr die Kraft, sie zu bestatten.

    Die Erinnerung an die Schrecken der Blockade ist in St. Petersburg, wie Leningrad heute heißt, immer noch lebendig. Die Überlebenden werden als Helden verehrt und sollen den jungen Russen als patriotisches Beispiel dienen. Zugleich sind die Beziehungen zu Deutschland eng wie nie. Deutsche Freiwillige wollen wieder gutmachen und pflegen alte Leute in St. Petersburg. Schüler aus beiden Ländern treffen sich regelmäßig. Und sogar die meisten Alten stehen den Deutschen offen gegenüber. Sie haben nicht vergessen. Aber vergeben.