Ein Software Update für rund 5,3 Millionen Dieselfahrzeuge und Prämien der Hersteller für den Neukauf eines abgasärmeren PKW, das ist kurz zusammengefasst das Ergebnis des sogenannten Diesel-Gipfel Mitte letzter Woche in Berlin. Und trotz dieser eher dürftigen Bilanz will Jörg Leichtfried, Österreichs Minister für Infrastruktur, die deutschen Automobil-Hersteller nun auch noch nach Wien zum nächsten Diesel-Gipfel bestellen. Fragen an den ARD-Korrespondenten Srdjan Govedarica:
Britta Fecke: Warum nun ein Diesel-Gipfel in Österreich, wo der in Deutschland doch relativ ergebnislos ausfiel?
Srdjan Govedarica: Das Verkehrsministerium hier in Wien sagt – man möchte "die offenen Fragen klären, die nach dem deutschen Dieselgipfel geblieben sind". In Berlin sind ja keine Verabredungen getroffen worden, die für Märkte außerhalb Deutschlands gelten. Der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried sagt:, die Verabredungen, das was für Deutschland gilt – Stichwort Software-Update und Umrüst-Prämien – sei das Mindeste, was auch in Österreich geschehen muss. Da erwartet er jetzt Vorschläge der Industrie und hat für Ende August eingeladen – VW, BMW und Daimler sollen teilnehmen. Die Einladungen seien schon verschickt, das genaue Datum wird aber noch nicht bekannt gegeben.
Fecke: Was fordert der Verkehrsminister von den deutschen Herstellern?
Govedarica: Die Beschlüsse des deutschen Dieselgipfels werden auch hier in Österreich als zu wenig kritisiert und auch hier diskutiert man, ob es nicht angesagt sei, die betroffenen Motoren mechanisch umzurüsten. Das hat die Autoindustrie ja als zu teuer abgelehnt. Deshalb baut der hiesige Verkehrsminister auch Druck auf und sagt, dass er "Vorschläge von der Autoindustrie erwartet". Dass jetzt Ende August mehr beschlossen wird als in Deutschland, gilt aber als unwahrscheinlich. In Österreich plant man aber nach der Parlamentswahl im Oktober ein größeres Projekt, sagt das Verkehrsministerium: "Abgasstrategie 2030" soll es heißen und dabei sollen Konzepte entwickelt werden mit der Industrie, aber auch Autofahrerverbänden und Umweltschützern. Das Ziel ist es, dass bis 2030 keine Autos mehr neu zugelassen werden, die Abgase verursachen. Wie das funktionieren soll, weiß man noch nicht. Es soll aber keine Verbote geben – heißt es aus dem Verkehrsministerium aus dem Umweltministerium – man will auf Anreize setzen, wie zum Beispiel Kaufprämien für Elektroautos oder Investitionen in die Infrastruktur, um die Zahl der Ladestationen für E-Autos zu erhöhen.
Fecke: Wie viele Fahrer sind in Österreich betroffen?
Govedarica: Österreich ist ein Dieselland. Im Verhältnis sind hier mehr Dieselfahrzeuge zugelassen als in Deutschland. Etwa 300 pro 1.000 Einwohner sind es in Österreich, in Deutschland sind es 180. Vom Abgas-Skandal direkt betroffen sind etwa 400.000 Autos. Etwa 4.500 Autofahrer lassen sich von Verbraucherschützern auch juristisch Vertreten. Und für die gab es in der vergangenen Woche eine gute Nachricht: Es ist bekannt worden, dass in Österreich wegen des Abgas-Skandals nicht mehr gegen Unbekannt, sondern konkret gegen VW und den Autozulieferer Bosch ermittelt wird – in Österreich ist es möglich, auch gegen Unternehmen zu ermitteln und nicht nur gegen Personen wie in Deutschland. Und dadurch – das ist hier auch juristisch so geregelt – können eventuelle Ansprüche der betroffenen Fahrer nicht mehr verjähren.
Fecke: Wie oft werden die Stickoxid-Emissionswerte in den Städten überschritten?
Govedarica: Österreich ist als Dieselland und gleichzeitig auch Transitland quasi doppelt betroffen. Einerseits durch die Luftverschmutzung der hier verkauften Autos und andererseits durch die vielen Autos und LKW, die durch das Land fahren. Die Luftverschmutzung mit Stickstoffdioxid ist vielerorts zu hoch, wie eine Analyse des österreichischen VCÖ, das ist der Verkehrsclub Österreich, zeigt. Mit Ausnahme vom Burgenland und Niederösterreich ist 2016 bei Messstellen in allen Bundesländern der Stickstoffdioxid-Grenzwert zum Teil massiv überschritten worden. Es gibt auch einen Hinweis auf die Ursache: Alle Messstellen mit zu hoher Belastung befinden sich nahe stark befahrener Straßen. Gegen Österreich ist 2016 auch ein Vertragsverletzungsverfahren in Brüssel angelaufen, weil die Schadstoffkonzentration in der in der Luft chronisch zu hoch ist.
Fecke: Welche Konzepte haben die Städte in Österreich um Luftreinhaltepläne zu erfüllen?
Govedarica: Auch hier setzt Österreich weniger auf Verbote und mehr auf Anreize. Beispiel Stadt Graz: Dort ist das Problem mit der Luftverschmutzung, sowohl mit Stickstoffdioxid als auch mit Feinstaub, besonders hoch, weil die Stadt in einem Kessel liegt und die Schadstoffe wie ein Deckel auf der Stadt liegenbleiben. Im Winter ist es besonders schlimm, wenn auch noch geheizt wird. Der Grenzwert ist im Januar zum Beispiel mehrere Male um 300 Prozent überschritten worden. Ein richtiges Rezept dagegen hat die Stadt aber nicht: Es hat vor fünf Jahren den Versuch gegeben, eine Umweltzone einzurichten mit Fahrverboten für ältere Autos, diese ist aber in einer Bürgerbefragung mit großer Mehrheit abgelehnt werden. Jetzt diskutiert man in Graz kostenlose Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an Tagen mit besonders hoher Belastung oder Prämien für Taxiunternehmen, die ihre Fahrzeugflotte modernisieren.