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Abgasmessung per Flugzeug

Im Norden der kanadischen Provinz Alberta liegen gewaltige Ölvorkommen im Untergrund, die drittgrößten der Welt. Es sind Teersande, die 27 Billionen Liter Öl versprechen - allerdings nur bei hohen Kosten für die Umwelt. Der Aufbereitungsprozess setzt große Mengen Schwefel, Schwermetalle, andere Schadstoffe und Salze frei. Trotzdem fehlen bislang unabhängige Daten zur Luftqualität in der Region. Zwei amerikanische Forschungsteams haben jetzt einen ersten Schritt in diese Richtung unternommen.

Von Monika Seynsche |
    Mitten durch die Wildnis Albertas donnern Kleinlaster und schwere LKW. Jenseits der Straße erstreckt sich ein Gewirr aus Fabrikschloten und Pipelines bis zum Horizont.

    "Da drüben können Sie die Schornsteine der Aufbereitungsanlage und des Upgraders sehen. Und wenn Sie einatmen, riechen Sie das Öl, das hier produziert wird."

    Vor Nathan Lemphers ausgestrecktem Arm breitet sich eine Szenerie aus, die an eine moderne Version von Mordor erinnert. Aus den Schornsteinen steigt dunkler Qualm, Gasflammen züngeln und brauner Staub bedeckt Autos, Fabrikgebäude und den Asphalt. Der Spezialist für Ölsande beim Pembina Institute, einer privaten Forschungsorganisation, die sich mit Energie- und Klimathemen befasst, kennt den Anblick von vielen Besuchen. Steven Howell dagegen hat sich nie für die Industrieanlagen in der Provinz Alberta interessiert. Der Atmosphärenchemiker der Universität von Hawaii und seine Kollegen waren mit zwei Forschungsflugzeugen der NASA eigentlich in den Norden Kanadas geflogen, um Waldbrände zu untersuchen. Auf dem Rückweg aber drängte einer seiner Kollegen zu einem Umweg:

    "Wir hatten einen Kanadier dabei, und er sagte 'wir sollten uns unbedingt die Ölsande anschauen!" Mir war das nicht geheuer, das war schließlich nicht unser Auftrag und ich wollte keinen internationalen Konflikt heraufbeschwören. Wir haben uns dann auf einen Kompromiss geeinigt, und mit beiden Flugzeugen einen ganz kurzen Abstecher über die Ölsandfelder gemacht."

    Eine halbe Stunde lang flogen die Forscher über die Ölsande und sammelten Daten über die aus den Schornsteinen, den offenen Gruben und den Rückstandsbecken entweichenden Gase und Aerosole.

    "Wir fanden so viele Aerosolpartikel, dass sie unsere Instrumente verstopften. Wir können also gar nicht sagen, wie viele es genau sind. Es waren Hunderttausende von Schwebeteilchen in jedem Kubikzentimeter Luft."

    Während sich Steven Howell auf die Aerosole beschränkte, untersuchte seine Kollegin Isobel Simpson von der University of California Irvine die entweichenden Gase:

    "Wir haben sehr hohe Schwefeldioxid-Konzentrationen gemessen. Das waren ähnlich hohe Werte, wie man sie über Megastädten wie Mexiko City erwarten würde. Außerdem fanden wir viele verschiedene flüchtige Kohlenwasserstoffe wie Alkane, Alkene oder auch Halogenkohlenwasserstoffe und etwas geringere Mengen aromatischer Verbindungen wie Toluol oder Benzol. Die Ölsandfirmen emittieren also sehr, sehr viele verschiedene Verbindungen in relativ hohen Konzentrationen."

    Die Konzentration der Luftschadstoffe rund um das Industriegebiet sei um das 300- bis 400-fache höher als über ähnlichen Regionen ohne Ölsandproduktion. Zwei Jahre nach jenem Halbstundenflug über die Ölsandfelder kam Isobel Simpson zurück und untersuchte die Gaszusammensetzung in Bodennähe. Hier war die Konzentration vieler Kohlenwasserstoffe sogar um das 2000-fache erhöht. Die Ölindustrie selbst überwacht ebenfalls die Luftqualität der Region, ohne zu alarmierenden Ergebnissen zu kommen. Sie nutzt allerdings auch andere Untersuchungsmethoden als Isobel Simpson. Vergleichen lassen sich die Daten also nicht.

    "Deswegen ist die entscheidende Frage: Wie können unabhängige Forschungsgruppen in das Monitoring der Ölsandfelder einbezogen werden, damit die Messungen transparent und glaubwürdig werden? Und dann müssten gesetzliche Regelungen folgen, um die Emissionen zu reduzieren."

    Es gibt in Alberta schon Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe. Ihre Einhaltung wird allerdings kaum überwacht.