"10 strokes."
"Okay."
"15 strokes."
"Keep it coming."
Konzentriert verfolgt Callum Kennedy den Fortschritt der Bohrung auf einem alten Monochrom-Monitor. Hinter ihm behält Blue Rapley die Druckanzeige im Auge. Wer auf den Ölplattformen in der schottischen Nordsee nach Öl bohren will, muss zunächst auf einem Bohrsimulator üben, wie hier in der Aberdeen Drilling School.
"Okay."
"15 strokes."
"Keep it coming."
Konzentriert verfolgt Callum Kennedy den Fortschritt der Bohrung auf einem alten Monochrom-Monitor. Hinter ihm behält Blue Rapley die Druckanzeige im Auge. Wer auf den Ölplattformen in der schottischen Nordsee nach Öl bohren will, muss zunächst auf einem Bohrsimulator üben, wie hier in der Aberdeen Drilling School.
Dieser Beitrag gehört zu der fünfteiligen Reportagereihe "Aberdeen in Schottland - Das Ende vom Öl" in der Sendung "Gesichter Europas".
Der klobige rote Kasten wirkt wie aus einem längst vergangenen Industriezeitalter: Statt moderner Touchscreens wird der Bohrprozess mit großen Hebeln und schweren Drehschaltern gesteuert. So wie auf hoher See: Die Öl- und Gasreserven vor Schottland wurden in den 1970er-Jahren erschlossen.
Früher war Geld kein Thema für die Ölunternehmen
Die beiden Instruktoren Kennedy und Rapley spielen gerade ein neues Szenario durch. Ihre Teilnehmer sollen 1,7 Kilometer unter dem Meer ein Gasvorkommen anbohren. Plötzlich ertönt eine Sirene, Lampen blinken auf dem Steuerungspult auf, etwas läuft schief. Callum Kennedy bedient den Notschalter.
Dass die Drilling School solche Szenarien für ihre Teilnehmer neu auflegt, zeigt, dass es mit der Ölindustrie in Aberdeen langsam wieder aufwärts geht. Nach Jahren des Booms stürzte der Ölpreis von über 100 US-Dollar pro Fass auf weit unter 50. Die Öl-Stadt Aberdeen rutschte in die Rezession. Zehntausende Arbeiter, Ingenieure und Berater verloren ihre Jobs. Das alles hat Spuren hinterlassen.
"Heute kosten Bohrinseln 150.000 US-Dollar pro Tag. Vor vier Jahren waren es noch 250.000 Dollar. Das trifft die Menschen, die dort arbeiten. Ihre Gehälter sind gesunken. Es trifft aber auch die Ausgaben für Training", sagt Jason Grant, Geschäftsführer der Aberdeen Drilling School. Auch er musste Mitarbeiter entlassen. Denn die Ölfirmen zahlen nur noch Kurse, die zwingend vorgeschrieben sind. Anders als vor der Krise.
"Geld war nie ein Thema für die Unternehmen. Sie sahen das Training als Bonus für ihre Mitarbeiter. "
Dass die Drilling School solche Szenarien für ihre Teilnehmer neu auflegt, zeigt, dass es mit der Ölindustrie in Aberdeen langsam wieder aufwärts geht. Nach Jahren des Booms stürzte der Ölpreis von über 100 US-Dollar pro Fass auf weit unter 50. Die Öl-Stadt Aberdeen rutschte in die Rezession. Zehntausende Arbeiter, Ingenieure und Berater verloren ihre Jobs. Das alles hat Spuren hinterlassen.
"Heute kosten Bohrinseln 150.000 US-Dollar pro Tag. Vor vier Jahren waren es noch 250.000 Dollar. Das trifft die Menschen, die dort arbeiten. Ihre Gehälter sind gesunken. Es trifft aber auch die Ausgaben für Training", sagt Jason Grant, Geschäftsführer der Aberdeen Drilling School. Auch er musste Mitarbeiter entlassen. Denn die Ölfirmen zahlen nur noch Kurse, die zwingend vorgeschrieben sind. Anders als vor der Krise.
"Geld war nie ein Thema für die Unternehmen. Sie sahen das Training als Bonus für ihre Mitarbeiter. "
"Den Einbruch des Öls hat jeder gespürt"
Nach über 40 Jahren gehen viele Ölfelder langsam zur Neige. Die großen Konzerne wie Shell oder BP werden sich deshalb in den kommenden zehn Jahren aus der Öl- und Gasförderung in der britischen Nordsee zurückziehen, erwartet Grant. Kleinere Öl-Firmen werden übernehmen, um die Restvorkommen auszubeuten.
Der Effekt des "Downturn", wie der Einbruch des Ölpreises genannt wird, hat Aberdeen in vielen Bereichen getroffen. Früher stauten sich hier an der Union Street, der Hauptstraße von Aberdeen, zur Rush Hour die Autos. Heute beobachten zwei grauhaarige Taxifahrer an der Ecke Belmont Street, wie der Verkehr ungehindert fließt.
"Den Einbruch des Öls hat jeder gespürt."
"Jede Branche hat gelitten, nicht nur die Ölindustrie. Man sieht sogar Restaurants schließen. Unglaublich, aber was will man machen?"
Der Effekt des "Downturn", wie der Einbruch des Ölpreises genannt wird, hat Aberdeen in vielen Bereichen getroffen. Früher stauten sich hier an der Union Street, der Hauptstraße von Aberdeen, zur Rush Hour die Autos. Heute beobachten zwei grauhaarige Taxifahrer an der Ecke Belmont Street, wie der Verkehr ungehindert fließt.
"Den Einbruch des Öls hat jeder gespürt."
"Jede Branche hat gelitten, nicht nur die Ölindustrie. Man sieht sogar Restaurants schließen. Unglaublich, aber was will man machen?"
30 bis 50 Prozent ihrer Einnahmen haben beide Taxifahrer in der Krise eingebüßt. Und nicht nur sie: Verluste in dieser Höhe ziehen sich durch die gesamte Wirtschaft der Stadt. Die Ölindustrie ist mit Abstand der wichtigste Arbeitgeber. Ihr Niedergang strahlte in viele andere Branchen aus. Mieten und Immobilienpreise sind um rund ein Drittel gefallen. Selbst die Pubs sind am Wochenende auffallend schlecht besucht. Man habe sich eben zu sehr auf die Ölindustrie verlassen, sagt einer der Fahrer, bevor seine nächsten Fahrgäste einsteigen– Touristen, keine Ölmanager.
Champagner aus Pint-Gläsern
"This is our lounge. We call it the drawing room."
Die Lounge des Marcliffe Hotels. Plüschige Sofas im Landhausstil, auf dem Flügel stehen Fotos, sie zeigen den Direktor Stewart Spence mit seinen berühmtesten Gästen – darunter Ex-Premierminister wie Margaret Thatcher oder Tony Blair, aber auch US-Präsident Donald Trump.
Spence ist durch das Öl reich geworden. Er erinnert sich noch gut, wie es in der Stadt plötzlich von Texanern mit Cowboy-Hüten wimmelte, nachdem vor der schottischen Küste Öl gefunden worden war. 1971 tauchte einer der amerikanischen Ölmanager in seinem damaligen Hotel auf, um 20 Zimmer zu reservieren:
"Ich fragte damals: für wie viele Nächte? Er sagte: Für die kommenden sechs Monate. Ich konnte es nicht glauben, aber es war wahr."
Seitdem lebte Spence wie so viele in Aberdeen vom Öl, profitierte von den Exzessen der Branche.
"In den 80er-Jahren besaß ich ein Hotel, in dem sie Dom-Pérignon-Champagner aus Pint-Gläsern tranken. Eine verrückte Zeit."
Zimmerpreise von über 300 Euro die Nacht, Partys mit den besten Whiskeys und Gins auf Kosten der Ölfirmen: Das war keine Seltenheit.
Die Lounge des Marcliffe Hotels. Plüschige Sofas im Landhausstil, auf dem Flügel stehen Fotos, sie zeigen den Direktor Stewart Spence mit seinen berühmtesten Gästen – darunter Ex-Premierminister wie Margaret Thatcher oder Tony Blair, aber auch US-Präsident Donald Trump.
Spence ist durch das Öl reich geworden. Er erinnert sich noch gut, wie es in der Stadt plötzlich von Texanern mit Cowboy-Hüten wimmelte, nachdem vor der schottischen Küste Öl gefunden worden war. 1971 tauchte einer der amerikanischen Ölmanager in seinem damaligen Hotel auf, um 20 Zimmer zu reservieren:
"Ich fragte damals: für wie viele Nächte? Er sagte: Für die kommenden sechs Monate. Ich konnte es nicht glauben, aber es war wahr."
Seitdem lebte Spence wie so viele in Aberdeen vom Öl, profitierte von den Exzessen der Branche.
"In den 80er-Jahren besaß ich ein Hotel, in dem sie Dom-Pérignon-Champagner aus Pint-Gläsern tranken. Eine verrückte Zeit."
Zimmerpreise von über 300 Euro die Nacht, Partys mit den besten Whiskeys und Gins auf Kosten der Ölfirmen: Das war keine Seltenheit.
Die wilden Zeiten sind vorbei
Bis zur Krise 2014. Damals las Spence in der Zeitung, dass eine große Ölfirma die Preise ihrer Zulieferer um 20 Prozent drücken wollte. Daraufhin habe er deren Chef angerufen.
"Ich fragte ihn, Bob, bin ich auch ein Zulieferer? Er fragte zurück: Übernachten bei Dir Öl-Leute, Stewart? Dann bist Du auch ein Zulieferer."
Spence senkte seine Preise um ein Viertel, musste Mitarbeiter entlassen. Heute, vier Jahre später, läuft das Geschäft mit den Ölfirmen wieder besser. Doch Spence hofft jetzt auf Touristen, die zum Golfen kommen. Denn er ist sich sicher: Die wilden Zeiten des Ölbooms sind in Aberdeen für immer vorbei.
"Ich fragte ihn, Bob, bin ich auch ein Zulieferer? Er fragte zurück: Übernachten bei Dir Öl-Leute, Stewart? Dann bist Du auch ein Zulieferer."
Spence senkte seine Preise um ein Viertel, musste Mitarbeiter entlassen. Heute, vier Jahre später, läuft das Geschäft mit den Ölfirmen wieder besser. Doch Spence hofft jetzt auf Touristen, die zum Golfen kommen. Denn er ist sich sicher: Die wilden Zeiten des Ölbooms sind in Aberdeen für immer vorbei.