Vielleicht ist es am Ende kein Wunder, dass die Stadt Rom ein gewaltiges Problem mit dem Müll hat. 5.000 Tonnen Müll entstehen hier – jeden Tag. Und 58% davon, oder rund 3.000 Tonnen, sind nicht sortierter Restmüll.
Gewaltige Zahlen – und dann hat Rom noch nicht mal die Möglichkeiten, mit dem ganzen Müll aus eigener Kraft fertig zu werden. Alessandro Bratti sitzt für die Regierungspartei PD im italischen Abgeordnetenhaus – gleichzeitig ist er Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses, der sich mit der so genannten Ökomafia in Italien befasst. Und zum Thema Rom gibt es da viel zu erzählen:
"Die Lage ist sehr kritisch. Und das liegt an der Methode und an den Anlagen zur Müllentsorgung in Rom. In Wahrheit sind das keine Anlagen zur Müllentsorgung, sondern sie machen aus Müll neuen Müll. Jeden Tag kommen etwa 3.000 Tonnen Restmüll in diese Anlagen, wo sie zwar sortiert werden – doch herauskommt neuer Müll.
Sommer-Streik der städtischen Müllverorgung
Virgina Raggi, die neue Bürgermeisterin, hat es schon gleich nach ihrem Amtsantritt zu spüren bekommen. Im Sommer gab es eine Art wilden Streik bei der städtischen Müllentsorgung, der AMA. Überall Haufen auf den Straßen, überquellende Mülleimer und -Container. Da wollte wohl jemand der neuen Stadtregierung zeigen, wer die Macht hat. Und wer am Müll verdient:
"Zwölf Jahre lang kümmert sich die AMA um Millionen Tonnen Müll. Millionen. Und jede Tonne hat ihren Preis. Wir reden also von einem Geschäft von Millionen und Abermillionen Euro. Ein Riesengeschäft. Und der Müll kommt jeden Tag. Wer sich das also unter den Nagel reißt, auch ganz regulär, hat wirtschaftlich gesehen, schöne Aussichten."
Millionengeschäft Müll
In Rom gab es mal die größte Mülldeponie Europas, in Malagrotta, auf halbem Weg zum Flughafen. Hier herrschte Manlio Cerroni – den "achten König" von Rom haben sie ihn genannt. Seine Unternehmen sind heute noch milliardenschwer. Fast 40 Jahre lang wurde der Müll von Rom einfach in Malagrotta abgekippt, sagt Roberto Scacci, Präsident der Umweltschutzorganisation Legambiente im Latium:
"Jahrelang hat Rom unter der Diktatur der Mülldeponie von Malagrotta gelebt. Wo der Müll von Rom für einen lächerlichen Preis entsorgt wurde. Und über offizielle oder stillschweigende Abkommen war es der Politik nicht gestattet, das Thema Recycling anzugehen. Es gibt also nicht die dafür notwendigen Anlagen, weil es das Monopol auf nur eine Art von Müll gab – den unsortierten Restmüll. "
Deshalb haben die Römer bis heute eine der schlechtesten Mülltrennungsquoten Italiens. Deshalb fehlt es überall an Kapazitäten, zur Müllverbrennung, zur Kompostierung der Abfälle, zur Wiederverwertung.
Müll wird auf Reisen geschickt
Auch wenn Malagrotta inzwischen Vergangenheit ist: 2013 wurde die riesige Deponie geschlossen, nach jahrelangem Verstoß gegen Umweltauflagen, wegen dessen einige Gerichtsverfahren laufen. Und nach jahrelangem Druck von der EU wegen der Zustände dort.
Und seitdem? Der Müll von Rom wird inzwischen auf zum Teil weite Reisen geschickt. Hunderttausende Tonnen gehen jedes Jahr in Verbrennungsanlagen im Norden, bis nach Deutschland. Dutzende LKW starten jeden Tag in Rom, um Kompostieranlagen im Veneto zu beliefern. Das kostet die Stadt riesige Summen, die am Ende auf die Bürger umgelegt werden, sagt Roberto Scacci:
"Wir zahlen viel dafür, dass jemand uns unseren Müll abnimmt, wir zahlen LKW-Fahrer, die Anlagen in Norditalien, die Anlagen in Deutschland. Und dort verdienen sie nicht nur an der Entsorgung, sondern sie verdienen auch mit der Müllverarbeitung – das ist eine Ressource. Aber so wird hier nicht gesehen, denn hier herrscht ein System, das dem bis heute entgegensteht."
Kein Plan für die Zukunft des Müllproblems
Virginia Raggi macht den Eindruck, sie habe das Problem erkannt. Doch ob sie es lösen kann? In den letzten Jahrzehnten haben sich Stadtregierungen des linken und des rechten Lagers abgewechselt. Einen Plan für die Zukunft des Müllproblems hat keine entwickelt.
Am Ende war der Müll von Rom auch immer schon ein gutes Mittel, eine Stadtregierung scheitern zu lassen, denn stinkt der Müll in den Straßen, stinkt es auch den Bürgern. So könnte auch Virgina Raggi an den römischen Müllbergen scheitern. Ihre Gegner warten darauf. Das Müllproblem in Italiens Hauptstadt bliebe dann weiter ungelöst.