"Vorsprung durch Technik" - so haben sich die Halter von VW-Dieselautos das nicht vorgestellt. Auch diesem morgendlichen Berufspendler tritt eine Sorgenfalte in die Stirn, als ihn der Reporter an einer Hannoveraner Zapfsäule auf den Skandal anspricht.
"Geschummelt wird auf allen Ebenen – und auch auf der industriellen. Die Dieselfahrzeuge machen da keine Ausnahme!"
VW könnte auch die Abgaswerte ihres Autos manipuliert haben - die Motornummer dürfte Aufschluss darüber geben - doch nachschauen will sie erst mal nicht:
"Da das ein Leasing-Fahrzeug ist und wir es im Oktober abgeben, nicht. Anders weiß ich nicht, ob ich mir da nicht ein bisschen Gedanken machen würde."
Das Kraftfahrt-Bundesamt verlangt von Volkswagen bis zum 7. Oktober einen Plan, wie die 2,8 Millionen betroffenen Fahrzeuge in Deutschland über einen Rückruf so ertüchtigt werden können, dass sie die geltende EU-Abgasnorm einhalten. Die Wolfsburger Autobauer haben das zugesichert, Volkswagen will in dieser Woche Lösungsvorschläge präsentieren. Voraussichtlich soll ein Software-Update in der Werkstatt Abhilfe schaffen.
Bundesverkehrsminister Dobrindt hat Abgastests im realen Fahrbetrieb auf der Straße angekündigt – auch Dieselfahrzeuge anderer Hersteller sollen so kontrolliert werden. Das Bundesverkehrsministerium droht bei Nichterfüllung der Abgasnorm mit Stilllegung, also Fahrverbot.
In den USA drohen Volkswagen eine Milliardenbuße und eine Flut von Sammelklagen geprellter Diesel-Käufer. Doch welche Rechte haben betroffene Autokäufer in Deutschland?
Für eine abschließende rechtliche Bewertung lägen noch zu wenige Fakten über die geplante Rückrufaktion oder "Serviceaktion" auf dem Tisch, bemerken die Verbraucherzentralen, die sich als erste Anlaufstelle für besorgte Halter anbieten.
Grundsätzlich hat der Käufer eines Automobils einen sogenannten Gewährleistungsanspruch, sagt ADAC-Juristin Silvia Schattenkirchner. Voraussetzung für Ansprüche gegenüber Volkswagen sei ein Mangel der gekauften oder geleasten Autos. Zum Beispiel dann, wenn die Fahrzeuge nach der Software-Änderung die genehmigten Schadstoff-Grenzwerte nur durch eine reduzierte Motorleistung einhalten würden. Je nachdem, welches Abgasreinigungssystem zum Einsatz kommt, könnte sich auch der Spritverbrauch deutlich erhöhen.
"Das heißt, ich kann innerhalb der Gewährleistungszeit dann zunächst die kostenlose Nachbesserung verlangen - was ja wohl auch angeboten wird. Wenn das nichts nützt, dann wären wir einen Schritt weiter! Dann kann man über den Rücktritt vom Kaufvertrag nachdenken, also, ob man das Fahrzeug zurückgeben kann - oder die Kaufpreisminderung."
VW hat bislang offengelassen, ob das Unternehmen für die getäuschten Kunden eine Kulanzregelung treffen und - je nachdem, wie hoch deren Schaden ausfällt - für die restliche Nutzungsdauer einen Ausgleich treffen wird.
Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, warnt VW-Kunden vorsorglich vor einer Mogelpackung:
"Die Autofahrer müssen sehr genau darauf achten, ob ihnen jetzt nur irgendeine Software deaktiviert wird, oder – und das ist unsere Empfehlung und auch Forderung – ob die Fahrzeuge in den Zustand zurückversetzt werden, der ihnen versprochen wurde beim Kauf. Man sollte sich dann tatsächlich auch bestätigen lassen, dass dieses Fahrzeug die entsprechenden Abgasbestimmungen im realen Fahrbetrieb und nicht nur auf der Rolle einhält."
Das sei im Übrigen auch der Standard, der in den Vereinigten Staaten den Kunden jetzt zugeschrieben werde: Deren Fahrzeuge will VW so ertüchtigen, dass sie künftig die strengen kalifornischen Luftreinhalteregeln einhalten. Die Möglichkeit von Sammelklagen geprellter Verbraucher fordert die EU seit 2013 auch von Deutschland. Der Lobbydruck auf deutsche Standortpolitiker habe dies bislang verhindert, klagt Resch. Die DUH will schmutzige Diesel mit Klagen gegen bestimmte Typenzulassungen aus deutschen Innenstädten verbannen.