EU-Justizkommissarin Vera Jourová war als Tiger losgesprungen und im Laufe des Dialogs mit VW leider als Bettvorleger gelandet. Nachdem der Automobilkonzern Volkswagen Verbrauchern in den USA Entschädigungssummen in einer Gesamthöhe von bis zu 10 Milliarden Dollar zugesagt hatte, krempelte Jourová die Ärmel hoch, um für Verbraucher in Europa einen ebenbürtigen Ausgleich zu verhandeln. Kunden in Europa sollten schließlich nicht schlechter gestellt werden als jene in den USA. Doch weil der EU-Kommission die Rechtsmittel fehlten, hieß es kleine Brötchen backen.
Man einigte sich immerhin auf folgenden Deal: Eine de-facto-Extragarantie von zwei Jahren auf jene Bauteile, die von der Reparatur der VW-Wagen betroffen seien, das teilte ein Sprecher der EU-Behörde mit. Garantie dürfe man das ganze aber nicht nennen. Mit diesem Begriff wäre ein rechtlicher Anspruch verbunden. Den wollte das Unternehmen vermeiden und spricht deswegen anstelle einer Garantie von einer vertrauensbildenden Maßnahme.
Kein Rechtsanspruch, keine Garantie
Verbraucherschützer Gregor Kolbe kritisierte diese Einigung heute im Deutschlandfunk: "Das hat natürlich für die Verbraucher Konsequenzen, denn diese vertrauensbildende Maßnahme stellt keinen Rechtsanspruch seitens der Kunden dar und er ist sehr eng umfasst."
Eng gefasst ist sie deswegen, weil neben dem fehlenden rechtlichen Anspruch auch noch folgende Einschränkungen gelten: Die Maßnahme gilt nur während der ersten zwei Jahre, nachdem das betroffene Auto für den Rückruf in der Werkstatt war. Und: Auf dem Tacho dürfen nicht mehr als 250.000 Kilometer stehen. Weitere Ausschlussgründe sind in einer langen Liste aufgezählt.
Die vertrauensbildende Maßnahme sei ein weiteres Signal in die richtige Richtung, erklärte der Konzern selbst hingegen der Tageszeitung "Die Welt". Es sei auch ein Signal, dafür dass mit dem nach dem Abgas-Skandal erfolgten Update der Fahrzeuge keine negativen Auswirkungen auf die Dauerhaltbarkeit der Autos verbunden sind.
Von einem positiven Ausgang sprach auch EU-Justizkommissarin Jourová. Immerhin habe man eine "Zusatzmaßnahme" für die betroffenen VW-Halter erreicht. Man sei nun näher an einem fairen Umgang mit den EU-Konsumenten als im vergangenen September, als die Kommission den Dialog mit VW startete, so Jourová in der Tageszeitung "Die Welt".
"Wir müssen weiterbohren"
Verbraucherschützer Kolbe reicht das nicht. Er drängt auf weitere Verhandlungen. "Wir müssen weiterbohren und da ist natürlich auch ganz klar weiterhin die EU-Kommission gefragt und zu allererst natürlich auch die Bundesregierung, die dort dafür kämpfen muss, dass die Verbraucher zu ihrem Recht kommen und nicht nur, ja, VW."
Mit dem aktuellen Deal könnten die Verhandlungen jedoch an ihrem Endpunkt angekommen sein. Eine finanzielle Entschädigung für EU-Verbraucher wie sie Konsumenten in den USA erhalten können, wäre damit vom Tisch. Auch Justizkommissarin Jourová räumt bei aller Zufriedenheit ein, dass sie sich eigentlich mehr erhofft hatte. Grundsätzlich sollte es für Verbraucher in der EU so nicht laufen, so Jourová in der "Welt".
Die EU-Kommission brauche bessere Werkzeuge, um gegen unfaire Behandlung und Verstöße härter vorzugehen und diese gegebenenfalls auch schärfer zu sanktionieren. Entsprechende Gesetzesvorschläge habe sie bereits vorgelegt.