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Abgas-Manipulationen
VW ruft fünf Millionen Autos zurück

Fünf Millionen Fahrzeuge - so viele Autos muss der VW-Konzern nachrüsten. Das hat das Unternehmen jetzt bekanntgegeben. Was genau geschehen soll, ist unklar, denn Details nannte VW nicht. Deutlich wird aber schon jetzt: Der Skandal um geschönte Abgaswerte wird den Autobauer noch teurer zu stehen kommen als erwartet.

    An einem alten Volkswagen (Golf) ist am 23.09.2015 auf einem Schrottplatz in Wiesbaden (Hessen) das Logo des Autokonzerns verwittert.
    Der Zustand von VW ist kritisch. (picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen)
    Wie VW in Wolfsburg bekanntgab, werden die betroffenen Kunden demnächst per Post über die Nachbesserungen informiert. Betroffen sind demnach Fahrzeuge bestimmter Baujahre und Modelle mit Dieselmotoren des Typs EA 189, der über eine Manipulationssoftware verfügt. Dies gilt etwa für den VW Golf sechster Generation, den Passat in siebter Generation und das erste Modell des kompakten Geländewagens Tiguan.
    Der Druck auf VW hatte heute noch einmal zugenommen. EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska sagte in Brüssel, man erwarte von VW, dass die Situation geklärt werde. Der Konzern müsse umfassend mit den nationalen Behörden zusammenarbeiten und die EU-Regeln einhalten. Die Forderungen wird Bienkowska VW auch persönlich übermitteln: Sie kommt am Abend in der belgischen Hauptstadt Brüssel mit Markenchef Herbert Diess zusammen.
    Die Industriekommissarin kündigte zudem langfristige Konsequenzen aus der Affäre an. So will die Kommission bis zum Jahresende Reformvorschläge für die Genehmigung neuer PKW-Modelle vorlegen. Auch sollen die Regeln für Rückrufaktionen vereinheitlicht werden.
    Gabriel: "Nicht verdunkeln!"
    Bundeswirtschaftsminister Gabriel sagte, es dürfe bei VW "kein Abwiegeln, kein Verdunkeln, kein Verschleiern" geben. Die Politik müsse sich darum kümmern, dass die Arbeitsplätze bei den 600.000 Beschäftigen weltweit nicht in Gefahr seien.
    Die IG Metall sprach sich dafür aus, den Skandal durch eine unabhängige Kontrollbehörde untersuchen zu lassen. Das Vertrauen der Gewerkschafter in das Kraftfahrt-Bundesamt ist erschüttert: IG-Metall-Chef Detlef Wetzel sagte in Frankfurt, das Amt sei zum devoten Dienstleister der Autobauer verkommen. Wetzel betonte zudem, die Arbeitnehmer seien für den Skandal nicht verantwortlich. Es gelte deshalb auch der Satz: "Wir zahlen nicht für eure Krise".
    VW-Rückstellungen reichen nicht aus
    Zahlen muss auf jeden Fall VW, und zwar vermutlich noch viel mehr als bislang angenommen. Wie VW-Finanzvorstand Pötsch der Zeitschrift "Automobilwoche" sagte, kann der Konzern nicht alle Folgen der Affäre aus seinen finanziellen Rückstellungen begleichen. Die Gelder würden vor allem für technologische Nachbesserungen verwendet, meinte Pötsch. Andere Kosten wie mögliche Schadenersatz-Zahlungen kämen hinzu.
    Inzwischen ist klar, das von dem Skandal auch etwa 700.000 Autos der Marke SEAT betroffen sind. Insgesamt geht es nach bisherigen Erkenntnissen um rund elf Millionen Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns.
    Der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel warnte davor, dass VW-Fahrer Probleme mit den Umwelt-Plaketten bekommen könnten. Es sei fraglich, ob die manipulierten Fahrzeuge die Vorgaben für die Plakette erfüllten, sagte Remmel im WDR-Hörfunk.
    BUND will Steuervorteile für Diesel abschaffen
    Der Bund für Umwelt und Naturschutz forderte, die steuerlichen Vorteile für Dieselfahrzeuge abzuschaffen. BUND-Chef Hubert Weiger sagte in Berlin, zwar stießen Dieselmotoren etwas weniger klimaschädliches Kohlendioxid aus als die Benzinvarianten. Doch es entstünden zugleich andere Schadstoffe wie Ruß und Stickoxide. Die Besteuerung von Benzin und Diesel solle daher angeglichen werden.
    Bei der VW-Tochter Porsche will der Aufsichtsrat morgen in Stuttgart den neuen Vorstandsvorsitzenden bestimmen. Es dürfte der derzeitige Produktionsvorstand Oliver Blume werden. Er wäre dann Nachfolger von Matthias Müller, der nach dem Abgang von VW-Chef Martin Winterkorn neuer Vorstandsvorsitzender in Wolfsburg wurde. Porsche ist von dem Abgasskandal nach eigenen Angaben nicht betroffen. Ein Unternehmenssprecher sagte heute, in Porsche-Dieselmodelle sei der manipulierte Motor nicht eingebaut worden.
    Die japanische Regierung kündigte an, nun auch die Fahrzeuge japanischer Hersteller überprüfen lassen. Die Autobauer Toyota, Nissan, Mazda und Mitsubishi sollen offenlegen, ob sich ihre Dieselfahrzeuge an die nationalen Emissionsvorgaben halten.