Andreas Main: Es gibt so einige Zeitgenossen, die auf Abdel-Hakim Ourghi allergisch reagieren. Vor allem jene, die beim Stichwort "Islamkritik" sofort die Islamophobie-Keule schwingen. Aber das ist auch schon wieder dieses Schwarz-weiß-Denken, das Abdel-Hakim Ourghi nicht gerecht wird. Also, ich fange von vorne an und sage ganz nüchtern: Ourghi leitet den Fachbereich Islamische Theologie / Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Er ist 1968 in Algerien geboren, und er bezeichnet Deutschland als seine Heimat. Das tut er auch in seinem neuen Buch, das den Charakter eines Manifests hat. Da will einer was verändern. Dieses Buch erscheint heute und hat den Titel "Reform des Islam: 40 Thesen". Dass es jetzt zum Höhepunkt des Reformationsjubiläums erscheint, ist wohl auch kein Zufall. Mit Abdel-Hakim Ourghi rede ich nun nicht über Reformation, aber über die Reform des Islam. Ein Gespräch, das wir kurz vor dieser Sendung aufgezeichnet haben. Guten Morgen, Herr Ourghi.
Abdel-Hakim Ourghi: Guten Morgen, Herr Main.
Main: Herr Ourghi, "Reform des Islam: 40 Thesen" - der Titel ist eindeutig. Sie gehen von der Reformierbarkeit des Islams aus, bleiben also zuversichtlich. Wenn aber jemand sagt, der Islam sei nicht reformierbar, welche Argumente können Sie nachvollziehen?
"Der Islam steckt in einer Sinnkrise"
Ourghi: Na ja, der Islam ist wie jede andere monotheistische Religion zu reformieren, und zwar gemäß seiner jetzigen Situation neu zu interpretieren. Wenn wir über den Islam in Europa sprechen, das ist ein neuer Kontext, der nichts mit dem Islam in den muslimischen Ländern zu tun hat. Das ist ein Kontext nämlich, dass die Muslime als Minderheit eher im Westen leben - besonders in Deutschland. Und durch die Berührung mit dem Anderen sind die Muslime auch gezwungen, den Islam zu reformieren. Das ist ein Punkt.
Der zweite Punkt: Zurzeit befindet sich der Islam in einer gewissen Sinnkrise. Diese Sinnkrise sehen wir in den Gewalttaten der Islamisten, die Muslime sind, oder in der Unterdrückung der Frauen. Wir haben es hier mit einem Islam zu tun, der nicht mehr zeitgemäß ist. Und dieser Islam muss sich unbedingt reformieren.
Main: Ihr Buch ist durch und durch verständlich, auch für Nicht-Wissenschaftler. Sie formulieren auf mehr als 200 Seiten zugespitzt, plakativ, klar, sozusagen wie der Reformator Martin Luther in seinen Thesen. Oder finden Sie diesen Vergleich unpassend?
Ourghi: Na ja, also schon von der Zahl her, also ich weiß nicht, wie der Martin Luther auf 95 Thesen gekommen ist.
Main: Ihnen sind keine 95 eingefallen?
Ourghi: Nein, 95 … es ist für die Muslime, sage ich mal, zu viel. Ich möchte auch unsere Muslime nicht brüskieren. Aber die Zahl 40 ist ein bewusstes Programm, eine bewusste Entscheidung.
Die Zahl 40 ist eine symbolische Zahl. Das ist die Zahl der Prüfung, die Zahl der Bewährung. Diese Zahl taucht zum Beispiel im Alten Testament auf: 40 Tage im Alten Testament. Das ist die Zeit des Regens, der Sintflut - Genesis 7, 4. - oder des Aufenthaltes von Moses auf dem Sinai: Exodus 24, 18.
Also, auch im Neuen Testament lehrte der auferstandene Christus 40 Tage lang seine Jünger über das Reich Gottes.
Im Islam ist die Zahl 40 ein Zeichen oder ein Symbol der Vollkommenheit. Mohammed der Prophet hat die Offenbarung mit 40 erhalten. Sie sehen hier, es ist eine durchdachte Zahl, die versucht, die monotheistischen Religionen durch die Reform des Islam miteinanderzubringen.
Main: Herr Ourghi, ich zitiere Sie mal: "Die in den muslimischen Gemeinden vermittelte Religion, sei es in den türkischen oder in den arabischen Moscheen, ist realitätsfremd. Sie ist nicht zukunftsfähig, verfolgt eine Pädagogik der Unterwerfung, die ihre Anhänger in den westlichen Gesellschaften systematisch isoliert." Mit solchen Sätzen machen Sie sich wohl nicht nur Freunde.
"Wir brauchen einen humanistischen Islam"
Ourghi: Na ja, es gehört dazu, dass man den Islam kritisiert. Und die Kritik des Islam, es ist keine plakative Ablehnung der Religion, sondern es ist nur der Versuch, den Islam einfach neu zu formulieren. Wir möchten einfach muslimischen Menschen, besonders Menschen bei uns, die hier leben, einen neuen Zugang zu dem Islam ermöglichen, einen Zugang zu einem Islam, der sich respektiert und die anderen respektiert, ein Islam, der nicht seine Aufgabe darin sieht, die Anderen als Ungläubige zu erklären.
Wir denken jetzt an die sogenannten "Import-Imame", denen unsere Sozialisation hier bei uns im Westen total fremd ist oder die sogenannten selbsternannten Imame in den arabischen Moscheen. Diese Menschen predigen zurzeit keinen humanistischen Islam, sondern einen Islam, der versucht, die Muslime von den Anderen abzuschotten. Das ist ein konservativer Islam, der will bewusst einen Ghettoglauben in den muslimischen Gemeinden produzieren. Und das ist nicht der Islam, den wir hier bei uns in Deutschland brauchen. Wir brauchen einen humanistischen Islam, der mit unseren westlichen Werten vereinbar ist, darüber hinaus auch mit unserem Grundgesetz.
"Der Islam hat eine unheimliche Seite, die Unbehagen auslöst."
Main: Wenn es aber so viel Reformbedarf gibt im hiesigen Islam, so zumindest Ihre Position, dann hat das ja auch eben viel mit den Islamverbänden zu tun. Wenn deren Moscheen aber so sind, wie sie sind oder wie sie von Ihnen analysiert werden, woher kommt dann die Reform?
Ourghi: Schauen Sie mal, Herr Main, wir haben versucht, immer die sogenannten Dachverbände zu kritisieren und auch öffentlich. Allerdings hatten wir wenig Erfolg, weil der Staat bei uns in Deutschland und die beiden Kirchen immer einen Ansprechpartner bräuchten.
Inzwischen haben wir von der Vergangenheit gelernt. Es ist uns auch gelungen, mit Seyran Ateş auch in Berlin eine liberale Moschee zu gründen. Und das ist unser Ziel. Nämlich wir möchten ganz unten anfangen, um unsere Reformideen einfach den Menschen zu vermitteln. Also, Sie sehen, wir versuchen auch heute zum Teil sehr aktiv zu werden, um diesen humanistischen Islam den Menschen zu vermitteln.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Ich möchte hier keine Korrekturen betreiben oder einfach schön reden. Mir ist bewusst, dass der Islam einfach zurzeit viele Probleme hat. Wir müssen auch über diese Probleme reden, über diese unangenehmen Wahrheiten, nämlich, dass der Islam inzwischen eine unheimliche Seite hat, die in seiner Umgebung Unbehagen auslöst. Das hat damit zu tun, dass wir Muslime nie gelernt haben, zwischen der Macht der Kanzel zu unterscheiden und der Macht des Weltlichen. Also die Religion - da wollen wir wirklich eine Trennlinie machen. Und dann sagen wir, dass der Islam eher eine persönliche, individuelle Beziehung ist zwischen dem Einzelnen und seinem Gott. Und dazu brauchen wir keine Vermittler.
"Der politisch-juristische Koran passt nicht mehr in unsere Zeit"
Main: Sie haben schon vorhin den Koran angesprochen. Da möchte ich jetzt gerne mal etwas ins Detail gehen. Denn bei aller Kritik an gegenwärtigen islamischen Strömungen, ich habe selten etwas über den Koran gelesen, das von solcher Liebe zu diesem Text geprägt war wie bei Ihnen. Verstehe ich Sie da richtig?
Ourghi: Selbstverständlich, der Koran ist ein Stück meiner Identität. Das ist die kollektive Identität aller Muslime. Wir definieren uns durch unsere Zugehörigkeit zu dem Koran. Nun, die Frage ist: Wie sollen wir mit diesem Koran umgehen? Ich habe in der letzten Zeit immer über die klassische Unterscheidung zwischen dem mekkanischen Koran, der zwischen 610 bis 622 in Mekka offenbart worden ist, und dem medinensischen Koran, der in Medina, in dem heutigen Saudi-Arabien zwischen 622 bis 632 offenbart worden ist. Heute rede ich nicht mehr von dieser These.
Ich unterscheide ganz deutlich zwischen dem ethischen, humanistischen Koran, den wir in den zwei Perioden finden, und zwischen dem politischen, juristischen Koran. Dieser politische, juristische Koran ist eher gedacht für die Gemeinde des Propheten im 7. Jahrhundert. Und dieser Koran passt einfach nicht mehr zu unserer Zeit.
"Ich will den Koran, der die Liebe predigt, wiederbeleben"
Main: Aber halbieren Sie dann nicht den Koran?
Ourghi: Nein, ich halbiere nicht den Koran. Ich versuche einfach, mich zu positionieren. Ich kann heute nicht mehr als Moslem Kriege gegen die sogenannten Ungläubigen führen. Diese Zeiten sind vorbei. Das ist ein Koran, der für das 7. Jahrhundert gedacht worden ist.
Mir geht es darum, dass dieser humanistische Koran, der die Liebe predigt, der die Gnade Gottes, der die Barmherzigkeit Gottes predigt, dieser Koran, den wir auch in dem gesamten Koran finden, mir geht es darum, diesen Koran wiederzubeleben. Dieser Koran ist uns verlorengegangen im Laufe der Jahrhunderte, da wir den Islam immer als Politik betrachtet haben.
"Alle Muslime können den Koran interpretieren, wie sie wollen."
Main: Sie schreiben wörtlich: "Wer den Koran respektiert, kann ihn nicht wortwörtlich nehmen. Der Koran wäre nur totes Wort, würde er nicht durch Interpretation des Zeitgeistes lebendig gemacht werden." - Zitatende. Da halte ich dann aber auch noch mal dagegen: Der Zeitgeist ist sehr volatil. Der macht, was er will.
Ourghi: Na ja, die Muslime können und sind auch in der Lage, den Koran selbst zu interpretieren. Es gibt die sogenannte Freiheit der Interpretation - gemäß der Zeit. Das heißt: Jeder Mensch, jeder Moslem ist in der Lage, den Koran zu interpretieren. Darüber hinaus, der Koran ist nur ein Buch. Und nur die Menschen können … oder es sind die Menschen, die ihm Ausdruck verleihen. Das heißt, der Koran spricht nicht von sich selbst, sondern wir brauchen die sogenannte Freiheit der Leser. Und jeder Moslem oder jede Muslimin können den Koran frei interpretieren, sogar wie sie wollen.
"Sich aus der selbstverschuldeten Knechtschaft befreien"
Main: Also, das Deutungsmonopol der Gelehrten durchbrechen. Wie begründen Sie das theologisch?
Ourghi: Theologisch - es hat damit zu tun, dass wir in dem Koran zahlreiche Verse lesen, die zur Anwendung der Vernunft die Muslime aufrufen. Die Anwendung der Vernunft bedeutet in erster Linie, den Koran oder den Islam neu zu interpretieren, und zwar in dem Kontext, wo die Menschen leben.
Uns geht es in erster … oder mir persönlich geht es in erster Linie darum, dass die Menschen, oder dass die Muslime anhand der reflektierenden Vernunft den Islam interpretieren und dass sie versuchen, sich von der selbstverschuldeten Knechtschaft zu befreien - diese Knechtschaft, die sich durch den Diskurs von muslimischen Gelehrten im Laufe der Jahrhunderte etabliert hat.
"Ein neuer Zugang zum Koran"
Main: Positiv gewendet gibt es bei Ihnen ein wunderbares Wortspiel, so sinngemäß, Sie plädieren dafür, "den Koran nicht wörtlich zu nehmen", sondern "den Koran besser beim Wort" zu nehmen. Diese Wendung ist für Sie wahrscheinlich mehr als ein Wortspiel. Also, wie nehme ich den Koran beim Wort?
Ourghi: Wenn wir versuchen, den Koran wörtlich zu interpretieren, dann entleeren wir den Koran von seiner religiösen Vitalität. Den Koran beim Wort zu nehmen, das heißt, das ist ein neuer Zugang, nämlich, dass jeder Mensch in der Lage ist, die eigene Erfahrung mit dem Text zu machen, dass jeder Mensch auch in der Lage ist, einfach den Sinn in dem Koran zu entdecken. Das ist das, was ich immer die sogenannte entdeckte religiöse Identität genannt habe. Das ist eine Identität, eine neue religiöse Identität, die nicht auf der Nachahmung basiert, sondern eher auf der eigenen Bemühung, das individuelle Räsonieren, um sich einfach neu zu definieren.
"Gott ist ein Gott der Liebe"
Main: Aus anderen Offenbarungsreligionen wissen wir, wie schwierig es ist, Anhänger eines wortwörtlich verstandenen Gotteswortes für historisch-kritische oder andere wissenschaftliche Lesarten zu gewinnen. Haben Sie nicht manchmal auch die Angst, dass Sie womöglich Ihre Mitmuslime überfordern?
Ourghi: Nein, ich habe keine Angst. Ich möchte einfach die Muslime dazu bewegen, zum Beispiel, wenn Sie mir erlauben, hier ein Beispiel zu nennen: Also, der Gott im Islam, den wir als Kinder gelernt haben, es ist nicht nur dieser Gott, der sehnsüchtig auf die Bestrafung der Menschen wartet.
Das ist ein Gott - wir lesen das genau im Koran -, das ist ein Gott der Liebe, der Menschen liebt. Das ist ein Gott, der Sünden vergibt. Dieser Gott ist barmherzig, der ist liebreich. Das ist die sogenannte Gnadentheologie, die wir Muslime nicht kennen. Und es ist die Zeit, dass die islamische Theologie, besonders in Deutschland, solch einen Weg für einen humanistischen Islam … es ist ihre Aufgabe, das zu ebnen.
"Ein ethisch-humanistisch verstandener Koran ist befreiend"
Main: Mir scheint auch, dass das einer der wichtigsten Sätze in Ihren 40 Thesen ist. Der besteht aus drei Wörtern und lautet: "Gott ist Liebe."
Ourghi: Jawohl. Also, Gott … es ist … vielleicht klingt das christlich, aber wenn wir einige Koranverse in Betracht ziehen, wir haben einen Gott, der liebevoll ist, der gnädig, der barmherzig ist und auch vergebend.
Da sind zahlreiche Verse, die zu einem ethischen Islam rufen, zu einem ethischen Koran. Also, ich möchte nur sagen, dass die Angst vor Gott, diese Angst, die die Gelehrten im Laufe der Jahrhunderte gepredigt haben, sie ist fesselnd, sie verhindert die Menschen, sich zu entdecken. Und diese Liebe, die wir in diesem ethischen und in diesem humanistischen Koran lesen, die ist befreiend. Das heißt, die Freiheit des Menschen ist im Koran auch gegründet.
"Ich darf Mohammed von seiner Heiligkeit befreien"
Main: Sie nehmen sich diese Freiheit, zum Beispiel auch das Glaubensbekenntnis, eine der fünf Säulen im Islam, umzudefinieren. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis bei Ihnen?
Ourghi: Also, das ist keine Erfindung von mir. Das ist eher eine Auseinandersetzung mit dem Koran. Ich habe versucht, in dem gesamten Koran das sogenannte Glaubensbekenntnis, das aus Teilen besteht, nämlich: "Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt und Mohammed dessen Gesandter ist."
Dieses Glaubensbekenntnis oder besonders diesen zweiten Teil finde ich nicht in dem Koran. Ich finde in dem Koran nur den ersten Teil, dass es keinen Gott außer Gott gibt.
Mohammed, der historische Prophet, hatte nur eine zentrale Aufgabe im Laufe seiner Karriere als Prophet, nämlich erstens, die neue Religion zu verkünden. Das heißt, er übte keine Macht über die Menschen aus, sie zu dem neuen Islam zu bewegen. Interessanterweise, wenn wir über diesen Mohammed als historischen Prophet sprechen oder als historischen Menschen, entdecken wir hier nicht nur den Verkünder einer neuen Religion, sondern wir entdecken auch den Staatsmann, der Kriege geführt hat. Also, wir haben zwei Seiten in dem Islam. Zurück zu Ihrer Frage.
Es ist keine Gefahr für mich als Moslem, wenn ich bezeuge, dass es nur einen Gott gibt, und dass Mohammed nichts anderes ist als ein Mensch. Ich zitiere den Koran hier: "Ich bin nichts anderes als ein Mensch wie ihr." Und dieses Menschsein führt mich dazu, Mohammed zu kritisieren und von seiner Heiligkeit zu befreien.
"Nur ein Islam, der auch Atheisten akzeptiert, ist überlebensfähig"
Main: Sollten sich Ihre Positionen durchsetzen, die Positionen Ihrer 40 Thesen, was natürlich nur passieren kann, wenn all jene Musliminnen und Muslime, die ähnlich denken, sich zusammentun, was wäre das Markenzeichen dieses reformierten Islam der Zukunft?
Ourghi: Also, dieser reformierte Islam hat eine zentrale Aufgabe - den Menschen als Moslem neu zu entdecken. Ein Mensch, der in der Lage ist, andere zu respektieren, der in der Lage ist, daran zu glauben, dass andere ebenso Inhaber der absoluten Wahrheit sind.
Das ist der Islam des Humanismus. Ein Islam, der nicht mit der Politik zu tun hat. Ein Islam, der eher eine individuelle Beziehung hat zwischen dem Einzelnen und seinem Gott. Das ist der Islam, den wir hier bei uns brauchen. Wir müssen den Islam von seinen politischen Tendenzen befreien. Dieser Islam ist friedlich. Die Frage, wenn Sie mir erlauben, das so zu stellen, die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, das ist die falsche Frage.
Die richtige Frage: Was für einen Islam brauchen wir heute in Deutschland? Und ich sage es ganz deutlich: Nur ein Islam, der reformierbar ist, und nur ein Islam, der die Anderen akzeptiert, wie sie sind, nur ein Islam, der auch die Atheisten akzeptiert, wie sie sind, ist überlebensfähig.
"Niemand hat das Recht, andere als Ungläubige zu betrachten"
Main: Das heißt, ein bestimmter Islam gehört nicht zu Deutschland? Und wenn ja, welcher?
Ourghi: Na ja, also, ich versuche, den sogenannten konservativen Islam zu kritisieren. Wir brauchen diesen konservativen Islam - und wir müssen auch die konservativen Menschen respektieren. Das ist auch unsere Aufgabe, aber es ist auch unsere zentrale Aufgabe, diese Menschen zum Nachdenken zu bringen. Es ist unsere Aufgabe, eine ehrliche und mutige Debatte unter den Muslimen zu führen. Keiner hat das Recht, den anderen als Nestbeschmutzer oder als ungläubig zu betrachten. Es geht darum, dass wir im Westen leben und dieser Westen erlaubt uns, miteinander friedlich zu diskutieren und zu reden.
Main: Der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi. Danke, Herr Ourghi, für dieses Gespräch.
Ourghi: Gern geschehen.
Abdel-Karim Ourghi: "Reform des Islam: 40 Thesen"
Veröffentlicht am 04.10.2017 im Claudius Verlag, 200 Seiten, 18 Euro
Veröffentlicht am 04.10.2017 im Claudius Verlag, 200 Seiten, 18 Euro